Aller Anfang ist Mord
Polizei, wie du heißt.“
„Na und? Was glaubst du, wie viele Luise Winklers es in Deutschland gibt? Die müssen erst alle überprüft werden. Das kann dauern.“
„Margot hat Recht!“, tönt es von hinten. Luise hat ihre Selbstsicherheit erstaunlich schnell zurückgewonnen. „Bis die uns auf die Schliche kommen, sind wir über alle Berge.“
Der Banküberfall hat mir mehr zugesetzt, als ich geglaubt habe. Ich bin zu müde um zu protestieren. „Haben wir denn eine andere Wahl?“
„Geht es dir nicht gut, Helene?“ Margot klingt besorgt. „Hast du Schmerzen?“
„Nein, nein. Mit mir ist alles in Ordnung. Pass auf, da vorne direkt hinter der Kurve kommt der Parkplatz.“ Margot geht vom Gas runter und setzt den Blinker.
*
Im letzten Moment sieht Kasupke, dass der Mercedes den Blinker gesetzt hat und auf einen Parkplatz abbiegt. Er steigt auf die Bremse. Was wird das denn? Die werden doch nicht jetzt schon ein Päuschen einlegen? Die haben vielleicht Nerven! Kasupke beschließt, sich die Dreier-Bande mal aus der Nähe anzuschauen, und fährt hinterher.
*
Der kleine Waldparkplatz ist zum Glück leer. Margot fährt an die Seite und hält direkt neben den Mülltonnen. Dann schlägt sie sich erst mal in die Büsche. „Die Aufregung, entschuldigt.“
Um das hellblaue Dixie-Klo mit der einladend offen stehenden Tür macht sie einen großen Bogen.
„Beeil dich bitte“, rufe ich ihr nach. „Wir haben wenig Zeit.“
Luise und ich stopfen unsere Anzugjacken in die Mülltonne. Ich öffne den Knopf meiner Hose, und schon rutscht sie bis zu den Knöcheln herunter. Inzwischen habe ich das Gefühl, ich verliere stündlich an Gewicht. Was natürlich Unsinn ist.
Luise hält sich an mir fest und schält sich mühsam aus ihrer Hose.
Klar, dass genau in diesem Augenblick ein Auto auf den Parkplatz fahren muss. Ich habe meine Jeans unter der Anzughose anbehalten. Aber Luise steht in Schlüpfer und Büstenhalter da.
*
Im Schritttempo fährt Kasupke an den beiden Gestalten vor der Mülltonne vorbei. Der dürre Glatzkopf stülpt sich hektisch eine Langhaar-Perücke auf den Kopf, der Dicke zerrt ein Kleid über den gewaltigen Vorbau. Das sind ja alles Weiber! Kasupke kriegt den Mund nicht mehr zu. Und steinalt sind die, quasi scheintot. Aber ‘ne Bank überfallen! Was es alles gibt! Kasupke schüttelt den Kopf und fährt rechts ran. Er stellt den Rückspiegel so, dass er die drei Omis genau im Blick hat.
*
„Meinst du, der hat etwas gesehen?“
„Und wenn? Was gibt es bei dir schon groß zu sehen. Außer Hängetitten und Krampfadern.“
Luise schießen die Tränen in die Augen. Ich weiß, ich bin gemein. Diese verfluchten Schmerzen setzen mir so zu, dass ich bösartig werde. Ich brauche dringend eine von meinen Pillen. Aber die sind irgendwo in meinem Koffer.
Margot stapft auf uns zu und schimpft wie ein Rohrspatz. Eine ganze Armee von Mücken ist über ihren blanken Hintern hergefallen. Ich werfe die Spielzeugpistole unseren Anzügen hinterher in die Tonne und treibe zur Eile an. Wir müssen zum Flughafen!
*
Kasupke trommelt mit den Fingern der rechten Hand auf das Lenkrad und denkt nach. Auch drei alte Frauen sind drei gegen einen. Außerdem haben die ihm etwas Entscheidendes voraus: Die haben eine Knarre. Kasupke ist ja nicht blöd. Er zündet sich eine Marlboro an und schiebt seine Schirmmütze tief ins Gesicht. In aller Ruhe wartet er ab, bis der Mercedes an ihm vorbei gefahren ist, und nimmt dann die Verfolgung wieder auf.
*
„Haben wir denn die fünfzigtausend bekommen?“
Ich klaube die Alditüte vom Boden vor meinem Sitz und hole die Geldbündel heraus.
„Leider nicht. Es sind nur dreißigtausend!“
„Immerhin“, sagt Luise. „Das reicht doch für ein Jahr Karibik, oder?“
Ein Jahr! Drei Monate hat mir der Arzt noch gegeben. Wenn ich Glück habe vier. Ich schiebe den Gedanken schnell wieder von mir und sage leichthin: „Aber locker!“
Margot wirft mir von der Seite einen prüfenden Blick zu, und der Wagen steuert nach rechts, geradewegs auf einen der mächtigen Alleebäume zu.
„Pass auf!“, will ich schreien, und sehe uns schon an dem Baumstamm zerschmettert unser Leben aushauchen, aber da hat Margot bereits wieder gegengelenkt. Die Bäume der Allee, die dicht an dicht rechts und links die Landstraße säumen, rauschen an uns vorbei. Ihre Zweige wachsen über der Fahrbahn zu einem dichten Blätterdach zusammen. Nur spärlich sickern ein paar Sonnenstrahlen durch. Ich lehne
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