Aller Heiligen Fluch
Labrador. Die sollen klug sein.»
«Auf jeden Fall klüger als du», sagt Clough.
Auch Nelson und Judy sind auf dem Rückweg ins Revier.
«Dieser verdammte Cathbad!» Nelson schäumt immer noch. «Was in diesem Scheiß-Bezirk auch passiert, immer hat er irgendwie die Finger drin. Langsam glaube ich, er hat auch so eine Fähigkeit zur Bi-schießmichtot, wie dieser Bischof Augustine, und kann an zwei Orten gleichzeitig sein. Wissen Sie noch, wie er damals mitten im Schneesturm aufgekreuzt ist? Bei Ruth zu Hause?»
«Ja», sagt Judy.
Nelson dreht sich zu ihr um, sodass der Wagen gefährlich schlingert. «Alles okay mit Ihnen, Johnson? Sie haben heute wohl ein Schweigegelübde abgelegt.»
Es kommt höchst selten vor, dass Nelson seine Untergebenen fragt, wie es ihnen geht. Judy weiß, dass er nur nett sein will. «Alles bestens», sagt sie. Um sich selbst und ihn auf andere Gedanken zu bringen, überfliegt sie die Namensliste, die Cathbad ihr gegeben hat.
«Lieber Himmel, Boss. Hören Sie sich mal an, mit was für Leuten Cathbad am Samstag angeblich mittagessen war! Akema Beaver, Derel Assinewai, Bob Woonunga. Gibt’s die wirklich?»
«Cathbads Freunde haben doch immer komische Namen. Wo wohnen die denn so?»
«Alle hier in der Gegend – ach du Schande!»
«Was denn?» Der Wagen schlingert wieder.
«Bob Woonunga. Der wohnt in der New Road 1 . Gleich neben Ruth.»
Zurück an der Universität geht Ruth in die Cafeteria, um sich mit einem Kaffee zu stärken. Dort läuft sie als Erstes Ted dem Iren in die Arme. Ted gehört zu den Feldarchäologen, und Ruth ist ihm schon häufig begegnet. Er ist so etwas wie ein Freund, auch wenn sie nicht das Gefühl hat, ihn sonderlich gut zu kennen. Einmal hat er ihr sogar gestanden, dass er eigentlich gar nicht Ted heißt.
Jetzt allerdings begrüßt er sie überschwänglich. «Ruth! Lange nicht gesehen! Setzt du dich zu mir?»
Obwohl es erst elf ist, mampft Ted ein großes Stück Pizza, ergänzt durch eine Dose Bier.
«Viel Zeit habe ich nicht. Ich habe um zwölf Vorlesung.»
«Wozu denn? Die meisten Studenten können doch eh kein Englisch mehr.»
Tatsächlich kommen Ruths Studenten inzwischen fast alle aus dem Ausland. Sie unterrichtet Doktorandenkurse, und die Universität kann die Zuschüsse gut gebrauchen. Das Englisch ihrer Studenten ist aber in aller Regel untadelig.
«Die können besser Englisch als ich», sagt sie. «Wie geht es dir, Ted?»
«Bestens. Kann nicht klagen.» Er grinst und lässt dabei zwei Goldzähne sehen. «Aber du hast jetzt mit dem verfluchten Sarg zu tun, wie ich höre?»
«Was? Ach so, Bischof Augustine. Habt ihr ihn gefunden?»
Die Feldarchäologen werden hauptsächlich auf Baustellen eingesetzt. Die Baufirmen sind verpflichtet, Archäologen hinzuzuziehen, wenn sie auf historischen Grundstücken bauen. Meist steht das Team aber unter dem massiven Druck, bloß nichts zu finden, was wertvoll genug wäre, die Bauarbeiten zu verzögern. Die wirtschaftlichen Belange wiegen gewöhnlich schwerer als das historische Forschungsinteresse.
«Ja», sagt Ted. «Da, wo der neue ASDA -Markt gebaut werden soll. Wir wussten, dass da mal eine Kirche stand, eine von den ganz frühen. Aber wir hatten natürlich nicht damit gerechnet, den Kameraden dort zu finden, hübsch verpackt in seinem Sarg. Ist uns ordentlich in die Glieder gefahren.»
«Wusstet ihr denn, wer es ist?»
«Na ja, steht ja groß und breit außen drauf.» In den Sargdeckel ist der Name «Augustine» und ein Bischofsstab eingraviert. «Und wir hatten auch von der Legende gehört.»
«Was denn für eine Legende?», fragt Ruth wider besseres Wissen.
«Der alte Augustine hat jeden verflucht, der seinen Sarg öffnet. Steht alles in den Aufzeichnungen im Archiv der Kathedrale. Wer immer seine Leiche schändet, der wird von einer riesigen Schlange geholt und gefressen.»
«Eine riesige Schlange?» In Ruths Kopf regt sich eine Erinnerung.
«Ja. Vermutlich Satan höchstpersönlich. Augustine war für seine erfolgreichen Teufelsaustreibungen bekannt. Die Statue in der Kathedrale zeigt ihn, wie er mit dem Fuß auf eine Schlange tritt. Vielleicht wollte der Teufel ja endlich Rache nehmen.»
Ted der Ire grinst und verschlingt den Rest seiner Pizza mit einem Happs.
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11
Die zweite Sargöffnungszeremonie vollzieht sich unter völlig anderen Bedingungen als die erste. Keine Häppchen, keine Großpackungen Wein, nur ein steriler Raum im Naturwissenschaftstrakt der
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