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Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Titel: Aller Heiligen Fluch
Autoren: Elly Griffiths
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gebleckten Zähnen und angelegten Ohren.
    «Clough!», ruft Judy. «Hör auf, verdammt noch mal! Du machst dem Pferd Angst.»
    «Ich mache ihm Angst?» Doch Clough hört trotzdem auf, um sich zu schlagen. Keuchend rückt er näher an Judy heran. Der Necromancer verdreht den Hals wie eine Schlange und schnappt nach ihm.
    «Großer Gott!»
    «Bleib ruhig.»
    Judy versucht, sich ihre alten Pferdeflüsterer-Fähigkeiten wieder zu vergegenwärtigen. «Ruhig, Pferd», sagt sie. «Ganz ruhig.» Der Necromancer stellt ein Ohr wieder auf, sieht aber immer noch verärgert drein. Die Führanlage bewegt sich weiter. Wütend schlägt das Pferd aus, und man hört Holz splittern.
    «Ganz ruhig», sagt Judy mit deutlich weniger Überzeugungskraft. Der Necromancer versucht, sich in dem schmalen Abteil umzudrehen, und gerät immer mehr in Zorn. Judy und Clough werden in die Spitze des Dreiecks gedrängt. Ein Huf schlägt aus und erwischt Clough am Bein. Mit einem Aufschrei fällt er zu Boden. Der Necromancer schlägt von neuem aus, und Judy schafft es gerade noch, Clough aus seiner Reichweite zu ziehen. Doch das Pferd dreht sich weiter, kommt immer näher. Im Dunkeln sehen sie nichts als seine Blesse und das Weiß der verdrehten Augen. Judy muss an die anderen Pferde denken, die sich vor Schmerzen gewunden haben. Steht der Necromancer womöglich auch unter Drogen? Er wirkt jedenfalls sehr viel bösartiger, als ein normales Pferd sein sollte. Jetzt dreht er ihnen fatalerweise das Hinterteil zu und sammelt seine Kräfte, um mit der muskulösen Hinterhand auszuschlagen. Judy und Clough kauern sich zusammen, versuchen, das Gesicht zu schützen. Mehr können sie nicht tun.
    Dann werden sie nach vorn geschleudert, als die Führanlage anhält. Auch der Necromancer stolpert und ist kurzfristig abgelenkt. Dann geht die Tür auf, und eine Stimme sagt mit sehr viel mehr Nachdruck, als Judy ihn aufbringen konnte: «Ruhig, Junge. Ganz ruhig.» Sofort stellt das Pferd die Ohren auf und lässt den Kopf sinken. In ihre Ecke gekauert, spürt Judy nur die plötzliche Weite und Stille, als das Tier weggeführt wird. Sie rappelt sich hoch. In der offenen Tür steht Randolph Smith und tätschelt dem Necromancer die Nüstern.
    «Alles in Ordnung?», fragt er.
    «Bestens», knurrt Clough, der böse humpelt. Sie wanken aus der Führanlage in die kalte Nacht hinaus, wo der Wind noch immer an den Bäumen zerrt. Randolphs schwarzes Haar und die Mähne des Necromancers wehen um die Wette.
    «Hat Harris Sie da eingesperrt?», fragt Randolph.
    «Harris und Caroline», sagt Judy. «Sie stecken unter einer Decke.»
    «Aber Caroline ist doch hier», sagt Randolph. Jetzt bemerkt auch Judy die Frau hinter ihm, eine hochgewachsene Frau mit langem dunklem Haar. Judy mustert sie, so weit die Dunkelheit das zulässt.
    «Aber wer war dann …?»
    «Tamsin», sagt Caroline. «Das war Tamsin. Wir sehen uns sehr ähnlich.»
    Ist das tatsächlich möglich? Judy hat geglaubt, Caroline zu erkennen, aber sie hat sie zuvor ja nur einmal gesehen. Und weil sie ohnehin mit ihr gerechnet hat, hat sie die dunkelhaarige Frau, die ihnen öffnete, auch gar nicht genauer betrachtet. Und Clough, das hat er selbst gesagt, hat sie noch nie gesehen.
    «Tamsin», wiederholt Judy.
    «Wir waren heute Abend im Pub verabredet», sagt Caroline. «Aber sie ist nicht gekommen.»
    «Harris und sie sind beide in die Drogensache verwickelt», meint Randolph. «Wir vermuten das schon seit längerem, stimmt’s, Caro?»
    «Wir hatten Vermutungen», sagt Caroline. «Aber wir waren uns nicht sicher …» Sie bricht ab.
    «Wo sind sie denn jetzt?», fragt Judy. «Sie sind beide bewaffnet. Wir müssen Verstärkung anfordern.»
    «Drüben im Haus sind sie nicht», sagt Randolph. «Von da kommen wir gerade.»
    «Können wir jetzt vielleicht aufhören zu plaudern und diese Verstärkung anfordern?», lässt Clough sich vernehmen. Seine Stimme klingt gepresst, er hat offensichtlich Schmerzen.
    «Kommen Sie mit zu mir», sagt Caroline. «Ich gebe Ihnen was für das Bein.»
    «Ich suche im Park», sagt Randolph, «weit können sie ja nicht sein. Sie werden bestimmt zurückkommen, um nach Ihnen zu sehen.» Und damit schwingt er sich ohne ein weiteres Wort auf das ein Meter siebzig große Pferd. Der Necromancer tänzelt wie ein Schlachtross, wirft den Kopf zurück und ruckt mit dem Hinterteil. Randolph lacht bloß. Das Pferd trägt kein Zaumzeug, nur ein Halfter. Noch vor ein paar Minuten war der Necromancer ein
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