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Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Titel: Aller Heiligen Fluch
Autoren: Elly Griffiths
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hören? Die Pferde vielleicht? Der Kater? Der Esel? Sie fragt sich, wo Randolph und Romilly stecken; nicht, dass sie ihnen jetzt eine große Hilfe wären. Der Matsch schmatzt unter ihren Schritten, als sie sich der Führanlage nähern. Was hat Harris mit ihnen vor? Wenn er sie töten wollte, hätte er das doch sicher längst getan. Oder hat er sich vielleicht etwas Abwechslungsreicheres ausgedacht?
    Mit einem Tritt öffnet Harris die Tür zur Führanlage, und Judy und Clough werden in eines der Abteile geschubst. Sie hören, wie die Tür abgeschlossen wird und die Schritte sich entfernen. Sie wechseln einen Blick. Man hat sie in ein dreieckiges Holzabteil gesperrt, das an der breitesten Stelle gerade zwei Leuten nebeneinander Platz bietet. Clough wirft sich gegen die Tür. Das Holz knarrt, hält aber stand.
    «Hast du dein Handy noch?», fragt Judy.
    «Nein. Hat der Mistkerl mir weggenommen.»
    «Was haben sie mit uns vor?»
    «Keine Ahnung», sagt Clough grimmig.
    «Ich kann gar nicht glauben, dass Caroline da mit drinhängt.»
    «Ich auch nicht. Trace hat mir immer erzählt, sie wäre so der abgehobene Typ, liebt Vögel und kleine Tiere, wie man’s halt so kennt. Bin gespannt, was sie sagt, wenn ich ihr das erzähle.»
    Sie schweigen und denken beide dasselbe. Wird Clough je Gelegenheit bekommen, seiner Freundin von Carolines Heimtücke zu erzählen? Komischerweise findet Judy es sehr viel schwieriger, sich vorzustellen, dass Clough ums Leben kommt, als sich ihren eigenen Tod auszumalen. Fühlt sie sich etwa so schuldig, dass sie in gewisser Hinsicht glaubt, den Tod verdient zu haben?
    Das Klappern von Hufen holt sie wieder in die Gegenwart zurück. Sie sieht zu Clough hinüber, der die Lippen zusammenpresst und die Fäuste ballt. Richtig eindrucksvoll sieht er aus. All die Jahre hat Judy sich über das Neandertaler-Verhalten ihres Kollegen mokiert; jetzt ist sie froh darüber. Die Hufe kommen näher. Dann wird die Tür aufgeschlossen, und Len Harris steht vor ihnen, die Waffe im Anschlag. Neben ihm steht Caroline und hält ein großes schwarzes Pferd am Halfter. Das Pferd reckt den Hals und stampft auf der Stelle, und Judy fühlt sich an Nelson erinnert.
    «Wir haben Ihnen den Necromancer gebracht, zur Gesellschaft», sagt Harris. «Furchtbar traurig. Zwei Polizisten, zwei bedauernswerte Polizeibeamte, von einem wildgewordenen Pferd zu Tode getrampelt. Und wild ist er, das kann ich Ihnen flüstern.»
    Judy glaubt ihm aufs Wort. So aus der Nähe wirkt der Necromancer riesig und höchst furchterregend. Er verdreht die Augen, stampft mit den schweren Hufen auf. In ein paar Sekunden werden sie hier mit ihm auf engstem Raum eingesperrt sein. Clough sieht verängstigt aus, seine ganzes Macho-Gehabe ist beim Teufel. Er drückt sich gegen die Abteilwand. Harris gibt dem Pferd mit einem Klaps auf die Flanke das Startsignal. Caroline lässt das Halfter los, und das gewaltige Tier ist nur noch wenige Zentimeter von Judy entfernt. Sie sieht seine roten Nüstern und die rollenden, gereizten Augen. Sie riecht seinen holzig-animalischen Geruch, den sie noch von ihrem einstigen Pony kennt und der – erstaunlich genug – selbst jetzt noch beruhigend auf sie wirkt.
    «Viel Spaß!», ruft Harris. Die Führanlage setzt sich in Bewegung. Judy verliert das Gleichgewicht und fällt. Das gewaltige Pferd steht dräuend über ihr.

[zur Inhaltsübersicht]
    29
    Plötzlich sind da Stufen, weiße Stufen, die von dem schwarzen Strand nach oben führen. Und er steigt hinauf, direkt hinter Cathbad, der mit wehendem lila Umhang vorangeht. Und selbst in diesem Traum oder was es auch ist, worin er da steckt, spürt er, dass diese Stufen ein gutes Zeichen sein müssen. Aufwärts ist immer gut. Ganz anders als der Tunnel. Beim Tunnel hat er mit jeder Faser seines Seins gespürt, dass das eine ganz schlechte Idee war. Aber Stufen – und dann auch noch weiße Stufen! – müssen doch ein Fortschritt sein. Da erfasst ihn, ohne jede Vorwarnung, eine riesige Welle. Er schwankt, verliert den Halt, und gleich darauf ertrinkt er in schwarzem Wasser, und es ist niemand da, der ihm helfen kann.
     
    Michelle fand die fieberhafte Aktivität ja bereits furchtbar, doch diese plötzliche Stille ist noch viel schlimmer. «Was ist denn los?», schreit sie, doch niemand antwortet ihr.
     
    Judy rappelt sich hoch. Clough neben ihr ist in heller Panik, hämmert wie wild gegen die hölzernen Wände der Führanlage. Der Necromancer dreht sich zu ihm um, mit
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