Allerlei Schnick-Schnack
Sitte
Und edler Weiblichkeit.
Sein frisch-treuherzig Wesen
Erlabte jung und alt,
Der Trübe ist genesen,
Der Schwache faßte Halt;
Selbst der, den Kummer beugte,
Ward freier als zuvor,
Ward froh – wenn »Er« sich zeigte:
Der göttliche Humor! –
Was heut Humor sie nennen,
Die Herrn der neusten Art –
Wer mag das Unding kennen?
Ein Weibsbild scheint's mit Bart.
Bald stapft's in Kinderhöschen,
Bald cancaniert's mit Fleiß,
Bald ringt's mit dem Französchen
In Zoten um den Preis.
Es zimpfert über's Zechen,
Spricht keuscher Liebe Hohn,
Den Faun erhebt's, den frechen,
Den nackten auf den Thron;
Schamhafte Heimlichkeiten
Macht's grinsend offenbar –
Und schmäht so, was vor Zeiten
Der Stolz der Deutschen war.
Der einstens die Gemüter
Erquickt als wie ein Quell:
O komm, o zeig dich wieder,
Humor, du Trautgesell!
Hilf uns von all den Sachen,
Dem fremden Flitterschund,
Und mach uns wieder lachen
So recht von Herzensgrund!
Spitzen.
Der Männergesangverein.
Ich bin der Männer g'sangverein:
Ich donnre laut – ich säusle fein.
Im Kontrastieren bin ich groß ,
Erstaune, Welt: gleich geht es los!
Der Sinn des Ganzen , des Gedichts ,
Bekümmert mich und schiert mich nichts.
Doch was im Einzelworte steckt,
Das wird von mir der Welt entdeckt!
Ich bin der Männer g'sangverein:
Die schwersten Texte krieg ich klein.
Kein einzig Silbchen bleibt verschont,
Je nach dem Sinn wird es betont:
Die »milde Nacht« – flöt ich so zart,
Daß keinen Ton das Ohr gewahrt . . .
Doch folgt darauf die » wilde Schlacht « –
Dann, Trommelfell, nimm dich in acht!
Ich bin der Männer g'sangverein:
Mein Forte geht durch Mark und Bein!
Dagegen haucht auch niemand so
Wie ich das Pianissimo . . .
Mein Wahlspruch lautet: Schwarz und Weiß.
Mit ihm erring ich Preis auf Preis.
Triumph, wenn jetzt – du gar nichts hörst . . .
Und jetzt – vor Schreck zusammenfährst!
Ich bin der Männer g'sangverein:
Ich donnre laut – ich säusle fein.
Im Kontrastieren bin ich groß,
Erstaune, Welt: gleich geht es los!
Der Musik-Philister.
Kennt ihr den Herrn Musik-Philister?
Er fehlt, wo ein Konzert ist, nie.
Beständig in Verzückung ist er,
Sich wiegend nach der Melodie.
Gern pflegt er diese mitzupfeifen,
Auch trommelt seine Hand den Takt,
Indes die Blicke seitwärts schweifen:
»Bemerkt ihr, wie die Kunst mich packt?!«
Wagt eins zu flüstern nur – so zischt er
Und sieht empört und wütend aus,
Und schließt ein Lieblingsstück, so mischt er
Ein lautes »Bravo!« dem Applaus.
Kommt eine allbekannte Stelle,
So nickt er unaussprechlich-froh.
Doch erst der Spaß, wenn die Kapelle
Ausführt ein Pianissimo –
Dann ist's Genuß, ihm zuzusehen:
Er hebt die Hand, er reckt das Ohr,
Und seine beiden Augen stehen
Gleich eines Frosches Augen vor!
Wenn andre keinen Laut mehr hören,
Lauscht er verklärt und andachtsvoll,
Als kläng das All von Engelschören,
Und – applaudiert dann rein wie toll! –
Nie hat man vor dem letzten Tone
Verlassen sehen ihn den Saal . . .
Und mit dem Schlage, zweifelsohne,
Erscheint er wieder – nächstes Mal.
Die Absonderlichen.
's gibt Menschen von absonderlichem Wesen,
Die sich die »Form« zur Lebensnorm erlesen,
Die ängstlich jede freie Wallung scheun,
Nichts Höhres kennen als »korrekt« zu sein
Und höchster Geistes- und Gemütsentfaltung
Weit eines vorziehe: »Tadellose Haltung.«
Die Haltung – was auch immer sie erfahren,
In jeder Lebenslage – zu bewahren ,
Vor allem auch im Angesicht der Leute –
Das ist ihr Stolz, ihr Glück und ihre Freude.
Die einzge Freude! Denn ihr Blut ist kühl,
Vom ewgen Zwang verkrüppelt ihr Gefühl,
Kein Dichterwort kann dauernd sie erregen,
Kein Kunstwerk sie im Innersten bewegen,
Nie hat der Schönheit Wonne sie durchglüht,
Nie Leidenschaft erschüttert ihr Gemüt,
Ihr Herz kennt keinerlei Begeistrungsschauer;
Es ist in jedem Zustand: Freud und Trauer,
Groll, Freundschaft, Liebe, Ärger, Lust und Leid
Ein Zehntel Herz, neun Zehntel Schicklichkeit. –
So diese Menschenart. – Nun meint ihr wohl,
Ein Wesen, so erkünstelt, leer und hohl,
Nur auf den Schein bedacht – es müßte allen
Absurd bedünken, jedermann mißfallen?
O, ganz im Gegenteil: es imponiert!
Man schätzt es hoch und nennt es – » distinguiert .«
Der werte Ich.
Ließst du beim Photographen schon
Dein Bild anfertgen je, mein Sohn,
Und zwar, damit er nichts verpfusche,
Ganz ohne jegliche Retouche? –
Dann weißt du
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