Alles auf Anfang! (German Edition)
ließ, verließ sie das
Sportgeschäft zusätzlich zu den Schuhen mit Teleskop-Wanderstöcken, einem
ultraleichten Rucksack mit Trinkflasche und einer Baseball-Mütze, farblich
passend.
Die bevorstehende Aussicht auf ein Glas
Prosecco mit ihrem Chef beschwingte sie. Das Geld saß locker und sie wollte
keine Zeit vergeuden. Schnell verließ sie das Geschäft. Auf der Straße kamen
ihr dann aber doch Zweifel. Unschlüssig betrachtete sie die Auslagen im
Schaufenster, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Sollte sie zu Dallmayr gehen oder
nicht? Sie bereitete sich seelisch auf das Gespräch vor. Ein bisschen
Small-talk würde ihr doch sicher gelingen. Fest entschlossen beschleunigte Lisa
ihre Schritte über den Marienplatz. Ihr Herz schlug bis zum Hals, als sie durch
die Glastür bei Dallmayr ging und von einem berauschenden Angebot von
Köstlichkeiten aus aller Welt empfangen wurde. Rechts ging eine Treppe rauf. Um
der Peinlichkeit des Suchens zu entgehen, bog sie schnell zum Treppenaufgang
ab. Auf dem Absatz machte ein Schild den Gast darauf aufmerksam, dass die obere
Etage dem Verzehr von Speisen vorbehalten sei. Nein, von Essen war nicht die
Rede gewesen! Also zurück zur Basis. Am besten setzte sie eine
"Ich-kenn-mich-hier-bestens-aus-Miene" auf. Forschen Schrittes mit
einem "Ich-gehe-hier-regelmäßig-einkaufen-Blick" bewaffnet, zog sie
durch die untere Etage.
Gleich auf der rechten Seite war ein
kleines Bistro, mit einer kleinen Bar und hohen Hockern an Stehtischen. Kein
Ben von Lichtenfels zu sehen! Mutig ging sie weiter und verfolgte mit
angehaltenem Atem die herrlich angerichteten Speisen. Mediterrane Speisen auf
Eis dekoriert, Salat und lebendige Fische im Aquarium. Obst so herrlich
angerichtet, dass man der Versuchung kaum widerstehen konnte, zu kosten. Hier
wurden wahrlich Begehrlichkeiten geweckt. Ein Stück weiter roch es köstlich
nach frisch gemahlenem Kaffee a la Fernsehwerbung, in der freundlich lächelnde
Damen in gestärkten, weißen Schürzen, attraktive Männer nach ihren Wünschen
befragten. Ob Ben von Lichtenfels sich hier seinen Kaffee abholte, nachdem er
der kurzhaarigen Brünetten ein freundliches "Wie immer" entgegen
gesäuselt hatte? Lisa konnte sich das gut vorstellen. Sie ließ ihren Blick ein
weiteres Mal schweifen, konnte ihren Chef aber nirgends entdecken. Dem zur F olge
hatte er es nicht so ernst gemeint.
Ein leichter Anflug von Enttäuschung
überkam Lisa. Gleichzeitig ärgerte sie sich, dass sie sich so leicht einfangen
ließ. Was hatte er zu ihr gesagt?
„Vielleicht gehen wir einen Prosecco trinken
bei Dallmayr?“ Ja vielleicht! Vielleicht aber auch nicht! „Ich bin wirklich zu
dämlich!“
Mit einer schwungvollen Handbewegung
vertrieb sie ihren Ärger. Von dieser kleinen Niederlage würde sie sich nicht
ihre gute Laune vermiesen lassen. Zum Trost für den nicht getrunkenen Prosecco
nahm sie eine Flache Dallmayr-Sekt mit. Vielleicht hatte Lydia abends Lust ein
Gläschen mit ihr zu trinken. Eigentlich müsste sie den leicht überhöhten Preis
dieses edlen Tropfens ihrem Chef in Rechnung stellen. So als kleine
Wiedergutmachung. Das würde sie ihm bei passender Gelegenheit schon noch unter
die Nase reiben.
Ziemlich müde vom vielen Stadt-Laufen
erreichte Lisa ihre gemütliche Dachgeschosswohnung, als das Telefon gerade
aufhörte zu klingeln. Sie hatte das Läuten schon im Treppenhaus gehört und
eilte nach oben. Warum eigentlich? Hoffte sie etwa, es wäre Ben von
Lichtenfels, der sich dafür entschuldigen wollte, sie versetzt zu haben? Na
gut, für ein Abendessen, bei einem schicken Szene-Italiener würde sie ihm vielleicht
verzeihen …
Gedankenverlorenließ sie alle Einkaufstüten vom Arm rutschen, um besser in ihrer
Umhängetasche kramen zu können. Mit flinken Bewegungen hielt sie alsbald das
kühle Metall in Händen und schloss auf. Zu spät. Den Anruf konnte sie leider
nicht mehr entgegennehmen. Fünf Ansagemeldungen blinkten auf dem
Anrufbeantworter. Etwas Herzklopfen war schon dabei, als sie ihr Band abhörte.
Alle fünf Anrufe nur ein Klicken. Sie war enttäuscht, weil sie sich jetzt
wieder unnötig damit beschäftigte, wer diese unbekannte Anrufer gewesen waren.
Zeitverschwendung. Lisa leerte ihre Einkäufe aus.
"Igitt, was ist das denn?"
Der neue ultraleichte Bergrucksack klebte
ganz fürchterlich. Es stank erbärmlich aus der Plastiktüte. Die halbe Flasche
Sekt hatte sich darin entleert. Offensichtlich flutschte der Korken aus dem
Flaschenhals, als sie ihre
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