Alles auf Anfang! (German Edition)
Bäume bogen sich im Sturm. Es braute sich etwas zusammen.
Die Zeit verging.
Maria kehrte aus dem Tessin zurück und der
Alltag glättete allmählich die Wogen.
Ben von Lichtenfels wollte Lisa im
Krankenhaus besuchen, hatte dort aber erfahren, dass sie bereits auf eigenen
Wunsch entlassen worden war. Diesmal war er froh, als sie ihm persönlich die
Tür öffnete.
Sie umarmten sich wie alte Freunde, die
fühlten, was der andere durchgemacht hatte.
„Ich möchte dich näher kennenlernen, Lisa
Seiler!“
„Da du Frauen magst, die nicht beim ersten
Mal ja sagen, überlege ich es mir!“
Sie lachte über das ganze Gesicht.
"Damit du weißt, dass es mir ernst
ist, möchte ich dich zu mir nach Hause einladen."
Lisa konnte noch nicht wissen, welches
Privileg ihr dadurch zu Teil wurde.
Ein Jahr verging im Reigen der
Jahreszeiten.
Der Herbst mit seinen goldenen Farben
spendete mit den letzten warmen Sonnenstrahlen Zuversicht und Hoffnung. Sie
segelten gemeinsam auf dem See und erkundeten die Bergwelt. Manchmal war es
eine Gratwanderung.
Der Winter brachte klirrende Kälte, Eis und
Schnee.
Sie gingen gemeinsam Skifahren, saßen vorm
Kamin und redeten nächtelang.
Als die ersten Osterglocken aus der Erde
spitzten und die Tage langsam wieder länger wurden, radelten sie um den See und
machten Picknick.
Sie vertrauten sich und rannten lachend
durch die Wiesen.
Der Sommer wurde heiß und trocken.
Sie schwammen gemeinsam um die Wette und
machten Zukunftspläne.
In einer lauen Sommernacht schauten sie auf
die Lichter des Sees. Sie saßen auf seinem Segelboot und genossen bei einer
guten Flasche Rotwein die Wärme auf der Haut und die Wärme ihrer Herzen. Das
Klackern des Segelmastes klang wie Musik. Sie waren sich so nah wie zwei
verwandte Seelen.
Sie hatten sich gemeinsam Nähe und
Vertrauen erarbeitet. Lisa nahm Bens Hand und drückte sie ganz fest.
„Ich liebe dich!“
„Ich liebe dich auch!“
Er griff in ihre linke, hintere Hosentasche
ihrer ausgefransten, verwaschenen Jeans, um sie näher an sich heranzuziehen.
„Was ist das denn? Vielleicht ein
Liebesbrief?“
Er faltete den Bogen Papier auseinander.
Mitgewaschen und das Jahr im Kleiderschrank
verbracht, konnte man nicht mehr viel erkennen. Das Wort Kündigung war
allerdings deutlich zu entziffern, so wie der Faksimile-Stempel.
Eine Gänsehaut lief Lisa über den ganzen
Körper.
„Ob das ein schlechtes Ohmen ist?“
„Quatsch, gib her!“
Er zerriss das Blatt in tausend Schnipsel
und ließ sie vom Wind ins Wasser wehen.
„Du sagst einfach so Quatsch. Ich glaube an
so was!“
„Ich beweise dir das Gegenteil!“
Er kniete vor ihr nieder.
„Willst du lebenslänglich, statt
Kündigung?“
„Du magst keine Frau, die beim ersten Mal
ja sagt!“
„Du kleine Hexe!“
Er schnappte sie, warf sie in voller Montur
ins Wasser und sprang selber mit einem Kopfsprung hinterher.
Sie küssten sich eng umschlungen.
„Aber du erinnerst dich bestimmt: Du musst
mich auch weiterhin mit einer anderen Frau teilen!“
„Ich weiß, aber ich mag Maria fast schon
genauso wie meine eigene Mutter!“
„Ja, sie ist toll!“
Lisa war die einzige Frau in Bens Leben,
die Maria kennenlernen durfte.
Er hatte von Anfang an ein gutes Gefühl
dabei. Er behielt Recht. Die beiden Frauen verstanden sich seit ihrer ersten
Begegnung und wurden schnell ein Herz und eine Seele. Manchmal verbündeten sie
sich gemeinsam gegen ihn.
Den Tod seiner Eltern hatte seine
Großmutter nicht verkraftet. Sie hatte sich zwei Jahre danach mit
Schlaftabletten das Leben genommen.
Damit sein Großvater das Sorgerecht für
seinen Enkel Ben behalten durfte, musste er in geordneten Verhältnissen leben.
So heiratete er seine fünfunddreißig Jahre jüngere Sekretärin Maria.
Mit einer sechszehn Jahre älteren
Stiefmutter konnte Ben gut leben. Sie war bis heute wie eine ältere Schwester
für ihn gewesen und er liebte sie abgöttisch.
„Komm, Ben. Wir müssen noch ein paar Sachen
packen und morgen geht es früh los.“
„Du hast recht, lass uns gehen! Wir haben
noch so viele gemeinsame Tage und Nächte vor uns. Ein ganzes Leben, wenn du
willst!“
„Ja, ich will!“
Ein plötzlich aufkommender Föhnwind ließ
heftige Wellen ans Boot prallen. Sie wurden auseinander gewirbelt.
Lisa nahm Bens Hand und drückte sie ganz
fest. Hand in Hand verließen sie das Boot und gingen zu Fuß zurück zum Haus. In
der Küche fütterten sie sich
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