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Alles auf Anfang

Alles auf Anfang

Titel: Alles auf Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benioff David
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der Jeffersons an. Es war kurz nach ein Uhr morgens. Alle Lichter in der Wohnung waren aus. Tabachnik hielt nicht gerade Mollys Hand, doch ihre Schultern und Hüften
berührten sich. Inzwischen konnte sie sich natürlich eine eigene Wohnung leisten, aber er vergaß immer wieder, sie daran zu erinnern.
    George Jefferson bekam gerade einen seiner Wutanfälle - die Augen angesichts der Ungerechtigkeit der Welt weit aufgerissen - und wurde von einem lauten Trommelwirbel unterbrochen. Tabachnik runzelte die Stirn. Der Trommelwirbel gehörte nicht in die Serie. Der Trommelwirbel kam nicht aus dem Fernseher. Er sah Molly an, und Molly schloss die Augen und lächelte.
    Beide lauschten. SadJoe spielte unten auf dem Bürgersteig. Und zwar laut. Er drosch auf die Schlagfelle ein, und der Schall hallte in der stillen Straße wider. Bad-a-bom-bom-BUM-bad-a-bom-bom-BUM-bad-a-bom-bom-BUM-BUM-BUM-ba-da-bom-bom-BUM. Das war keine Musik, das war rhythmische Gewalttätigkeit.
    Tabachnik fragte sich, ob der Typ gut war. Es war schwer zu sagen. Wer hörte sich schon Punkrock-Trommelsoli an? Er ertappte sich dabei, dass er nervös mit den Handflächen auf die Bettdecke klopfte, und er starrte seine Hände an, als wären sie Verräter.
    »So ein Spinner«, sagte Molly lachend. »So ein Spinner.«
    SadJoe spielte so laut, dass die Fensterscheiben klirrten. Er spielte so laut, dass er George Jefferson übertönte. Er spielte so laut, dass alle Hunde in der Straße zu heulen begannen, zum Heulen gebracht wurden durch die letzten Reste von Wolfsblut, die noch in ihren pummeligen domestizierten Körpern vorhanden waren.
    Tabachnik zündete sich eine neue Zigarette an. »Das soll wohl ein Ständchen sein.«

    Molly legte sich ein Kissen aufs Gesicht, und Tabachnik fragte sich, warum. Ob sie darunter lachte? Oder weinte? Die ersten Leute fingen an, SadJoe lauthals zu beschimpfen. Aufhören!, brüllten sie. He! Arschloch! Aufhören! He!
    Tabachnik verließ das Bett und zog die Vorhänge auf. Er machte die Glasschiebetür auf und trat auf den schmalen Balkon, der auf den Bürgersteig hinausging. Überall in der Straße standen Leute auf ihren Balkons oder lehnten sich aus den Fenstern, um nichts zu verpassen. SadJoe saß mitten auf dem Bürgersteig hinter seinem Schlagzeug, ohne sich um die Proteste zu kümmern, und bearbeitete seine Trommeln und Tomtoms. Der kahle Schädel zu beiden Seiten seines Irokesen glänzte im Licht der Straßenlampen. Er trug kein Hemd, und die Muskeln an seinen Schultern und Unterarmen spannten und entspannten sich unter der blassen Haut.
    Tabachnik zog an seiner Zigarette und stützte die Ellbogen auf die Betonbrüstung. Der Galaxie 500 parkte vor einem Hydranten. Auf dem Dach lag SadJoes Militärjacke. Zwei knapp einen Meter hohe gelbeM - das Wahrzeichen von McDonald’s - lehnten an der hinteren Stoßstange des schwarzen Wagens.
    SadJoe blickte hoch und sah Tabachnik auf dem Balkon stehen. Er sprang vom Hocker auf und deutete mit einem Stick auf seinen Feind. »DU SCHEISSKERL! TABACHNIK, DU SCHEISSKERL!«
    Tabachnik klopfte die Asche ab und seufzte. In dieser Situation war SadJoe der Gute. In Anbetracht der zurückliegenden Ereignisse konnte man eigentlich zu keinem anderen Schluss kommen.
    »WO IST MOLLY? MOLLY! MOLLY!«

    Tabachnik drehte sich um und sah ins Schlafzimmer. »Er ruft nach dir.«
    Molly nahm das Kissen vom Gesicht und setzte sich im Bett auf. »Herrgott, Joe. Was tust du mir da an?«
    Tabachnik blickte geraume Zeit auf das brennende Ende seiner Zigarette, bevor er wieder zu SadJoe hinunter sah. »Sie will, dass du verschwindest.«
    »SCHEISS AUF DICH, TABACHNIK!«
    Direkt unter Tabachnik flog die Eingangstür des Appartementhauses auf, und ein kräftiger Mann in einem weißen T-Shirt, karierten Boxershorts und schwarzen Basketballschuhen stürmte auf SadJoe und seine Trommeln zu. SadJoe sah ihn auf sich zukommen und sagte: »Halt dich da raus, Kumpel.«
    Tabachnik merkte, dass der Mann einer der Nachbarn von unten war. Ein Stuntman - nein, nicht direkt ein Stuntman, ein Stunt-Koordinator. Irgendetwas mit Stunts. Der Mann hatte es ihm einmal erklärt. Tabachnik begegnete ihm und seiner Freundin gelegentlich an den Briefkästen, und man wechselte dann einige unverbindliche Worte, und einmal sprach der Mann über seinen Beruf, wie er es bewerkstelligte, dass Autos über eingestürzte Brücken flogen oder steile Abhänge hinunterrollten. Er war immer sehr freundlich gewesen, aber offenbar hasste er es, von

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