Alles auf eine Karte
empfehlen, Chad?«
»Wie wär’s mit einem Rookie?«
»Und was ist da drin?« Ich gab mir Mühe, kokett zu klingen. Nur, wie klingt man kokett?
»Wodka, Orangensaft, Ananassaft und Red Bull. Ist zurzeit ziemlich angesagt.«
Ich hob die Augenbrauen. »Red Bull? Koffein also?«
Er nickte. »Genau.«
»Klingt gut. Den nehme ich.«
»Kommt sofort, Madame«, flötete er und lächelte wieder.
Ich blinzelte.
Madame? Warum brüllte er nicht gleich »Echt schick, Ihre grauen Natursträhnchen, Omi«?
Während sich Chad daranmachte, unsere Cocktails zu mixen, beugte ich mich erneut zu Penelope hinunter.
»Der hat mich gerade Madame genannt. Den nächsten Cocktail holen wir uns an einer anderen Bar, klar?«
Sie tätschelte meinen Arm. »Nimm’s nicht so tragisch, Schätzchen. Das kann doch jeder mal passieren.«
Wir nahmen unsere Cocktails entgegen, bedankten uns bei Chad und drehten uns um. Inzwischen war es kurz vor neun, und vor der Tür hatte sich eine beträchtliche Menschenmenge versammelt.
»Sieh dir mal die lange Schlange an«, sagte ich. »Hier wird es in null Komma nix proppenvoll sein.«
In diesem Moment klingelte mal wieder mein Telefon. Ich stöhnte, als ich die Nummer auf der Anzeige erblickte. Mein Dad. Schon wieder. Ich legte Penelope eine Hand auf den Arm. »Ich geh mal kurz raus zum Telefonieren, ja? Bis gleich.« Dann klappte ich mein Handy auf und schlug den Weg zu den Toiletten ein. »Hi, Dad.«
»Hi, Kleines. Geht es dir gut? Ich habe schon ein paarmal bei dir angerufen.«
Ich hasse es, wenn er mich Kleines nennt. Ich drückte die Tür auf und ließ mich auf ein weinrotes Plüschsofa plumpsen. »Ja, es geht mir gut, Dad. Ich bin diese Woche beruflich in Atlanta und habe viel zu tun.«
»Atlanta? Was machst du denn in Atlanta?«
»Ich bin auf einer Messe.«
»Die Super Show?«
»Ja, Dad.«
»Klingt toll. Sind auch ein paar von den ganz Großen da?«
»Mhm.«
Da er nichts weiter sagte, wusste ich bereits, was er wollte.
»Was gibt es denn, Dad?«
Seine Stimme klang plötzlich frostig. »Muss ich immer einen Grund haben, um mein einziges Kind anzurufen?«
Ich holte tief Luft. »Nein, Dad, es ist nur so, dass ich gerade … ziemlich beschäftigt bin. Wie geht es dir?«
»Gut, gut … Allerdings habe ich die Stelle in der Fabrik, für die ich mich beworben hatte, dann doch nicht bekommen … aber es war nicht meine Schuld.«
Natürlich nicht. »Das tut mir leid«, sagte ich.
»Ich hatte gar keine Chance. Diese Mistkerle im Management hatten mich von Anfang an auf dem Kieker.«
»Mhm.«
»Aber ich habe schon etwas Neues in Aussicht.«
»Ah, ja?«
»Ja. Wie es aussieht, werde ich wohl ins Zeitschriftengeschäft einsteigen.«
»Zeitschriftengeschäft?«
»Es ist eine Riesenchance«, sagte er. »Ich werde direkt im Callcenter ausgebildet.«
»Im Callcenter? Das heißt, du musst am Telefon irgendwelche Abonnements verticken?«
»Heutzutage nennt man das Telemarketing, Waverly. Wer weiß, vielleicht werden wir ja irgendwann Kollegen bei K.A. Marketing.«
»Hm ja, vielleicht.«
»Hör mal, Kleines … Dieser Marketingkurs ist natürlich nicht kostenlos, wenn du mir also eine Kleinigkeit zukommen lassen möchtest, damit meine Ausgaben gedeckt sind, bis ich meinen ersten Gehaltsscheck bekomme … Nicht, dass ich auf deine Hilfe angewiesen bin, aber … Nun, ich wäre dir selbstverständlich dankbar.«
Ich ballte die freie Hand zur Faust. »Du musst die Schulung bezahlen? Das klingt aber ziemlich zwielichtig, Dad.«
»Hey, es ist eine tolle Chance für jemanden wie mich, Waverly. Es hat nämlich nicht jeder das Glück, aufs College gehen zu dürfen.«
Ich seufzte. Immer wieder die College-Leier. »Ich weiß nicht recht, Dad. Du hast mich erst vor ein paar Monaten angepumpt, und da hast du hoch und heilig versprochen, es sei das letzte Mal.«
»Tja, ich hatte eben eine kleine Pechsträhne seither. Ich konnte nichts dafür. Das solltest du am allerbesten wissen, Waverly.«
Ich erhob mich und legte mir eine Hand auf die Stirn. »Also gut, ich schicke dir Geld, sobald ich wieder zu Hause bin.«
»Danke, Kleines, ich weiß es zu schätzen.« Er klang gleich wieder bedeutend freundlicher. »Und, irgendwelche Neuigkeiten an der romantischen Front?«
»Nein, im Moment nicht.«
»Hast du noch hin und wieder Kontakt mit diesem Aaron?«
»Äh, nein.«
»Du hättest ihn nicht einfach ziehen lassen dürfen, Waverly. Du solltest nicht so wählerisch sein; Jungs wie er wachsen nämlich
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