Alles auf eine Karte
Penelope?
Ich konnte noch immer den Griff von Chucks feuchter Pranke auf meinem Arm spüren und schüttelte mich angeekelt. Ob einer der diversen Flakons in der Damentoilette wohl ein Desinfektionsmittel enthielt? Das war ja echt typisch, dass mich von all den Männern, die sich hier tummelten, ausgerechnet dieser Chuck mit den Schlangenleder-Cowboystiefeln anbaggern musste. Hatte mein Dad etwa Recht? Hatte ich nur bei solchen Typen eine Chance?
Ich überlegte gerade, ob es vielleicht an dem roten Lippenstift liegen könnte, da tippte mir jemand auf die Schulter.
»Waverly, sind Sie das?«
Ich fuhr herum und sah mich dem dritten Knopf eines perfekt gebügelten weißen Hemds gegenüber. Ich hob den Kopf und erblickte etwa einen halben Meter über mir das freundliche Lächeln von Shane Kennedy.
Ich lächelte zurück. »Hallo, Shane! Wie schön, Sie zu sehen! Ich dachte schon, ich würde auf dieser Party gar kein bekanntes Gesicht mehr entdecken.« Hoffentlich brüllte ich ihm nicht ins Ohr. Nach ein paar Drinks werde ich manchmal unnötig laut.
»Tja, dann geht es Ihnen wie uns beiden.« Er deutete mit dem Kopf auf seinen Begleiter.
Nein!
Es war der gut aussehende Kerl, der mir am ersten Tag der Super Show begegnet war, gleich nach dem Milky-Way-Missgeschick.
»Waverly, das ist Jake McIntyre«, sagte Shane. »Er war mein Mitbewohner am College und arbeitet jetzt hier in Atlanta als Physiotherapeut und Trainer für die Hawks.« Er sah zu Jake. »Waverly hat die Messe-Interviews für JAG organisiert.«
»Hi … Ähm … Freut mich, Sie kennenzulernen, Jake.« Ich streckte dem schmucken Knaben die Hand hin. Hoffentlich war sie nicht zu schwitzig!
»Die Freude ist ganz meinerseits.« Jake schüttelte mir lächelnd die Hand, und ich spürte, wie ich rot wurde. Hatte er mich wiedererkannt? Ich war gar nicht sicher, ob ich es überhaupt wissen wollte.
»Sie haben sich also am College ein Zimmer geteilt, ja?« Ich spielte mit meinem Ohrring und überlegte, ob ich ein Pfefferminzbonbon dabeihatte.
»Das gesamte Studium über.« Shane nickte. »Das waren die längsten vier Jahre meines Lebens. Sagen Sie, sind Kent und Dave eigentlich auch da?«
Ich zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Ich irre seit einer Stunde mutterseelenallein hier herum und frage mich, wo sie stecken. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass man sich wie ein totaler Loser vorkommt, wenn man allein auf einer Party herumsteht?« Und sich aus lauter Verzweiflung allein die Kante gibt?
Jake lachte. »Shane ist nie lange allein. Dafür ist er zu berühmt.«
Ich hob den Kopf. »Zu viele Bewunderer, Mister Kennedy?«
»Allerdings«, sagte Jake. »Er wird ständig von Reportern, Fans und Groupies belagert. Wenn ich diesen Clown mal im Madden Football auf der Spielkonsole schlagen will, muss ich schon Wochen vorher einen Termin buchen.«
Shane schnaubte. »Als hättest du je eine Chance gegen mich.«
»Groupies?«, sagte ich, zu Shane gewandt. »Was sagt denn Ihre Frau dazu, wenn Sie auf Schritt und Tritt von weiblichen Fans verfolgt werden?«
Er lachte. »Ich sage nur so viel: Mit Kristina sollte man sich lieber nicht anlegen.«
»Ist Ihre Frau denn heute auch da?«, erkundigte ich mich.
Shane schüttelte den Kopf. »Nein, sie hatte noch im Krankenhaus zu tun.«
»Oh, nein, wie schade. Ich hatte mich schon so darauf gefreut, sie kennenzulernen.«
Shane legte seinem Kumpel den Arm um die Schultern. »Nun, mein Freund Jake kann zwar nicht ganz mit meiner Frau mithalten, aber eigentlich ist er doch auch nicht übel, oder?«
Ich errötete erneut, diesmal offenbar noch heftiger, denn Shane lachte, und Jake verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. »Du bist ein Esel, Shane.« Dann sah er mich an und lächelte. »Ignorieren Sie ihn einfach, Waverly.«
Ich starrte ihn an, unfähig, auch nur ein Wort herauszubringen. Ich kam mir vor wie ein Reh, das mitten auf der Landstraße plötzlich dem Scheinwerferlicht eines Autos gegenübersteht, und am Steuer sitzt ein extrem attraktiver Rehbock – oder wäre das dann ein Hirsch? Wie auch immer, Jake war heiß, und ich benahm mich gerade alles andere als cool.
Jake und Shane warteten auf eine Reaktion, doch mir wollte partout keine witzige Bemerkung einfallen.
Mir fiel rein gar nichts ein.
Nada.
Niente.
»Ähm, ist schon okay«, murmelte ich schließlich. Für diese erbärmliche Vorstellung würden mich McKenna und Andie kreuzigen.
Mir geisterte eine Idee für eine Süße-Grüße-Karte durch den
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