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Alles auf eine Karte

Titel: Alles auf eine Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Murnane
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Minute abgeblasen hat, nicht ich, und … ich habe gestern erfahren, dass er demnächst eine andere heiraten wird.« Sobald ich es ausgesprochen hatte, bereute ich es auch schon. »Oh, Gott, entschuldigen Sie. Ich weiß nicht, warum ich Ihnen das erzählt habe.«
    »Dafür müssen Sie sich doch nicht entschuldigen«, beruhigte er mich.
    »Aber ich benehme mich unprofessionell. Es tut mir leid.«
    »Kein Problem. Wirklich.«
    Ich spürte, wie sich meine Tränen allmählich auf ihren großen Auftritt vorbereiteten. »Ich bringe es einfach nicht über mich, den Leuten zu erzählen, wie es tatsächlich war. Ich weiß, das ist albern, aber ich fand die ganze Erfahrung derart demütigend … Und ich bezweifle, dass Kent und Davey es verstehen würden.«
    »Aber jeder von uns ist doch schon einmal verlassen worden.«
    Ich legte die Stirn in Falten. »Schon, aber praktisch vor dem Altar sitzengelassen zu werden, das ist doch noch einmal eine ganz andere Dimension der Erniedrigung.«
    Er schwieg, wohl, weil er ahnte, dass ich noch nicht fertig war.
    »Und jetzt heiratet er, während ich nach wie vor allein bin und jetzt bekomme ich auch noch graue Haare … und die Zeit verfliegt, und bald ist der Zug abgefahren, und ich weiß einfach nicht, was ich falsch mache …« Nun öffneten die Tränendrüsen ihre Schleusen. »Herrje, tut mir wirklich leid, dass Sie sich das alles anhören müssen, Shane. Mein Benehmen ist so was von lächerlich.« Ich wischte mir mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. »Ich kann nicht glauben, dass ich hier stehe und heule und Ihnen mein Herz ausschütte.«
    Er schüttelte den Kopf. »Schon gut, machen Sie sich deswegen mal keine Gedanken. Und glauben Sie mir, es wird bestimmt alles gut.«
    »Meinen Sie?«
    Er nickte. »Waverly, ich möchte, dass Sie etwas probieren …«
    Ich musterte ihn misstrauisch. »Probieren? Sie reden doch hoffentlich nicht von Drogen, oder?«
    Er lächelte. »Nein, keine Sorge; es ist ganz legal. Mein Sportpsychologe hat mir eine Übung gezeigt, die ich anwende, wenn ich zu sehr unter Druck stehe.«
    »Was denn für ein Druck, bitte schön? Sie sind doch schon reich und berühmt.«
    Er lachte. »Wir werden jetzt ein kleines Gedankenexperiment machen. Schließen Sie die Augen und sagen Sie mir, was Sie sehen.«
    Ich kniff die Augen zu und hatte sofort das Gefühl, zu schwanken. Um mein Gleichgewicht ist es nicht gerade zum Besten bestellt. Ich streckte die Hand aus, um mich an der Wand abzustützen, und dann starrte ich angestrengt auf die Innenseite meiner Augenlider. Ich sah … schwarz, im wahrsten Sinne des Wortes.
    »Ähm, Shane? Ich sehe nichts.«
    »Halten Sie die Augen weiter geschlossen, und denken Sie nun an etwas, das Sie glücklich macht, okay?«
    »Okay.« Ich tat wie geheißen, doch das Ergebnis war gleich null.
    »Ist das irgendein Trick?«, fragte ich.
    »Nein. Konzentrieren Sie sich.«
    Ich startete einen neuen Versuch. Nach einigen Sekunden erschien vor meinem geistigen Auge urplötzlich ein Schokoriegel. Genauer gesagt, ein Snickers von der Größe eines Nilpferds. Ich kicherte.
    »Sehr gut«, sagte Shane. »Was sehen Sie jetzt?«
    »Einen überdimensionalen Schokoriegel.«
    »Sehr gut. Großartig. Denken Sie weiter daran.«
    Ich gehorchte. Mmmm.
    »Schön, und jetzt öffnen Sie die Augen«, befahl er.
    Ich schlug die Augen auf und musterte ihn. »Und?«
    »Wissen Sie, was Sie da gerade gesehen haben?«, fragte er.
    »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt.«
    Er lächelte. »Kommen Sie, Waverly, spielen Sie mit. Ich meine damit, ist Ihnen klar, was das, was Sie gesehen haben, bedeutet?«
    »Dass ich ein Schokojunkie bin?«
    »Nein. Na ja, das vielleicht auch. Ich kenne Sie ja noch nicht allzu lange. Aber darum geht es nicht.«
    »Worum geht es dann?«
    »Es geht darum, dass Sie gerade gelächelt haben. Einfach so.«
    »Und?«
    »Fühlen Sie sich nicht schon besser?«
    Ich horchte in mich hinein. Mir war tatsächlich etwas leichter ums Herz. »Ja, Sie haben Recht.«
    »Und warum fühlen Sie sich besser?«
    »Weil ich ein Schokojunkie bin?«
    Er schmunzelte. »Nein, Sie fühlen sich besser, weil Sie etwas gesehen haben, das nur Sie sehen können und sonst niemand auf der Welt.«
    »Und?«
    »Und damit wollte ich Ihnen vor Augen führen, dass wir nicht immer darauf zählen können, dass uns unsere Mitmenschen glücklich machen, Waverly. Sehr oft liegt es allein in unserer Hand.«
    Ich klappte den Mund auf und gleich wieder zu. Ich war

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