Alles auf eine Karte
ehemalige Debütantinnen oder Frauen, die schon einmal an einer Misswahl teilgenommen haben
Amanda: Männer, die weniger wiegen als sie selbst
Greg: Absolventinnen von Eliteuniversitäten, die bei jedem Gespräch ihre Alma Mater erwähnen
Eileen: Socken in Sandalen
Ich: schwarze Levi’s Jeans und Autoaufkleber mit dämlichen Sprüchen (beides gleich schlimm)
Wir waren uns einig, dass der beste Beitrag von Christopher stammte, der zu unser aller Erheiterung angegeben hatte, für ihn seien Plüschtiere auf der Hutablage ein absolutes Tabu.
Wir diskutierten das Thema noch eine Weile weiter und kamen zu dem Schluss, dass außerdem Männer mit Goldkette, Vokuhila-Frisur oder einem Ring am kleinen Finger von vornherein zu disqualifizieren waren, ebenso Frauen mit angeklebten oder eckigen Fingernägeln, einer nervtötenden Lache sowie über den Hosenbund quellenden Speckröllchen. Es wurden noch einige weitere genannt, die es jedoch nicht in die Top Fünfzehn schafften, darunter Männer mit Bierbauch, Oberlippenbart oder mit Augenbrauen, die in der Mitte zusammengewachsen waren und Frauen, die Fotos von ihren Katzen im Portemonnaie haben sowie Frauen mit Männnerhänden.
Mann, waren wir ein oberflächlicher Haufen.
Hank winkte einen Kellner heran, der sofort angaloppiert kam und uns im Eiltempo nachschenkte. »Tisch dreiundfünfzig«, sagte Hank und hob sein Glas. »Wir sind schon eine bemerkenswerte Truppe. Trinken wir auf den gottverdammten Singletisch!«
»Auf den gottverdammten Singletisch!«, stimmten wir ausgelassen mit ein und prosteten einander zu, was uns mehr als einen neugierigen Blick von den Gästen an den Nebentischen eintrug.
»Eindrucksvoller könnten wir das Klischee vom alkoholisierten Singletisch wirklich nicht bedienen«, sagte Dawn zu mir.
Ich lachte. Meine guten Vorsätze waren längst vergessen: Ich war schon wieder ordentlich angeheitert. Was für ein hoffnungsloser Fall ich doch bin.
»Hey, wir haben doch auch ein Anrecht auf ein bisschen Spaß, stimmt’s?«, sagte ich. »Tisch dreiundfünfzig ist quasi die Insel der Außenseiter.«
»Sie sagen es, meine Liebe«, bestätigte Hank.
Die Band stimmte die ersten Takte an, und ehe man sich’s versah, hatte der Trauzeuge seine Rede gehalten, die Hochzeitstorte war angeschnitten, die Leute stürmten die Tanzfläche, der Alkohol floss in Strömen (als wäre das nicht schon den ganzen Abend der Fall gewesen). Mit anderen Worten, die Party war in vollem Gange.
Ich beschloss, mich ein wenig frischzumachen und schleppte mich zur nächstgelegenen Toilette. Sie war der reinste Palast, mit großen Marmorwaschbecken und Blumenbouquets. Ich konnte sogar klassische Musik erahnen, die jedoch von der Swing Band nebenan übertönt wurde.
Am Waschbecken neben mir stand eine zierliche Blondine in einem roten Kleid, ansonsten war weit und breit niemand zu sehen.
Ich öffnete mein Handtäschchen. »Ein Glück, dass die Architekten hier in weiser Voraussicht genügend Kabinen eingeplant haben. Es gibt bei einer Nobelhochzeit doch nichts Peinlicheres als lange Schlangen schick angezogener, beschwipster Frauen, die sich vor einer ewig besetzten Pipibox die Beine in den Bauch stehen.«
Die Blondine lachte. »Sie sagen es. Ihr Haar sieht übrigens toll aus. Ist es von Natur aus so glatt und seidig?«
»Schön wär’s.« Ich sah in den Spiegel. Kristina war wirklich eine erstklassige Stylistin. Kein einziges Härchen, das sich kräuselte, keine Strähne, die aus der Reihe tanzte. Und auch sonst sah ich nach wie vor aus wie aus dem Ei gepellt. Mein Augen-Make-up und der pflaumenfarbene Lippenstift verliehen mir einen exotischen Touch, ohne angemalt zu wirken.
Ich trug etwas frischen Lippenstift auf und musste, als ich ihn wieder verstaute, über die Sinnlosigkeit meiner winzigen Handtasche lachen. Sehr viel mehr als eine Tischkarte konnte man darin weiß Gott nicht verstauen.
Ich verabschiedete mich von der Blondine und wackelte hinaus, wobei ich nicht sicher war, ob nur der Gips für mein Schwanken verantwortlich war oder auch mein beträchtlicher Margarita- und Weinkonsum.
War das etwa Scotty dort am anderen Ende des Ballsaals? Ich steuerte auf den entsprechenden Tisch zu. Er war es in der Tat, und als er mich erblickte, sprang er auf und machte mit wild rudernden Armen auf sich aufmerksam, wie ein Vater, der am Schulparkplatz neben seinem Kombi steht, um seine Sprösslinge abzuholen.
»Waverly! Hier drüben, Waverly!«
Ich verdrehte die Augen.
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