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Alles auf eine Karte

Titel: Alles auf eine Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Murnane
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beobachtete, wie Jake den Saal durchquerte, sich neben seine brünette Begleiterin setzte und den Arm über die Rücklehne ihres Stuhls drapierte. Der Tisch befand sich ganz am anderen Ende, aber soweit ich das über die Entfernung hinweg erkennen konnte, war sie bildhübsch und perfekt.
    »Mist«, flüsterte ich verhalten.
    Dann kam mir plötzlich eine Idee für eine Grußkarte. Ich drehte meine Tischkarte um und hielt nach etwas zu schreiben Ausschau. Meine Handtasche war selbstverständlich viel zu klein, als dass man darin einen Kugelschreiber oder Ähnliches hätte unterbringen können, aber auf dem verlassenen Nebentisch lag zum Glück ein Stift. Ich angelte ihn mir.
    Vorderseite: Woher weißt du, dass du einen Mann wirklich gern hast?
    Innenseite: Süße, wenn dein Hirn in seiner Gegenwart auf Leerlauf schaltet, dann weißt du, es hat dich erwischt.
    Ich faltete die Karte zusammen und steckte sie in meine Handtasche. Allerdings fragte ich mich, ob ich in nüchternem Zustand noch in der Lage sein würde, mein Gekritzel zu entziffern. Und ob ich vielleicht mal den Anonymen Alkoholikern einen Besuch abstatten sollte. Dann stand ich auf und watschelte zur gegenüberliegenden Seite des Saals, um durch ein riesiges Fenster in die Winternacht hinauszublicken. Ich ging ganz nah heran. Es schneite. Was für eine wunderschöne Aussicht. Als ich ein, zwei Schritte zurücktrat, bemerkte ich, dass sich die Menschen hinter mir im Glas spiegelten. Als würde ich draußen vor dem Fenster stehen und den Leute drinnen dabei zusehen, wie sie sich auf der Tanzfläche und an der Bar tummelten, hierhin und dorthin schlenderten und sich amüsierten. Und während ich die Feierlichkeiten so aus der Perspektive eines Außenstehenden beobachtete, überkam mich das Gefühl, als würde ich meine eigene perfekte Hochzeit sehen. Was hatte Scotty noch gleich zum Thema Sein und Schein gesagt?
    Ich drehte mich um, lehnte mich an das Glas, schloss die Augen und lauschte eine Weile der Band. Ich konnte nicht sagen, wie lange ich dort stand, vermutlich nur ein paar Minuten, aber ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Ich öffnete die Augen wieder und ließ den Blick erneut über die Anwesenden gleiten.
    Mit einem Mal entdeckte ich unter den Tanzenden meine Singletischgenossen. Sie mussten ordentlich Tequila gebechert haben, denn sie waren total außer Rand und Band. Hank und Amanda knutschten, Matt und Lisa legten eine verruchte Dirty-Dancing-Performance aufs Parkett, und Greg war oben ohne und schwang sein Hemd über dem Kopf, als hätte er gerade ein Tor im Fußballweltcup geschossen. Ihre Ausgelassenheit wirkte sichtlich ansteckend auf die anderen Gäste, und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als mich zu ihnen zu gesellen, doch ich war weder körperlich dazu in der Lage noch war ich in der richtigen Stimmung.
    Jemand legte mir sanft eine Hand auf die Schulter. »Alles okay, Waverly?«
    Ich fuhr herum und lächelte matt, als ich Scotty erblickte.
    »Oh, hallo, Scotty.«
    »Hallo, Prinzessin. Na, amüsierst du dich gut?«
    »Hm ja.«
    »Klingt nicht sehr überzeugend.«
    Ich blinzelte wie in Zeitlupe. »Na ja, ehrlich gesagt bin ich gerade etwas down. Diese ganze Szene erinnert mich ein bisschen zu sehr an meine geplatzte Hochzeit.«
    »Möchtest du darüber reden?«, fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf. »Danke, aber da gibt es nicht viel zu sagen.«
    »Hast du deinen Schwarm getroffen?«
    »Leider, ja. Wir haben uns kurz unterhalten, aber ich war total abweisend und zickig und habe ihn regelrecht in die Flucht geschlagen. Ich habe mich überhaupt nicht wiedererkannt, Scotty. Irgendetwas stimmt nicht mit mir.«
    »Unsinn, Herzchen. Das Einzige, was hier nicht stimmt, ist die Tatsache, dass eine so schöne Frau wie du allein in der Ecke steht, obwohl es in diesem Saal jede Menge Männer gibt, die sich beide Hände abhacken würden, um mit ihr zusammen zu sein.«
    »Ach, hör doch auf.« Ich wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel und versuchte zu lächeln. »Ist ja süß von dir, dass du versuchst, mich aufzumuntern, aber lass uns auf dem Boden der Tatsachen bleiben, ja?«
    »Wach endlich auf, Waverly! Die Kerle stehen auf dich! Merkst du das denn nicht?« Er legte mir einen Arm um die Schultern und zwinkerte mir zu.
    Ich lehnte den Kopf an seine Schulter. »Danke, Scotty. Du bist wahrhaft ein guter Freund. Ein Lügner, aber ein guter Freund.«
    »Ich lüge keineswegs, Miss Bryson. Und wenn du keinen Gips hättest, würde ich dich

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