Alles auf eine Karte
»Nein, er wollte bloß wissen, wie es dir geht.«
Mein Dad hatte Aaron angerufen, weil er wissen wollte, wie es mir geht? Mein Dad konnte Aaron doch gar nicht leiden! Er konnte noch nicht einmal mich richtig leiden.
Ich erhob mich und schob mir eine Haarsträhne hinters Ohr. »Moment mal. Hast du mich etwa aus Mitleid angerufen? Weil mein Vater glaubt, dass ich nicht gut drauf bin? Ist das der wahre Grund für dieses Treffen?«
»Nein!« Er wirkte bestürzt. »Ich wollte dir wirklich bloß von unserem Baby erzählen, das ist alles. Mit Mitleid hatte das gar nichts zu tun.«
»Gut, weil ich nämlich hervorragend zurechtkomme«, sagte ich. »Hervorragend. Jawohl.« Ha.
»Etwas anderes habe ich auch nicht angenommen, Waverly«, sagte er und sah mir dabei fest in die Augen.
»Ehrlich?«
»Ehrlich.«
»Hundert Prozent ehrlich oder nur neunundneunzig Prozent?«, hakte ich nach.
Er lachte und wollte gerade etwas erwidern, da klingelte sein Handy. Und ich wusste, wer da anrief.
Sein Freigang war beendet. Genau wie es unsere Beziehung endgültig war.
Warum verliebe ich mich nie in die Männer, die sich für mich interessieren?
Süße, warum stellst du dich prinzipiell in die langsamste Warteschlange?
KAPITEL 14
Schon am nächsten Tag – unmittelbar nachdem ich mich bei McKenna am Telefon zwei Stunden lang ausgeheult hatte – nahm ich mein eigenes Baby in Angriff. Ich schickte eine Auswahl meiner Süßen Grüße an eine Handvoll Verlagshäuser, und ich kann gar nicht beschreiben, wie toll es sich anfühlte. Bei der Vorstellung, dass aus einem Einfall, für den ich ganz allein verantwortlich war, etwas Handfestes entstehen könnte, kam ich mir vor wie … ich kam mir vor wie eine stolze Mutter. Eine stolze Mutter ohne Minivan und ohne schlafentzugsbedingte Augenringe.
Und die Ideen für neue Karten sprudelten auch weiterhin nur so aus mir heraus. Die Montagmorgenmeetings im Büro erwiesen sich als ideale Gelegenheit für ein erstes Brainstorming. Auf diese Weise war ich wenigstens nicht gezwungen, Mandy Edwards zuzuhören, die offenbar völlig in der Arbeit für Adina Energy aufging; jedenfalls vermittelten ihre enthusiastischen wöchentlichen Berichte diesen Eindruck. Sie hatte nicht noch einmal bei mir angeklopft, um vor mir zu prahlen oder meine Strategien abzukupfern, und ich war froh, dass ich abgesehen vom Jour fixe meine Ruhe vor ihr hatte.
Zum Glück hatte es nicht den Anschein, als würde der Ideenstrom für neue Süße-Grüße-Karten allzu bald versiegen. Was mir andererseits aber auch Sorgen bereitete, denn es bestärkte mich in der Überzeugung, dass ich, was Männer anging, nach wie vor in der Liga der hoffnungslosen Fälle spielte und sich daran so schnell wohl auch nichts ändern würde.
Eines Abends – es war ein Donnerstag – lernte ich im Kilkenny einen schnuckeligen Typen namens Pierce kennen, der auf den ersten Blick einen sehr sympathischen, normalen Eindruck machte. Er war gut einen Meter achtzig groß und hatte hellbraunes Haar, blaue Augen, ein strahlendes Lächeln und einen sarkastischen Sinn für Humor. Er war Investmentbanker, hatte in Princeton und an der Stanford Business School studiert und spielte am Wochenende Rugby, und als er mich nach meiner Telefonnummer fragte, rückte ich nur zu gern damit raus, auch wenn wir uns vorher nicht allzu lange unterhalten hatten. Bingo!
Unsere erste Verabredung am späten Montagabend hätte nicht besser laufen können. Er führte mich in ein nettes italienisches Restaurant in North Beach aus. Wir aßen Pasta, tranken Wein und tauschten Anekdoten über unsere Arbeit, unsere Hobbys und unsere Freunde aus. Wir hakten all die üblichen Themen ab, und ich konnte den ganzen Abend nicht ein einziges Warnsignal entdecken. Ich schaffte es sogar, das Gespräch nicht auf meine Kindheit oder meine Verlobung zu bringen. Zunächst war ich zwar nicht ganz sicher, ob ich mich körperlich zu ihm hingezogen fühlte oder nicht, aber ich genoss seine Gesellschaft, und als er mich gegen Mitternacht nach Hause brachte und sich von mir mit einem sanften Kuss auf die Lippen verabschiedete, war ich durchaus von ihm angetan. Es war schon verdammt lange her, dass ich einen Kuss auf den Mund bekommen hatte, vor allem einen so zärtlichen!
Verfasst schon mal eine Pressemeldung, Leute, ich bin wieder im Spiel!
Doch dann begann mein Team zu verlieren.
Und zwar unheimlich schnell.
Am nächsten Morgen kam ich um halb neun ins Büro. Der Schlafmangel machte sich
Weitere Kostenlose Bücher