Alles auf eine Karte
sein konnte, dass Pierce nicht mehr im Büro war, schrieb ich ihm, ich sei abends bereits verplant. Ich versuchte, möglichst desinteressiert zu klingen, doch anscheinend war ich nicht abweisend genug gewesen, denn ich erhielt an den darauffolgenden drei Tagen jeden Morgen eine E-Mail von ihm, die erste um vier Uhr neunundfünfzig, die zweite um eine Minute nach fünf, die dritte um fünf Uhr drei. Jedes Mal fragte er, ob ich am Wochenende mit ihm ausgehen würde. Offenbar setzte er sich sofort nach der Ankunft im Büro an den Computer – vermutlich, noch ehe er das Licht angeknipst hatte. Vielleicht hatte er mir auch von seinem BlackBerry aus gemailt, noch ehe er überhaupt im Büro war. Hatte dieser Mann denn gar keine Freunde, die ihn zurückhielten?
Ich löschte jede einzelne E-Mail, ohne sie zu beantworten. Er rief auch weiterhin mehrmals täglich an, aber ich ging einfach nicht ran, weil ich seine Nummer auf dem Display erkannte. Ein Hoch auf die Technik.
Als mich am darauffolgenden Montag schon wieder eine Nachricht von ihm erwartete – diesmal abgeschickt um fünf Uhr zwei –, setzte sich mich endlich hin und schrieb zurück.
An: Pierce Jansen
Von: Waverly Bryson
Betreff: Re : Schönes Wochenende gehabt?
Hallo Pierce,
danke für deine Anrufe und Mails. Entschuldige, dass es so lange gedauert hat, bis ich mich melde, aber ehrlich gesagt habe ich mich in letzter Zeit des Öfteren mit meinem Exfreund getroffen, und vergangenes Wochenende haben wir beschlossen, es noch einmal miteinander zu versuchen. Es tut mir leid. Du bist ein toller Mann, aber das Timing war gegen uns.
Mach’s gut!
Waverly
Ich konnte nur hoffen, dass er nicht wusste, wer mein Exfreund war, denn ich war ziemlich sicher, dass Aaron und ich es nicht noch einmal miteinander versuchen würden.
Das Kapitel Pierce war damit beendet, aber es gab auch weiterhin reichlich Material für meine Süßen Grüße. Etwa eine Woche später erhielt ich einen Anruf von Whitney, meiner ehemaligen Mitbewohnerin. Sie wollte mich mit einem Kollegen ihres Mannes Bryan verkuppeln. Der Betreffende hieß Ben und arbeitete als Buchhalter in Bryans Firma.
»Ein Buchhalter?«, seufzte ich ins Telefon. »Es liegt mir fern, irgendwelche Klischees zu strapazieren, aber – ein Buchhalter?«
»Er ist nett, Waverly, ehrlich. Er sieht gut aus, und er erfüllt definitiv deine Anforderungen, was die Körpergröße angeht.«
»Schön und gut, aber ist er ein Langweiler?«
»Nein, er ist kein Langweiler. Vertrau mir. Er ist sympathisch, er ist in unserem Alter, und er ist Single.«
»Er ist doch hoffentlich nicht blond, oder?« Seit mich Barry Winters auf dem Schulball in der achten Klasse eingeschleimt hat, ruft der Gedanke an einen Zungenkuss mit einem blonden Mann bei mir akuten Brechreiz hervor.
Jetzt war es Whitney, die seufzte. »Hör endlich auf, so pingelig zu sein, Waverly. Wann hast du überhaupt das letzte Mal einen Matratzentango getanzt?«
Ich musste lachen. Diese Formulierung ist typisch Whitney. Als wir noch zusammengewohnt haben, habe ich solche Ausdrücke die ganze Zeit gehört.
»Okay, okay, gib ihm meine Nummer«, sagte ich.
Schon am nächsten Tag rief mich Ben an, und wir beschlossen, am darauffolgenden Dienstag nach Feierabend etwas trinken zu gehen. Er klang ziemlich harmlos, also war ich bereit, mitzuspielen.
Als ich am Tag unserer Verabredung nach dem Lunch wieder ins Büro kam, hatte mir Ben eine Nachricht auf Band gesprochen.
»Hallo Waverly, Ben Herman hier. Das ist mir jetzt echt unangenehm, aber ich kann heute Abend leider nicht kommen. Ich fühl mich ziemlich gaga und gehe deswegen jetzt gleich mal nach Hause. Ich hoffe, du hältst mich nicht für völlig plemplem, weil ich in letzter Minute absage. Ich melde mich morgen nochmal.«
Ich drückte auf »Speichern«.
Gaga und plemplem ? Hatte er tatsächlich die Ausdrücke gaga und plemplem verwendet?
Ich hörte die Nachricht noch einmal ab. Ja, er hatte.
Tut mir leid, aber ich treffe mich auf gar keinen Fall mit einem wildfremden Menschen, bei dem Wörter wie gaga und plemplem zum Alltagsvokabular gehören, und das, obwohl er keine Kinder hat.
Ich löschte seine Nachricht, und auch die, die er mir tags darauf hinterließ. Whitney war wochenlang sauer, aber das kratzte mich nicht. Ein paar Ausschlusskriterien hatte ich noch, auch wenn es täglich weniger wurden.
*
Einige Wochen später lernte ich einen Mann namens Eric kennen. Es geschah im Supermarkt bei mir um die Ecke,
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