Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
oft besucht, als ich mit Patrick zusammenlebte, und mich wegen meiner häuslichen Ader gefrotzelt: die sorgfältig arrangierten Schnittblumensträuße, die frisch gebackenen Kekse, mit denen die Keksdose immer gefüllt war. Jetzt glich mein Zuhause dem Schlupfwinkel eines neurotischen Einzelgängers, eines Serienmörders.
Das Abendessen, das auf einem Tablett serviert wurde, war als »leichte« Mahlzeit vermerkt, aber für mich war es die nahrhafteste seit Monaten – normalerweise aß ich eine Schale Getreideflocken. Ich aß alles auf, dann legte ich meinen Kopf aufs Kissen zurück und lauschte den geschäftigen Geräuschen des Krankenhauses: schnelle Schritte im Korridor, das Klappern von Servierwagen, die an Türrahmen stießen, Stimmen, die lauter und leiser wurden.
Die meisten Menschen hätten sich, plötzlich ganz allein in einem Krankenzimmer, einsam gefühlt; ich nicht. Ich fand die Hintergrundgeräusche seltsam beruhigend. Dies hier war mein Dorf. Das Dorf für kranke, traurige, am Boden zerstörte Menschen wie mich.
Die Schmerzen meldeten sich zurück. Sie fluteten langsam durch meinen Körper, und wie eine dressierte Ratte drückte ich zwangsläufig auf den Knopf der Schmerzpumpe.
Wie üblich fragte ich mich, was Patrick und Ellen und Jack in diesem Moment wohl machten, ob Jack starke Schmerzen in seinem gebrochenen Arm hatte und ob Patrick meinetwegen bei der Polizei gewesen war. Aber das Morphium machte mich träge. Ich stellte mir diese Fragen eher beiläufig. Ich hatte gar nicht das Verlangen, dort zu sein und die drei zu beobachten.
Meine Gedanken schweiften ab, und ich dachte an Kate, Lance und Tammy. Ob ihnen der Film gefallen hatte? Ob sie noch in dieses koreanische Restaurant gegangen waren, von dem sie gesprochen hatten? Ich stellte mir vor, wie Lance und Tammy wieder dieDrogendealer aus Baltimore gaben und Kate genervt die Augen verdrehte.
Ich glaube, ich habe tatsächlich laut herausgelacht, bevor ich eingeschlafen bin.
»Tut mir leid, aber ich habe ihren Namen nicht verstanden«, sagte Maureen, als sie Ellen das Telefon reichte. »Ich störe euch wirklich nur ungern, aber es hört sich an, als ob sie weinte.«
»Schon gut, kein Problem.« Ellen nahm das Telefon nervös entgegen. Und jetzt?
Sie räusperte sich. »Hallo?«
Eine verschnupfte Frauenstimme sprudelte aus dem Hörer.
»Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie so spät noch anrufe, Ellen, aber ich habe es gerade erst erfahren, und ich musste Sie unbedingt gleich anrufen, um es Ihnen zu sagen und mich für mein unmögliches Benehmen gestern zu entschuldigen. Das war schlicht unverzeihlich.«
Die Stimme kam ihr bekannt vor. Jemand mit einer fürchterlichen Erkältung. Sie hatte doch vor Kurzem jemanden mit einer fürchterlichen Erkältung getroffen. Aber wen?
»Ich bin nicht sicher …«
»Ich bin schwanger , Ellen!«
»Luisa!« Ellen rief sich Luisas wütendes, blasses Gesicht ins Gedächtnis zurück, als sie bei ihr gewesen war und ihr Geld zurückverlangt hatte. Jetzt, im Nachhinein, schien es auf der Hand zu liegen. Natürlich war sie schwanger. Sie hatte vollkommen erledigt ausgesehen, und Ellen kannte diesen völlig erschöpften Ausdruck von ihrem eigenen Spiegelbild. Luisa war nur so aufgebracht gewesen, weil sie dachte, nicht schwanger zu sein.
»Meine Ärztin hatte versucht, mich zu erreichen. Eigentlich hätten wir unseren nächsten IVF-Zyklus beginnen sollen, aber meine Ärztin rief an und sagte: ›Der nächste Zyklus fällt aus‹, und ich sagte: ›Aber wieso denn, wo ist das Problem?‹, und da sagte sie: ›Das Problem ist, dass Sie schwanger sind.‹ Ich bin auf natürlichemWege schwanger geworden! Nach so vielen Jahren! Und das habe ich nur Ihnen zu verdanken!«
»Na, ich denke, Ihr Mann hat auch etwas damit zu tun«, bemerkte Ellen schmunzelnd.
»Ich kann nicht glauben, dass ich mein Geld zurückgefordert habe! Ich bin entsetzt über mein Benehmen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich war halb wahnsinnig vor Neid und … ich weiß auch nicht, einfach nur wahnsinnig!« Gedämpft fügte sie hinzu: »Ich weiß nicht, ob Sie das wissen, aber die Daily News will einen Artikel über Sie bringen.«
»Ja, ich weiß.«
»Es tut mir unendlich leid, aber als ich von Ihnen wegging, ist mir Ian Roman über den Weg gelaufen, vielleicht hat er mich ein bisschen eingeschüchtert, oder ich wollte mich wichtig machen, weil ich einen Promi vor mir hatte, na ja, wahrscheinlich suche ich bloß nach Ausreden für mein
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