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Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)

Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)

Titel: Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Götting
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unserer gutgemeinten Einladung. Er ist dann mit Hilfe einer Leiter auf das Dach unseres Campers geklettert, um die völlig verrostete Satellitenschüssel auszurichten. Der Theorie nach sollte das zwar auch über eine Teleskopstange im Wagen gelingen, in etwa so, wie man das Guckrohr eines U-Bootes manövriert. Aber dieses Ding hier ließ sich nicht mal einen Millimeter weit bewegen. Um weitere Schäden für Mensch und Material zu verhindern, nahm sich Willi der Sache lieber selbst an. Aus Eigennutz natürlich auch.
    Nero, der schwarze Kater, streicht nun auch wieder über unseren Stellplatz, als wüsste er genau, wann es wo etwas zu essen gibt. Wahrscheinlich hat sich der kleine Schnorrer seit zwei Stunden von Wohnwagen zu Wohnwagen gefressen. Ein Wunder, dass er überhaupt noch laufen kann.
    Der Fernseher läuft jedenfalls zuverlässig, da kommt auch schon Rita um die Ecke gebogen, hinter ihr der Willi. Und auf dem Arm trägt er eines dieser naturgetreuen Warsteiner-Fässchen aus dem Supermarkt. Er wiegt es so sanft und liebevoll im Arm, als wär’s sein erstgeborener Enkel.
    Wenn der Abend etwas weiter fortgeschritten ist und wir alle einen im Tee haben, muss ich ihn unbedingt mal fragen, woher er bloß immer diese T-Shirts kriegt. Heute trägt er ausnahmsweise mal ein langärmeliges. Es zeigt einen überschäumenden Bierkrug, und darunter steht: »Dick & Durstig«.
    »Und?«, sagt er statt einer Begrüßung. »Brennt euer Grill? Ich riech nix.« Er ist offenbar hungrig. Oder misstrauisch. Das kann ich ihm auch nicht verdenken.
    »Brennen ist vielleicht das falsche Wort«, sage ich schüchtern. Unser Grill ist nämlich ein sogenannter Teppanyaki-Grill, also eher eine Art heißer Stein, aber immerhin war er vor knapp zehn Jahren mal Sieger bei der Stiftung Warentest.
    Ich habe ihn damals gekauft, nachdem es ein bisschen Ärger mit den Nachbarn gegeben hatte wegen meines ersten und einzigen Holzkohlegrills. Obwohl ich ja kein ausgeprägtes Händchen fürs Feuermachen habe, hatte ich damals fulminante Flammen entfacht. Allerdings auf dem Balkon einer Hamburger Mietwohnung. Es brannte, als hätte ein Treibstofflager Feuer gefangen. Der Qualm zog ausgerechnet zu unseren bescheuerten Nachbarn rein, und als die glaubten, an einer Rauchvergiftung zu sterben, alarmierten sie die Polizei. Und die hätte meinen kleinen Kugelgrill vermutlich sofort konfisziert, wäre er nicht so heiß gewesen. So geriet ich jedenfalls an den sagenhaften Teppanyaki-Grill, von dem mein Schwiegervater sofort dermaßen begeistert war, dass er gleich zwei Stück kaufte – einen für daheim und einen für Sepiana.
    »Das da, das ist unser Grill«, sage ich mit dem größtmöglichen Stolz und zeige auf eine sechseckige Teflon-Platte mit Plastikrand drum herum, die auf einem Höckerchen thront, »einfach Stecker rein, und ratzfatz ist der heiß.«
    »Was ist das denn?« Willi scheint verunsichert zu sein, ob er unter diesen Bedingungen überhaupt sein Bier-Baby vom Arm nehmen soll. »Nee, ne?«
    »Sieht vielleicht ein bisschen komisch aus, ist aber viel gesünder als Holzkohle. Ohne Schmarrn. Bei der Holzkohle entstehen Giftstoffe, die ich nicht mal aussprechen kann. Hab ich neulich erst gelesen. Das geht aufs Herz, die Nieren, schädigt das Gehirn. Ehrlich. Holzkohle-Grills machen dumm.«
    Immerhin. Rita ist neugierig geworden. Sie beugt sich über die Platte und betrachtet den Temperatur-Regler. »Interessant.«
    Lena stellt ein Tellerchen mit Gemüse-Spießen daneben: »Und das wird damit ganz zart und bleibt trotzdem knackfrisch.«
    So wie Willi guckt, scheinen in seinem Kopf die Synapsen zu rotieren wie ein gewaltiges Räderwerk. Ob ich ein Typ bin, der am Berg immer mit Handbremse anfährt und Tempo-Taschentücher mit Aloe vera benutzt – diese Frage stellt er sich wohl schon lange nicht mehr. Ich glaube, der Elektrogrill ist für ihn bloß die letzte Bestätigung.
    Um einen Rest von Männlichkeit zu demonstrieren, gebe ich jetzt meine Meinung zur aktuellen Entwicklung der polnischen Nationalmannschaft zum Besten. »Weißt du noch, wie die sich vor ein paar Jahren aufgeregt haben, dass wir ihnen den Klose und den Podolski weggenommen haben? Und jetzt? Bringt der Klopp in Dortmund ihren besten Leuten das Kicken bei!«
    Als Zeichen seines guten Willens stellt Willi jetzt endlich das Bierfässchen ab. Womöglich haben ihn auch die gigantischen Fleischlappen, die Lena auf den Tisch stellt, endgültig überzeugt. Im Fernseher spielt ein Musikcorps

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