Alles bleibt anders (German Edition)
habt.«
»Erkennst du denn nicht, welches unmenschliche System du unterstützt?«
»Was ich erkenne, sind Verbrecher, die versuchen, die natürliche Ordnung der Dinge zu stören.«
»Deine natürliche Ordnung der Dinge sind willkürliche Doktrinen und Dogmen.«
»Ich bin nicht hier, um Grundsatzdiskussionen zu führen«, mit der Pistole machte er eine Geste in Richtung Claire, »zieht ihr wieder das Krankenhemd an.«
Frank und Karen zögerten.
»Wird's bald?«
Seine Stimme war resolut und duldete keinen Widerspruch.
»Ich werde nicht zögern, Claire zu töten. Sie bedeutet mir nichts, nicht mehr. Sie hat ihren Zweck erfüllt. Ich werde einfach erzählen, ich hätte Eindringlinge überrascht und in einem anschließenden Handgemenge habe sich ein Schuss gelöst und habe versehentlich meine liebe Frau getroffen. Meinen Schmerz darüber werde ich genauso glaubwürdig spielen, wie ich meine Sympathie euch Vaterlandsverrätern gegenüber vorgetäuscht habe. Niemand wird es wagen, den Worten eines renommierten Chirurgen und trauernden Witwers zu misstrauen.«
Frank zweifelte nicht daran, dass Dieter es ernst meinte und gab Karen ein Zeichen, Claire gemeinsam mit ihm den Arztkittel abzustreifen und ihr wieder das Krankenhemd überzuziehen.
»Und jetzt fixiert sie wieder mit den Lederbändern!«, bestimmte Dieter.
Ein Blick in Dieters unnachgiebigen und entschlossenen Gesichtsausdruck genügte Frank und Karen, um zu erkennen, dass sie besser ausführten, was er ihnen befahl. Danach deckten sie Claire wieder zu. Claire und ihr Bett sahen wieder genauso aus, wie zu dem Zeitpunkt, als ihre Befreier das Krankenzimmer betreten hatten.
»Die Signalgeber!«, sagte Dieter.
Frank und Karen griffen nach ihren Halskettchen und zogen sie sich über den Kopf; Jakob starrte irritiert auf die hin und her pendelnden Medaillons.
»Legt sie auf den Boden!«
Frank und Karen bückten sich und führten den Befehl aus.
»Nun gebt ihnen einen Schubs, damit sie zu mir rüber rutschen.«
Die Signalgeber glitten über den frisch gebohnerten Zimmerboden und prallten gegen Dieters Schuhe. Ohne seine Gegenüber aus den Augen zu verlieren, ging er in die Knie und griff sich die beiden Halskettchen.
Frank wollte bereits in seine Hosentasche greifen, doch Dieter blieb aufmerksam.
»Du steckst den Arztkittel in deinen Koffer und nimmst den Koffer an dich!«, wandte er sich an Jakob. Ängstlich und ohne zu zögern befolgte Jakob die Anweisungen.
»Ihr werdet nun vor mir her gehen, dieses Krankenzimmer und dann die psychiatrische Station verlassen.«
Bei diesen Worten steckte er die Pistole in seine Kitteltasche und trat einen Schritt von der Tür weg, damit die anderen an ihm vorbei konnten.
Für seine Gegenüber unverkennbar zielte der Lauf der Waffe nach wie vor in ihre Richtung.
Für jemand anderen hätte sich genauso gut irgendetwas anderes in der Kitteltasche befinden können.
»Draußen, wenn ihr das Gebäude verlassen habt, geht ihr nach rechts.«
Die Angesprochenen zögerten.
»Na los, worauf wartet ihr?«
Frank wusste, dass es viel zu viel Zeit benötigte, in seine Hosentasche zu greifen, seine Waffe zu greifen, sie zu entsichern, zu zielen und abzudrücken. Dieter hätte in dieser Zeit längst abgedrückt und mindestens einen von ihnen getötet. Und Frank hatte keinen Zweifel daran, dass er bereit wäre, sie alle umzubringen: seinen Kontrahenten Frank, Karen, Jakob und auch Claire.
Also siegte die Vernunft. Frank blickte ein letztes Mal in Claires blasses Gesicht, dann ging er zur Zimmertür und trat auf den Gang hinaus. Ohne sich umzudrehen und nachzusehen, wusste er, dass die anderen ihm folgten und dass der Lauf von Dieters Pistole auf ihre Rücken zielte.
Hier im Gang jemanden von hinten zu erschießen, hätte Dieter mit Sicherheit in große Erklärungsnöte gebracht, doch Frank traute Dieter zu, dass er sogar so weit ginge, sein eigenes Leben für die Partei zu opfern, wenn es erforderlich wäre. Also vermied er jegliches Risiko. Er hoffte weiter auf eine günstigere Gelegenheit.
So ging er bis zum Treppenhaus voran, die Stufen ins Erdgeschoss hinab und an dem Krankenpfleger im Eingangsbereich vorbei ins Freie. Dieser würdigte die vier Ärzte, die das Gebäude verließen, kaum eines Blickes.
»Auf Wiedersehen«, hörte er Dieter freundlich sagen und war überrascht, wie gefasst und beherrscht Dieter war.
Der Krankenpfleger grüßte kurz zurück und Frank bog nach rechts ab, wie Dieter es gewollt hatte.
»Noch einmal nach rechts, ums Gebäude
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