Alles ist erleuchtet
DER SCHANDE
Der Prozess gegen den entehrten Wucherer Jankel D. wegen gewisser schändlicher Taten fand 1741 vor dem Hohen Gericht der Aufrechten statt. Der besagte Wucherer wurde der besagten schändlichen Taten für schuldig befunden und per Schtetl-Proklamation gezwungen, die inkriminierende Abakus-Perle an einer weißen Schnur um den Hals zu tragen. Es sei vermerkt, dass er sie selbst dann trug, wenn niemand es sehen konnte, selbst im Schlaf.
TRACHIMTAG 1796
Eine besonders stechlustige Fliege stach das Pferd, welches den Festwagen aus Rowno zog, in den Hintern, worauf die nervöse Stute scheute und die Statue des Feldarbeiters in den Brod fiel. Die Festparade wurde um etwa dreißig Minuten verschoben. In dieser Zeit bargen kräftige Männerdie tropfnasse Statue. Die schuldige Fliege landete im Netz eines nicht namentlich bekannten Schuljungen. Der Junge wusste, dass ein Exempel statuiert werden musste, und hob die Hand, doch gerade, als er zuschlagen wollte, zuckte die Fliege mit den Flügeln, ohne davonzufliegen. Der Junge, der empfindsame Junge, war überwältigt von der Zerbrechlichkeit des Lebens und ließ die Fliege frei. Diese, ebenfalls überwältigt, starb vor Dankbarkeit. Ein Exempel war statuiert.
KRANKE BABYS
(siehe GOTT) FÜNF MONATE UNAUFHÖRLICHEN REGENS
Diese schlimmste Regenperiode umfasste die letzten beiden Monate des Jahres 1914 und die ersten drei des Jahres 1915. Auf Fensterbänken abgestellte Tassen flössen bald über. Blumen erblühten und ertranken. Über Badewannen wurden Löcher in Decken gebohrt... Es sei vermerkt, dass der unaufhörliche Regen mit der russischen Besetzung einherging 1 und dass es, ganz gleich, wie viel Wasser vom Himmel fiel, immer noch einige gab, die behaupteten, durstig zu sein, (siehe GITTEL K., JAKOV L.)
DIE MÜHLE
Es begab sich aber im elften Jahr eines lange zurückliegenden Jahrhunderts, dass das Auserwählte Volk (wir) unter der Leitung unseres damaligen weisen Anführers Moses Ägyptenland verließ. In der Eile der Flucht war keine Zeit, das Brot aufgehen zu lassen, und der Herr unser Gott -möge Sein Name heitere Gedanken inspirieren -, der in Seinem Streben nach Vollkommenheit in allem Erschaffenen kein unvollkommenes Brot dulden wollte, sagte zu Seinem Volk (das sind wir, nicht sie): BEREITET KEIN BROT ZU, DAS STAUBTROCKEN, FADE, VON SCHLECHTEM GESCHMACK ODER URSACHE HOFFNUNGSLOSER VERSTOPFUNG SEIN WIRD. Doch das Auserwählte Volk war sehr hungrig, und so versuchten wir es mit etwas guter Hefe. Was auf unseren Schultern buk, war noch weniger als unvollkommen und tatsächlich fade, staubtrocken, von schlechtem Geschmack und die Ursache für so manchen verpassten guten Schiss, und Gott - möge Sein Name immer auf unseren nicht aufgesprungenen Lippen sein - wurde sehr zornig. Wegen dieser Verfehlung unserer Vorfahren ist in der Mühle seit ihrer Errichtung im Jahr 1713 jährlich ein Bewohner unseres Schtetls ums Leben gekommen. (Für eine Auflistung dieser Todesfälle siehe ANHANG G: VORZEITIGE TODE)
DIE EXISTENZ VON NICHTJUDEN
(siehe GOTT)
DIE WELT ALS GANZES, WIE WIR SIE KENNEN UND NICHT KENNEN
(siehe GOTT)
JUDEN HABEN SECHS SINNE
Den Tastsinn, den Geschmackssinn, den Gesichtssinn, den Geruchssinn, den Gehörsinn... und das Gedächtnis. Während Nichtjuden die Welt mit Hilfe der traditionellen Sinne erfahren und verarbeiten und das Gedächtnis lediglich als zweitrangiges Mittel zur Interpretation der Ereignisse betrachten, ist das Gedächtnis für die Juden nicht weniger bedeutsam als der Stich einer Nadel, ihr silbriges Aufblitzen oder der Geschmack des Blutes, das aus dem Finger quillt. Einzig und allein dadurch, dass er diesen Nadelstich zu anderen Nadelstichen zurückverfolgt - als die Mutter einen Ärmel flicken wollte, in dem noch sein Arm steckte, als die Finger des Großvaters einschliefen, während er die feuchte Stirn des Urgroßvaters streichelte, als Abraham die Spitze des Messers prüfte, um sicher zu sein, dass Isaak keinen Schmerz spüren würde -, kann ein Jude begreifen, warum der Stich wehtut. Wenn ein Jude mit einer Nadel zu tun hat, fragt er sich: An was erinnert das?
DAS PROBLEM DES BÖSEN - WARUM DURCH UND DURCH
GUTEN MENSCHEN DURCH UND DURCH SCHLECHTE DINGE PASSIEREN
Sie passieren ihnen nicht.
DIE ZEIT DER GEFÄRBTEN HÄNDE
Kurz nach den irrtümlichen Selbstmorden begann die Zeit der gefärbten Hände, als der Bäcker Herzog J. bemerkte, dass Brötchen, die man nicht im Auge behält, manchmal verschwinden. Diese
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