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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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an einem Gatter und der Wand einer scheunenroten Scheune wie die Schilde einer Zwergenarmee. Die trägen Uhren ticken flau und lahm, und alles bleibt so alt.«
    ›Dass die Sonne links untergeht, heißt im Westen, heißt, dass du dich sogar hier an Dinge im Westen erinnerst, Bruce, und das heißt, es wird einem unwohl angesichts dieses neuen Schweigens über ein Subjekt in einem Westen, an den du dich offenkundig erinnerst. Eine Stimme kann eine andere nicht einfach ausschließen, zumal in einem Lügengespinst, wenn etwas aufgeklärt werden soll, wie wir es uns zum Ziel gesetzt haben –‹

    »Vielleicht sollte ich erwähnen, dass am Mauthäuschen an der Abfahrt nach Houlton, als ich die Sonnenblende runterklappte und nach dem Mautschein greifen wollte, ihr gerahmtes Foto herabfiel, im Luftzug des runtergekurbelten Fensters zu mir herübersegelte und zwischen Bremspedal und Bodenbelag halb eingeklemmt wurde. Als ich es aufheben wollte, ließ ich das Geld fallen und trat versehentlich aufs Gaspedal. Das Auto machte einen Satz und stieß leicht gegen den Schlagbaum, der sich vor einem Fahrzeug erst hebt, wenn dessen Fahrer seine Schuld beim Staat beglichen hat. Blitzschnell schoss die Frau aus ihrem Mauthäuschen heraus; ein Polizist, der in seinem Streifenwagen am Straßenrand saß, sah hoch und legte etwas Angebissenes weg. Ich musste mein Geld aufsammeln und an der Schranke blechen. Die Fotohülle war verbogen und von Bodendreck und Kekskrümeln beschmutzt. Die Mautangestellte war höflich, aber standhaft. Es wurde gehupt.«
    »Während des Ausflugs nach Maine, zu dem Bruce, seine Eltern und seine Schwester mich vorletztes Jahr eingeladen hatten, war zum letzten Mal alles gut zwischen uns, glaube ich. Im Flugzeug zeigte er aus dem Fenster auf alles Mögliche und brachte seine Mutter und mich zum Lachen. Unsere Beine berührten sich, und er berührte mich auch so sacht an der Hand, dass seine Mom nichts merkte. Beim Haus von seiner Tante und seinem Onkel gingen wir zum Schwimmen an einen See und konnten auch Wasserski fahren, wenn uns danach war. Manchmal unternahmen wir ausgedehnte, tagelange Spaziergänge über Feldwege, wurden staubig und verliefen uns, aber wir fanden immer zurück, weil Bruce die Zeit und die Himmelsrichtungen am Sonnenstand ablesen konnte. Wir tranken mit den Händen Wasser aus kleinen Bächen, die echt kalt waren. Einmal sammelte Bruce Blaubeeren für unser Mittagessen, wurde von einer Biene in die Handgestochen, und ich zog den Stachel heraus, weil ich lange Fingernägel hatte, und legte eine Blaubeere auf den Stich, und er lachte und sagte, er hätte überhaupt keine Sorgen mehr. Es war eine wunderschöne Zeit. Es hat richtig Spaß gemacht. Damals fühlte sich zwischen Bruce und mir alles richtig an. Es fühlte sich richtig an, mit ihm zusammen zu sein. Das war vielleicht das letzte Mal, dass ich das Gefühl hatte, es gäbe ein echtes Mich und einen echten Ihn, wenn wir zusammen waren. Es war bei seinem Onkel, eines Nachts irgendwo im Wald an einem Kartoffelacker auf alten Sweatshirts und anderen Klamotten auf der Erde, dass ich Bruce etwas schenkte, das ich nie zurückbekommen kann. Ich war froh, dass ich das getan hatte. Aber manchmal glaube ich, dass sich Bruce’ Gefühle von da an änderten. Vielleicht irre ich mich ja, aber ich glaube, es könnte ihn ein bisschen verscheucht haben, dass ich das endlich getan hatte. Dass ich es endlich wollte und er das sehen konnte. Als hätte er gewusst, dass er mich dadurch wirklich hatte, und deshalb zog er sich danach in sich selbst zurück, weil er es hatte und nicht mehr nur wollte. Er hat das Wollen richtig gern, glaub ich. Das ist auch okay so. Vielleicht hätten wir die ganze Zeit nur Freunde sein sollen. Wir kannten uns ja schon seit der Highschool. Wir sind in dem Steinbruch schwimmen gegangen, wo sie den Film gedreht haben. Wir waren zusammen in der Fahrschule und haben die Führerscheinprüfung zusammen und im selben Auto gemacht, und so haben wir uns näher kennengelernt. Nur sind wir uns erst lange danach so richtig nahe gekommen, als wir schon an verschiedenen Unis studiert haben und uns nur in den Ferien sehen konnten.«
    »Ich erreiche Prosopopeia gerade, als die Sonne richtig untergeht und das ganze dämmerungsaktive Getier von Maine in einem stachligen, alten Waldabschnitt herumzurascheln beginnt, den ich an der Stadtgrenze nur zu gern hinter mirlasse. Ich fahre kurz bei einem IGA vorbei und kaufe kaltes Michelob als

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