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Alles kam ganz anders

Alles kam ganz anders

Titel: Alles kam ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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entzückendes Häuschen, und einen so bezaubernden Vorgarten!
    „Wenn sie wüßte, daß ich gestern beinahe bis Mitternacht Unkraut gejätet habe!“ murmelte Papa auf norwegisch.
    Kaum waren wir im Haus – nachdem Bisken uns stürmisch begrüßt hatte – machte mein Bruder den Mund auf. „Ich kann Grand-mères Koffer nach oben tragen!“ verkündete er.
    Aha, dachte ich. Er hat also im Fremdenzimmer irgendeine Überraschung.
    „Nimm lieber die Reisetasche, Marcus“, schlug ich vor. „Ich trage schon den Koffer.“
    Mein Bruder ergriff die Tasche und eilte vor uns die Treppe hinauf. Als Grand-mère und ich ankamen, stand Marcus neben der Tür zum Fremdenzimmer. Seine Wangen glühten, seine Augen strahlten wie Sterne.
    An der Tür war ein großes Plakat mit Heftzwecken befestigt. Marcus hatte anscheinend sämtliche Buntstifte aus seiner großen Sammlung benutzt! Rechts die Schweizer Fahne, links die deutsche. Dazwischen war ein Flugzeug gezeichnet, ein farbenprächtiges Gebilde, das wirklich als ein Jumbojet zu erkennen war. Mein Bruder kannte sich mit Autos und Flugzeugen aus! Vorn am Bug stand auch deutlich zu lesen: „Boing 747“.
    Unter dem Bild stand mit großen, bunten, deutlichen, wenn auch nicht ganz regelmäßigen Buchstaben:
     
    BIENGWENÜ SCHÄHR GRANGMÄR!
     
    Das Plakat brachte Marcus Dankesworte, eine Umarmung, mehrere Küßchen und eine überdimensionale Tafel Schweizer Vollmilchschokolade ein.
    Ich habe den Verdacht, daß er letztere am höchsten schätzte!

Armer Bisken!
     
     
    Mama und ich hatten in der Küche zu tun: Mama war dabei, einen Fleischteig zu bearbeiten, und ich hatte auf mich genommen, einen Haufen Aprikosen zu entkernen.
    Papa hatte Grand-mère mitgenommen, um ihr den Garten und die Filmwerkstatt zu zeigen.
    Aber kein Garten kann Grand-mère von der Küche fernhalten, wenn sie ahnt, daß dort etwas passiert. Sie hatte wohl unsere Stimmen durch das offene Fenster gehört, denn plötzlich stand sie da und überblickte mit ihren wachen, interessierten Augen die Situation. „Was machst du da, ma petite?“
    So nannte sie sowohl Mama als auch mich. Marcus und Bisken waren beide „mon petit“. Nur Papa mit seinen ein Meter neunzig war kein „petit“. Ihn nannte sie „mon ami“ oder „mon cher ami“.
    Diesmal war Mama gemeint, denn Grand-mères Augen waren auf den Fleischteig gerichtet.
    „Es sollen Kohlwickel daraus werden, Grand-mère!“
    „Und was wird aus den Aprikosen?“
    „Ganz einfach Kompott. Weißt du, ich hätte so gern richtige österreichische Marillenknödel gemacht, aber sie wollen mir nie gelingen!“ Grand-mères Augen strahlten.
    „Aber mir! Ich mache sie! Und wie ist es, ma petite, hast du denn nichts zu nähen? Das hast du doch so oft!“
    „Nicht, wenn wir so lieben Besuch haben. Grand-mère! Ich habe meinen Kundinnen gesagt, daß sie sich schön gedulden müssen!“
    „Aber, ma petite, was fällt dir ein? Lauf sofort zu deiner Nähmaschine! Denk nicht ans Kochen, das besorge ich!“
    „Grand-mère, du bist unmöglich! Ich weiß schon, daß du für dein Leben gern kochst, aber hier bei uns sollst du dich erholen …“
    „Erholen tue ich mich am allerbesten in der Küche! Ach, ma petite“ – jetzt waren ihre Augen auf mich gerichtet –, „lauf doch schnell in mein Zimmer, unterm Schub in der Kommode liegen meine Schürzen, holst du mir eine?“
    Habe ich nicht recht? Ist meine Uroma nicht einmalig? Ich wüßte jedenfalls keine zweite Urgroßmutter, die Küchenschürzen mit einpackt, wenn sie zum Erholungsbesuch bei lieben Verwandten fährt!
    Als ich runterkam, war Mama endgültig aus der Küche verjagt. Grand-mère war dabei, sich einen Überblick über den Inhalt des Kühlschranks zu verschaffen.
    „Brauchst du mich wirklich nicht, Grand-mère?“
    „Nicht, wenn du was anderes vorhast.“
    „Und wenn ich das nicht habe?“
    „Na, dann kannst du ja die Aprikosen fertigmachen. Aber vorsichtig! Nicht ganz durchschneiden, nur eben soviel, daß du den Kern rauskriegst!“
    Ich gehorchte. Zwischendurch warf ich Seitenblicke auf Grand-mères fleißige, geübte Hände. Sie lächelte selig vor sich hin, jetzt fing sie tatsächlich an, eine kleine Melodie zu summen. Plötzlich mußte ich lachen.
    „Grand-mère, weißt du. wie du aussiehst?“
    „Wie ein verliebter Teenager kurz vor einem Stelldichein“, sagte Grand-mère. „Das behauptete jedenfalls deine Mutter, als sie so alt war, wie du es jetzt bist!“
    „Genau das wollte ich sagen!

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