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Alles kam ganz anders

Alles kam ganz anders

Titel: Alles kam ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Du strahlst vor Glück, wenn du kochst.“
    „Ich weiß. Und wie ist es mit dir, strahlst du auch?“
    „Nicht beim Kochen! Meine Kochkünste beschränken sich auf Spiegeleier und Bratkartoffeln und, wenn Not am Mann ist, Milchreis und Frikadellen.“
    „Was? Und du willst heiraten?“
    „Das will ich, aber noch nicht, Grand-mère. Zuerst muß ich das Abitur machen, und Ingo muß eine Stellung kriegen, und…“
    „Was macht er denn jetzt?“
    „Seine Doktorarbeit. Das Examen hat er gemacht, aber den Doktor will er noch machen! Hoffentlich schafft er es, bis ich mit der Schule fertig bin.“
    „Und dann heiratet ihr?“
    „O nein, noch lange nicht! Ich muß doch einen Beruf erlernen!“
    „Vor allem solltest du kochen und wirtschaften lernen, ma petite! Heute kannst du ja als erstes lernen, wie man Kohlwickel und Marillenknödel macht. Es ist doch schöner, in der eigenen Küche Kochunterricht zu kriegen als in einer Haushaltsschule?“
    „Und wie!! Und mit einer solchen Lehrerin! Macht es dir denn Spaß, mich zu unterrichten. Grand-mère?“
    „Ich wüßte nichts, das mir mehr Spaß machen würde! So, jetzt nimmst du den Kohlkopf und entfernst vorsichtig die äußeren schmutzigen Blätter, dann stellst du den großen Kochtopf auf den Herd…“
    Ich begriff, daß es Grand-mère ernst war.
    Von diesem Augenblick an war ich ihre aufmerksame Schülerin und sie die allerliebste Lehrerin!
    Papa mußte nach Hannover. Wie immer fragte er vor der Abfahrt, ob er etwas für Mama besorgen sollte.
    „Nein, für mich!“ rief Grand-mère. „Kannst du mir ein frisches, schönes Rinderherz besorgen?“
    „Für dich besorge ich alles, Grand-mère! Ich ahne nicht, an welchem Tag die Schlachter Innereien haben, aber ich versuche es!“
    Der Versuch gelang. Papa brachte ein Herz, das so groß war, als ob es von einem Mammut stammte.
    „Wunderbar“, lobte ihn Grand-mère. „Jetzt soll Elaine lernen, Rinderherz auf chinesisch zuzubereiten. Habt ihr Ingwer im Haus?“
    Am Nachmittag stand Grand-mère am Küchentisch und machte das Rinderherz zurecht. Sie schnitt Fett ab und entfernte Sehnenstränge – und wenn ab und zu ein Stückchen Herz versehentlich mitrutschte, war Bisken wie ein Blitz da.
    Ich verfolgte lernbegierig Grand-mères Handgriffe und achtete nicht auf den Hund. Ich merkte nicht einmal, daß er plötzlich das Interesse für das Rinderherz verloren hatte und die Küche verließ. Aber nach ein paar Minuten erschien Papa.
    „Sag mal, Elaine, was hat Bisken gefressen? Er hat sich in eine Ecke verkrochen und liegt da und japst und piepst!“
    „Nanu? Er hat nur ein paar kleine Stückchen von dem Rinderherz bekommen…“
    Ich rannte ins Wohnzimmer. Ja, daß etwas mit Bisken nicht stimmte,’ das war sonnenklar. Er sah mich flehend an, rieb sich das Maul mit den Pfoten, und piepste ganz verzweifelt.
    Wir versuchten, ihm das Maul aufzumachen, um nachzusehen. „Ich glaube, es hat sich etwas im Hals festgesetzt“, meinte Papa. „Das Tier muß zum Tierarzt – aber wo finden wir einen?“
    „Warte mal, der Vater von der Antje in meiner Klasse ist doch Tierarzt. Und sie sagte irgend etwas … Ja, sie würden erst Ende des Monats in Urlaub fahren, erst dann kriegt ihr Vater einen Vertreter. Ich rufe sie schnell an!“
    Ich hatte Glück. Antje kam selbst an den Apparat. „Ach. du bist es, Elaine! Wo brennt es?“
    Ich beeilte mich, ihr klarzumachen, daß mein Hund dringend einen Tierarzt brauchte. „Warte einen Augenblick, Elaine, ich hole Vati an den Apparat!“ Ich reichte Papa den Hörer und überließ ihm das Weitere. Fünf Minuten später saßen wir im Wagen, ich mit Bisken auf dem Schoß, und fuhren mit Höchstgeschwindigkeit nach Braunschweig. Der Tierarzt sei sehr nett gewesen, erzählte Papa später. Es war schon lange nach der Sprechstunde, es war halb sieben, aber der Arzt wollte zurück in die Praxis gehen, und wir sollten nur kommen.
    Mein armes Hundchen litt wirklich. Seine Augen hatten einen so verzweifelten Ausdruck, und er piepste und japste immer noch.
    Papa kennt sich in Braunschweig gut aus, und nach einer Dreiviertelstunde hielt er vor dem Haus, an dem ein großes Schild mit „Dr. med. vet. J. Sager“ uns klarmachte, daß wir angekommen waren.
    „Geh sofort rein mit Bisken“, sagte Papa. „Ich muß nur noch einen Parkplatz suchen, dann komme ich nach.“ Dr. Sager öffnete selbst die Tür.
    „Ich habe keine Helferin zu dieser Tageszeit“, erklärte er. „Ich dachte, Ihr Vater käme

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