Alles kam ganz anders
mit? Er muß ja den Hund halten bei der Untersuchung.“
„Das kann ich“, erklärte ich. „Papa kommt gleich, er sucht nur einen Parkplatz.“
„Na, dann kommen Sie, Elaine. Hier herein, bitte. Setzen Sie den kleinen Kerl auf den Untersuchungstisch.“
Es war nicht mein erster Tierarztbesuch. Ich hatte längst gelernt, wie man einen Hund festhält.
„Sehr gut“, sagte Dr. Sager. „So, dann wollen wir mal sehen. Reden Sie ihm gut zu, erzählen Sie was.“ Mit einem geübten Griff machte er Biskens Maul auf, und ich redete leise auf Bisken ein.
„Da haben wir den Salat! Er hat irgend etwas um die Zunge, ganz tief in der Kehle – weiß der Himmel, was er gefressen hat. Ich muß ihm eine Narkose geben, da hilft nichts. Sie können hoffentlich mit ansehen, daß ich ihm eine Spritze gebe?“
„Natürlich!“ versicherte ich. „Spritzen kennt er, er ist ja geimpft. So Bisken, ganz ruhig, Frauchen ist ja bei dir. Und gleich fahren wir Auto, ja, wir fahren zurück zu Mama – gleich kommt Papa und holt uns ab…“ Schon hatte Bisken seine Kurznarkose intus, und in dem Augenblick kam Papa an. Es war keine Zeit für eine freundliche Begrüßung. Die beiden Männer nickten sich eben zu, und Papa blieb neben dem Untersuchungstisch stehen.
„Soll ich dich ablösen, Elaine?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Danke, es geht gut so.“
Bisken lag jetzt regungslos auf dem Tisch, der Arzt hatte sich mit einer Pinzette und einer Schere bewaffnet.
„Halten Sie ihm das Maul ganz weit auf. Ja, so ist es gut, na, das hat sich aber tief festgesetzt. Herr Grather, halten Sie einen Augenblick die Zunge, ja so ist es richtig. Da hätten wir es…“
Biskens Zunge war geschwollen, und das „Etwas“ da drin mußte durchgeschnitten werden. Jetzt holte der Arzt es mit einer Pinzette raus. Wir betrachteten es mit forschenden Blicken.
„Oh, ich weiß!“ rief ich. „Das ist ein Ring von dem Stück Schlagader, das noch im Rinderherz drin war, und das Grand-mère ausgeschnitten hat! Das ist wohl runtergefallen, und dann hat Bisken es zu fassen bekommen!“
Der Tierarzt warf noch einen Blick auf das unappetitliche Gebilde, bevor er es in den Mülleimer warf.
„Das könnte es sein“, stimmte er zu. „Mit anderen Worten. Vorsicht beim Innereifüttern! Solche Ringe immer kleinschneiden!“
„Das war ja auch nicht als Futter gedacht“, erklärte ich. „Bisken hat es einfach geklaut!“
Wir bedankten uns beide dafür, daß Dr. Sager extra in die Praxis gekommen war, Papa bezahlte für das Vergnügen, und die beiden Männer wechselten ein paar Worte.
„Ihre Tochter kann anscheinend sehr gut mit Tieren umgehen“, sagte der Arzt. „Sie hat mir wie eine professionelle Praxishelferin geholfen!“
„Das wundert mich nicht“, schmunzelte Papa. „Elaine ist als Tiermensch geboren. Bevor sie in die Schule kam. kannte sie schon die meisten Tiere im Frankfurter Zoo.“
„Jetzt weiß ich es!“ rief Dr. Sager. „Ich sitze ja immer hier und zerbreche mir den Kopf, wo ich Sie schon einmal gesehen habe. Es war im Frankfurter Zoo! Da stand doch so ein Riese mit einer Filmkamera und neben ihm ein kleines Blondköpfchen. Ich höre noch die Kinderstimme, die sagte: ,Papa, wenn du die Axishirsche gefilmt hast, können wir dann nicht zu den Lemuren gehen?“ Ich müßte lachen.
„Das war bestimmt ich! Ich wollte immer zu den Halbaffen und den kleinen Tamarins!“
„Ich habe mich jedenfalls amüsiert über das kleine Kind, das so gut Bescheid wußte! Aber warten Sie mal – Grather, Grather, da ist doch etwas mit dem Fernsehen… sind Sie Tierfilmer, Herr Grather?“
„Nun ja, das kann man wohl sagen. Einige meiner Filme sind auch im Fernsehen gelaufen!“
„Dann ist es mir eine doppelte Freude, Sie kennengelernt zu haben!“
Bisken lag auf Papas Schoß. Er schien allmählich aus der Narkose zu erwachen.
„Na. nun müssen wir wohl zusehen, daß wir mit unserem kleinen Patienten nach Hause kommen“, sagte Papa und stand auf. „Nimm du ihn, Elaine, ich muß den Wagen holen.“
Ich nahm Bisken in die Arme. Papa verschwand, und ich reichte Dr. Sager die Hand und bedankte mich noch einmal.
„Wenn Sie mal Lust hätten, gelegentlich meine Assistentin zu vertreten – ich meine, wenn Sie vielleicht einen Ferienjob haben wollen – dann melden Sie sich!“ sagte Dr. Sager zum Abschied.
Endlich saßen wir wieder im Auto. Bisken schlief friedlich auf meinem Schoß. Es störte ihn anscheinend nicht, daß mein rechtes
Weitere Kostenlose Bücher