Alles muss versteckt sein (German Edition)
Natalie freundlich. »Der Name sagt mir nichts. Wie soll sie denn aussehen?«
»Das weiß ich nicht«, gibt Marie zu. »Ich kenne nur ihren Namen.« Natalie runzelt die Stirn.
»Hab ich wirklich noch nie gehört.« Sie zuckt mit den Schultern. »Und wenn Sie sie nicht beschreiben können, weiß ich jetzt auch nicht … «
»Es klingt vielleicht etwas seltsam«, unterbricht Marie sie. »Aber kommt es häufiger vor, dass sich hier Leute treffen, die eine Rose dabeihaben?« Während sie das fragt, spürt Marie, dass sie rot anläuft, selbst in ihren Ohren klingt das eigenartig. Die Frau macht ein verdutztes Gesicht – dann lacht sie plötzlich los.
»Wirklich komisch, dass Sie das wissen wollen! Tatsächlich ist mir irgendwann mal aufgefallen, dass hier hin und wieder Frauen mit einer Rose sitzen.« Nun lächelt sie amüsiert. »Nicht oft, aber es kam immer mal wieder vor.«
»Ja?« Marie spürt, wie ihr Herz auf einmal schneller klopft. Natalie nickt. »Und mit wem haben die sich getroffen?«
»Das ist es ja«, erwidert sie. »Deshalb kann ich mich überhaupt daran erinnern, denn sie blieben immer allein. Haben was getrunken, gewartet und sind dann nach einer Weile wieder gegangen. Wir haben hier schon Witzchen gemacht, ob das wohl an meinem Laden liegt, wenn hier ständig Frauen versetzt werden.«
»Danke!«, antwortet Marie. Eilig verabschiedet sie sich von Natalie und stürzt hinaus. Auf der Straße bleibt sie stehen. Durch die Scheibe sieht sie die Besitzerin, die ihr irritiert nachblickt. Auch Marie ist irritiert. Mehr als das. Viel mehr ! Das kann kein Zufall sein, das kann es nicht! Sie winkt ein Taxi heran.
Vor Christophers Wohnung springt sie aus dem Wagen, stürmt ins Haus, auf der Treppe drei Stufen auf einmal nehmend, hetzt in den ersten Stock, lässt beim Versuch, die Tür aufzusperren, gleich mehrmals den Schlüssel fallen und stolpert schließlich hinein. Ihr Computer ist noch an, die Seite des Forums noch geöffnet, sofort tippt Marie einen neuen Aufruf ein.
Bitte unbedingt melden! Wer von Euch war in Hamburg mit Elli verabredet? Im Café Bley, Erkennungszeichen rote Rose! Bitte schreibt mir!!!
Sie stellt den Text ein, lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück und starrt auf den Rechner. Fünf Minuten. Sieben Minuten. Vierzehn Minuten. Nichts. Achtundzwanzig Minuten. Dreiundvierzig. Fünfzig. Marie wird nicht aufstehen, ehe sie eine Antwort hat. Und die wird kommen, das weiß sie, weiß es mit einer Sicherheit, die sie nicht einmal überrascht. Eine Stunde und sieben Minuten.
Hallo, Helena!
Das Chat-Fenster unten rechts im Bildschirm geht auf, Herzelfe schreibt. Marie beugt sich vor und tippt.
Hallo, Herzelfe!
Hab deinen Aufruf gesehen und dachte, ich chatte dich mal an, weil du gerade online bist. Ich war mal mit Elli im Café Bley verabredet, sollte auch ’ne rote Rose mitbringen. Sie ist aber nicht aufgetaucht.
Hast du danach noch etwas von ihr gehört?
Ja. Sie hat sich entschuldigt, hatte einen schlimmen Zwangsschub, deshalb konnte sie nicht kommen. Warum willst du das wissen?
Ich suche sie! Weißt du, wo sie ist?
Nein, leider nicht. Wir haben uns noch eine Weile geschrieben, dann ist sie irgendwann einfach verschwunden und hat auch auf meine Mails nicht mehr geantwortet.
Marie überlegt. Was soll sie noch fragen? Sie versucht es ganz direkt.
Unter was für einem Zwang leidest du?
Keine Antwort. Das Chat-Fenster bleibt leer.
Bist du noch da?
Ja. Aber das möchte ich nicht so gern sagen.
Damit ist klar, welcher Zwang es ist.
Hast du aggressive Gedanken?
Wieder dauert es einen Moment, ehe Herzelfe eine Antwort tippt.
Ja.
Ich auch.
Schöne Scheiße, oder?
Das kannst du wohl sagen!
Und warum suchst du jetzt Elli?
Ja, warum? Was soll sie schreiben? Wie einer Fremden erklären, weshalb das für sie wichtig ist? Und warum sie so verwirrt darüber ist, dass Elli sich mit Mitgliedern aus dem Forum treffen wollte und dann nie aufgetaucht ist. Soll sie einfach so, im Internet, jemandem alles erzählen? Einem Menschen, von dem sie gar nicht weiß, ob er wirklich das ist, was er vorgibt zu sein? Der Chat-Ton erklingt, jetzt ist es an Herzelfe , zu fragen, ob Marie noch da ist. Sie holt tief Luft und fängt an zu tippen.
Es klingt alles etwas komisch, aber ich habe mir auch mit Elli geschrieben, wollte mich mit ihr treffen, aber sie ist nicht gekommen. Danach haben wir uns weiter geschrieben, aber irgendwann ist etwas Schreckliches passiert, ich konnte nicht mehr ins Netz und jetzt
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