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Alles muss versteckt sein (German Edition)

Alles muss versteckt sein (German Edition)

Titel: Alles muss versteckt sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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nicht, was passiert da mit mir?« Aber ich bekam keine Antwort, keine einfache und logische Erklärung für das alles, es erklang kein amüsiertes, kein abwiegelndes Lachen, kein »Ach, Kind, das ist doch nur halb so wild, mach dir keine Sorgen«. Nein, Mama starrte mich nur an. Erschrocken, verstört – angewidert.
    »O Gott«, flüsterte sie. »O Gott!« In ihrer Miene spiegelte sich Angst wider, dieselbe Angst, die auch in mir wütete und die ich so gern losgeworden wäre, hier an diesem Küchentisch. » O Gott!«
    »Mama, bitte, hilf mir!«
    »Erzähl das bloß keinem!« Schnell war meine Mutter wieder Herrin der Lage. »Auf gar keinem Fall darfst du das jemandem erzählen, hörst du? Keiner darf wissen, was mit dir los ist. Nicht auszudenken, wenn das jemand erfährt!« Sie schrie fast, und ein unausgesprochenes »Was sollen die Leute denken?« schwang in ihren Worten mit. Sie schlug beide Hände vors Gesicht, rieb sich die Augen wie jemand, der ein Trugbild verscheuchen will und erwartet, dass es allein durchs Reiben verschwindet.
    »Was soll ich denn bloß tun?«
    »Ich weiß es nicht.« Mama legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Gut«, sagte sie dann. »Meld dich zuerst einmal krank. Im Moment darfst du auf gar keinen Fall zur Arbeit gehen. Stell dir vor, du tust einem der Kinder etwas an, nicht auszudenken!« Aber genau das stelle ich mir ja vor, hätte ich am liebsten geschrien, genau das ist doch das Problem! Doch ich schwieg, hörte weiter zu und ließ mich instruieren. »Wenn das jemand mitbekommt, bist du sofort deinen Job los. In diesem Zustand bist du ja eine Gefahr für alle!« Ich nickte, ja, eine Gefahr für alle, das war ich. »Vielleicht verschwindet das auch wieder«, sagte meine Mutter, ohne dabei allzu hoffnungsvoll zu klingen, »vielleicht brauchst du einfach nur noch mehr Ruhe und musst dich länger erholen.«
    »Ja, das kann sein.« Ich klang genauso hoffnungslos wie Mama. »Vielleicht sollte ich zu einem Arzt gehen?«
    »Auf gar keinen Fall!«, fuhr meine Mutter mich an. »Bist du noch ganz bei Trost?« Ich zuckte zusammen, dachte an Celia und die umgestoßene Limonade und daran, dass ich eben nicht ganz bei Trost war, dass ich aber so gern ein bisschen Trost, ein bisschen Zuspruch und Zuversicht bekommen würde.
    »Aber vielleicht kann ein Arzt … «
    »Um Himmels willen, nein! Die sperren dich doch weg, ist dir das denn nicht klar? Wenn du jemandem erzählst, was du für Gedanken hast, was glaubst du, was dann passiert? Man kann doch einen Verrückten nicht einfach so frei durch die Gegend laufen lassen, wir sind hier ja nicht in Amerika! Die werden dich in eine Klapsmühle stecken, damit du niemandem etwas antun kannst, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche!«
    Nun ist es an Dr. Falkenhagen, erschrocken und verstört zu wirken, aber wenigstens sieht er dabei nicht angewidert aus. Marie entdeckt sogar ein wenig Mitgefühl in seiner Miene, das Mitgefühl, das sie damals bei ihrer Mutter vergeblich suchte.
    »Natürlich war die Reaktion Ihrer Mutter vollkommen falsch«, sagt er. »Das, was Sie erlebt haben, war ein erster Ausbruch Ihrer Zwangsgedanken, ein erster und sehr schwerer Schub.«
    »Das weiß ich heute auch. Aber damals war ich komplett ahnungslos und hatte einfach nur riesengroße Angst.«
    Der Arzt nickt. »So geht es den meisten, die so etwas erleiden müssen, sie sind verunsichert. Und sie tun alles, um es vor anderen Leuten zu verheimlichen, es zu verstecken, weil sie nicht wissen, dass diese Gedanken im Grunde genommen harmlos sind.«
    »Harmlos?« Marie schüttelt den Kopf. »Ich habe Patrick ermordet, habe ihn mit siebenundzwanzig Messerstichen getötet!«
    »Ja. Aber nicht, weil sie an einem Zwang leiden.«
    »Was ist es dann? Was hat mich zu einer Mörderin gemacht? Ich begreife das einfach nicht!«
    »Genau darum sind wir hier, um es miteinander herauszufinden«, sagt er und lächelt freundlich, beinahe zuversichtlich. »Ich vermute einen psychotischen Schub, das haben ja auch schon die Gutachter gemutmaßt. Aber bisher erlebe ich Sie nicht psychotisch, Sie erscheinen mir im Gegenteil sogar überaus klar. Und deshalb müssen wir nach der Ursache suchen, nach dem Grund für Ihre Tat, nach dem Auslöser.«
    »Überaus klar?«
    Er nickt. »Da ist kein wahnhaftes Erleben, keine Anzeichen für Halluzinationen, keine Ichstörung, nicht mal ein Hinweis auf formale oder inhaltliche Denkstörungen. Nichts davon.« Er macht eine Pause. »Jedenfalls jetzt

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