Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
für die Umwelt) es wirklich wert, dass wir unseren Lebensraum, den wir für unsere Gesundheit, unser Wohlergehen und unsere Sicherheit brauchen, in Gefahr bringen?
Wenn wir wählen müssten – und ich denke, das müssen wir in gewisser Weise –, hätten wir dann lieber einen Planeten, der im Müll erstickt, oder Meeresschildkröten und Kinder ohne Chemie im Körper?
Zugegebenermaßen hatte ich nicht so sehr die Rettung der Schildkröten im Kopf, als ich mich an jenem Nachmittag Ende November auf den Weg machte, die Zutaten für unser erstes müllfreies Mahl zu besorgen, sondern diese coolen französischen Einkaufsnetze, von denen ich mir unbedingt ein paar besorgen wollte.
Ich rief Michelle an und fragte sie, ob sie zum Abendessen lieber Omelette oder Tofupfanne haben wollte. Ganz im Geiste der wahren Öko-Aspirantin entschied sie sich für die Tofupfanne. Also machte ich mich als Erstes zum nahe gelegenen Whole Foods am Union Square auf.
Unten im Erdgeschoss erklärte ich einem Verkäufer, was ich suchte – und es war nicht der Tofu. »Sie wissen schon«, sagte ich, »diese Taschen, die aussehen wie Fischernetze, aber mit Henkeln.«
Der Verkäufer sah mich verständnislos an.
Ich holte Luft, um es ihm noch einmal zu erklären, doch er brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen.
Nein, erklärte er, was immer ich auch suchte, bei WholeFoods würde ich es nicht finden. Sie hätten nur schwarze, stoffähnliche Tragetaschen aus wiederverwertetem Plastik. »Aber nichts aus, ähem, Fischernetzen.«
Ich ging zu Bed, Bath & Beyond. Fehlanzeige. Zum Container Store. Fehlanzeige. Zum Home Depot. Fehlanzeige. Ich lief die Sixth Avenue rauf und den Broadway wieder runter und erzählte jedem Verkäufer, der mir unter die Augen kam, von den Einkaufsnetzen, die sie in Frankreich benutzten. Doch ohne Erfolg.
Plötzlich war es fünf Uhr. Ich musste Isabella von Peggy abholen, unserer Tagesmutter. Die zwei Stunden, die ich für den Einkauf veranschlagt hatte, waren um. Als ich zu Hause war und aus dem Fenster schaute, sah ich, dass in den Bäumen unter mir drei Plastiktüten hingen. Ich ließ den Blick durch die Wohnung schweifen und stellte fest, dass quasi überall Tüten und Taschen lagen, die ich für meinen Einkauf hätte verwenden können – einschließlich der Stofftaschen, die ich in meinem letzten Anfall von Umweltbewusstsein gekauft und dann irgendwo im Schrank verstaut hatte.
Michelle kam von der Arbeit nach Hause. »Ist das Abendessen fertig?«
Ich sah sie niedergeschlagen an. Ich hatte keinen Tofu, und es gab auch keine Tofupfanne. Wieder riefen wir bei Big Enchilada an. Wieder bestellten wir uns etwas zu essen. Wieder füllte sich unser Mülleimer mit Plastikbehältern.
Da die Behälter etwa 1000 Jahre halten, ging mir durch den Kopf, dass ich ja eine Nachricht hineinlegen könnte, die dann vielleicht eines fernen Tages von meinen Urururururenkeln gefunden würde. Der Text würde lauten: »Liebe Nachfahren, tut mir leid wegen der Schildkröten.«
Wenn das Ziel darin besteht, die Müllsäcke leer zu behalten, die zuvor mit Essensbehältern vollgestopft waren, ist es wenig hilfreich, den Einkaufswagen mit in Plastik eingeschweißtem Gemüse, Pasta in Pappkartons, Joghurt in Bechern und Eiern in Kartons zu füllen. Verpackte Lebensmittel kamen also nicht in Frage. Als ich am nächsten Morgenaufwachte und das Einkaufen (und zwar nur Lebensmittel, sonst nichts!) zu meinem wichtigsten Tagesordnungspunkt erklärte, war mir klar, dass ich mich auf die Suche nach lose verkauften Nahrungsmitteln machen musste.
Also schnappte ich mir meine lange vernachlässigten Stofftaschen und ging zu dem Bioladen, wo ich mein Plastik-oder-Papiertüten-Dilemma erlebt hatte. Integral Yoga Natural Foods, wie der Laden sich nennt, wird von den Anhängern eines gewissen Sri Swami Satchidananda geführt. Dort gibt es etliche Produkte, die lose in Großbehältern angeboten werden und die man sich mit Hilfe einer kleinen Schaufel abfüllen kann.
Wenn man jedoch vor lauter Großbehältern mit Pasta, Reis, getrockneten Algen, Rosinen und dergleichen steht, stellt sich die Frage, wie man das Zeug nach Hause kriegt. Man kann sich den Vollkornreis ja schließlich nicht in die Taschen stopfen. Normale Leute – die die Müllvermeidung nicht zu ihrem Lebensziel erkoren haben – nehmen einfach Plastiktüten, die man sich von einer Rolle abreißen kann. Aber nach dem Enchilada-Rückfall am Abend zuvor lagen mir die toten
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