Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
Buch
Gone Tomorrow: The Hidden Life of Garbage
ausführt, dass rund achtzig Prozent unserer Produkte nur zum einmaligen Gebrauch hergestellt werden. So trivial dieses eine Stück Papier erscheinen mag, es steht für eine Vielzahl von individuellen und gesellschaftlichen Entscheidungen, die wir jeden Tag treffen, Entscheidungen, die bedeuten, dass wir dem Planeten Rohstoffe entziehen und sie nach kurzem Gebrauch auf die Müllkippe oder in die Müllverbrennungsanlage schicken.
Und wo wir gerade beim Müll sind: Laut der amerikanischen Umweltschutzbehörde wandern in den Vereinigten Staaten jedes Jahr allein 4,8 Millionen Tonnen Papierservietten, Papiertücher, Pappbecher und Pappteller auf den Müll. Ich weiß nicht, warum es mir vorher nie aufgefallen ist, aber diese 4,8 Millionen Tonnen Papier bedeuten 4,8 Millionen Tonnen tote Bäume.
Tote Bäume. In denen zum Beispiel die Vögel und die Streifenhörnchen meiner Großmutter leben könnten. Und, was für uns Zweibeiner noch viel wichtiger ist, in denen der Planet eine Riesenmenge Kohlendioxid speichern könnte, die stattdessen in die Atmosphäre aufsteigt und zum Treibhauseffekt beiträgt. Denn wie sich zeigt, ist es manchmal wichtiger, woher unser Müll kommt, als wohin er geht. Und wie wir ihn herstellen, kann wichtiger sein, als wie wir ihn wieder loswerden – vor allem wenn es ein Wegwerfprodukt zur einmaligen Benutzung ist wie mein vollgeschneuztes Stück Klopapier.
Nach Angaben des Natural Resources Defense Council, einer gemeinnützigen New Yorker Umweltschutzorganisation, mäht Kimberley-Clark, einer der zahlreichen Großhersteller von Papierprodukten, jedes Jahr eine halbe Million Tonnen Bäume in Kanadas naturgewachsenen Wäldern nieder. Gleichzeitig konsumiert die Welt solche Mengen von Papiertischdecken, Partyhüten – und natürlich Druckerpapier –, dass dafür am Amazonas jede Minute ein Stück Regenwald in der Größe von neun Fußballfeldern abgeholzt werden muss.
Die beiden größten Faktoren für den Klimawandel sind erstens die Verbrennung von fossilen Treibstoffen und zweitens die Zerstörung der Wälder. Die Wälder sind die Lunge des Planeten, nur dass sie keinen Sauerstoff einatmen wie wir, sondern das schädliche Kohlendioxid. Die Bäume könnten helfen, uns vor uns selbst zu retten. Wir müssen nur aufhören sie zu fällen, um unsere Bagels darin einzupacken.
Nach Auskunft der Forstverwaltung nehmen allein die Wälder in den Vereinigten Staaten pro Jahr 827 Millionen Tonnen Kohlendioxid auf, das entspricht fast zehn Prozent des landesweiten CO2-Ausstoßes. Ganz zu schweigen davon, dass Wälder zahlreiche andere ökologische Aufgaben erfüllen. Unter anderem bieten sie Tieren einen Lebensraum, verhindern Bodenerosion und helfen bei der Versorgung mit Trinkwasser.
Als ich die Fakten kannte, erschien es mir nicht mehr sotrivial, womit ich mir an dem Morgen die Nase geputzt hatte. Für mich wurde dieses Stück Klopapier zu einem Symbol für meinen Wegwerflebensstil. Es repräsentierte die Tatsache, dass ich jahrelang Wegwerfprodukte benutzt hatte, die mich vermutlich nicht wesentlich glücklicher gemacht hatten und unseren Planeten erst recht nicht.
Das sind die Dinge, die mein Müll mir über mein Leben verraten hat.
4.
Warum muss Pizza auf Papptellern serviert werden?
In unserer Anfangszeit, als wir uns gerade kennengelernt hatten, kochte Michelle ihr »Stammessen« für mich, Spaghetti Carbonara. Kerzenlicht schimmerte, der Tisch war wunderschön gedeckt. Dann stellte sie einen Teller vor mich hin, in dem halbgare, fast noch knirschende Spaghetti in einer Pfütze dünner Sahne schwammen.
»Lecker«, sagte ich pflichtbewusst.
»Ich glaube, ich habe irgendwas vergessen«, sagte Michelle.
»Die Eier?«, äußerte ich vorsichtig.
Michelle errötete. »Eigentlich kann ich gar nicht kochen.«
»Es ist wirklich lecker«, wiederholte ich.
Als wir mit dem Experiment begannen, erwogen wir aus reinem Selbsterhaltungstrieb gar nicht erst die Möglichkeit, dass Michelle das Kochen übernehmen könnte. Aber es half nichts, wenn wir unsere beschämenden neunzig Liter Müll am Tag verringern wollten, mussten wir auf Liefer- und Take-away-Gerichte verzichten, die in Wegwerfbehältern aus Plastik, Pappe und Styropor verpackt waren. Ich würde mir – o Schreck, o Graus – angewöhnen müssen, Lebensmittel einzukaufen und zu kochen. Ich. Ich ganz allein und höchstpersönlich.
»Außerdem ist es ja dein Experiment«, hob Michelle
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