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Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Titel: Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Beavan
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meiner Großeltern? Nein. Aber es bleibt die Frage, wie wir eine solche Lebenseinstellung mit der Tatsache unter einen Hut bringen, dass der Planet, den wir für unser Wohlergehen brauchen, bereits so ausgeraubt ist. Der Trick wird wohl – zumindest zum Teil – darin bestehen, ein umweltschonendes Leben so leicht wie nur möglich zu machen. Wir müssen Herstellungsprozesse, Energiequellen und Materialien finden, die unseren Planeten nicht so tiefgreifend schädigen. Dann kann Michelle ihren Saft haben und gleichzeitig den Erfolg ihrer Familie beweisen.
    Doch bisher ist unsere Kultur ein riesiger Moloch, der blindlings alle Ressourcen konsumiert. Und da versuche ich, die arme Michelle davon zu überzeugen, dass sie anders leben und damit in gewisser Weise auch die Kultur ihrer Familie verwerfen soll. Ist das richtig?
    Außerdem frage ich mich: Was ist so toll daran, im Recht zu sein, wenn man dadurch alleine dasteht?
    Der Saft ist Michelles Version des französischen Einkaufsnetzes. Sosehr man auch versucht, das Universum des Konsums zu verlassen, irgendwie landet man immer wieder mittendrin in dem altbekannten Sog, etwas zu kaufen, umsich zu trösten, etwas zu essen, um abzunehmen, etwas zu konsumieren, um nicht nachzudenken. Aber an dem Tag brachte ich es nicht über mich, etwas zu sagen.
     
    Meine Gedanken um diese Zeit herum:
     
Ich machte mir Sorgen, die Pizza-Episode könnte ein Anzeichen dafür sein, dass die gesamte Menschheit übermenschliche Selbstbeherrschung an den Tag legen müsste, wenn es darum ging, keine Ressourcen zu verbrauchen, die der Planet uns nicht geben konnte, ohne nicht wiedergutzumachenden Schaden zu nehmen. »Das Problem mit Leuten wie dir ist, dass du nicht einsehen willst, dass der Mensch im Prinzip nun mal egoistisch ist und sich niemals ändern wird«, bekam ich während des Experiments mehr als einmal zu hören. An diesem Tiefpunkt, als ich noch verbittert war wegen der Dinge, die ich nicht haben konnte, und mich mies fühlte, weil ich Michelle die Dinge verwehrte, die sie gerne haben wollte, dachte ich, vielleicht haben diese Leute recht. Vielleicht sind die Menschen wirklich einfach zu egoistisch.
Aber die Vorstellung, dass die Menschen – mich eingeschlossen – in erster Linie von Egoismus getrieben werden, widerspricht meiner gesamten Weltsicht und meinem Bauchgefühl. Die meisten von uns lieben ihre Kinder und wollen gut mit ihren Nachbarn auskommen. Die meisten von uns, sofern sie nicht von schrecklichen Lebensumständen, Alkohol oder Drogen beeinträchtigt sind, möchten anderen lieber helfen als schaden. Die meisten von uns wünschen sich Frieden und Harmonie für sich selbst und alle anderen. Die meisten von uns sind überzeugt, dass wir uns sorgsam um unseren Planeten kümmern müssen. Niemand von uns findet es toll, Rohstoffe zu verschwenden.
Außerdem geht es nicht darum, ob wir etwas wollen, sondern darum, ob das System das, was wir wollen, zur Verfügung stellen kann. Meine Lust auf die Pizza warnicht das Problem. Das Problem war, dass sie auf einem Pappteller serviert wurde. Unser System macht es uns buchstäblich unmöglich, die Dinge zu bekommen, die wir haben wollen, ohne dabei einen Haufen Müll, Umweltverschmutzung und Treibhausgase zu hinterlassen. Wenn Sie sich zum Beispiel in ein Fastfood-Restaurant setzen, springt der Müll Sie förmlich an: das Platzset aus Papier und die Papierserviette, der Strohhalm und die Strohhalmverpackung, das Getränk in der Einwegflasche, das Zierdeckchen aus Papier, der Essensbehälter aus Styropor, der kleine Plastikbecher mit Ketchup. »Sie werden das sicher merkwürdig finden«, habe ich schätzungsweise zu hundert Kellnern und Kellnerinnen gesagt, »aber ich bin gerade auf einem Müll-nein-danke-Trip, und ich habe meine eigene Stoffserviette mitgebracht. Würde es Ihnen sehr viel ausmachen, dieses Papierexemplar dorthin zurückzubringen, wo Sie es hergeholt haben?«
Nur weil Müll wie eine Flutwelle durch mein Leben schwappt, bedeutet das noch lange nicht, dass ich diese Flutwelle erschaffen habe. Müll und Umweltverschmutzung und Treibhausgase sind somit nicht das Ergebnis einer Fehlkonstruktion innerhalb der menschlichen Natur.
Aber als ich eine kleine Geschichte las, begriff ich, warum ich mich so schuldig und selbstsüchtig fühlte. »Die Menschen schaffen Umweltverschmutzung. Sie können sie auch verhindern.« Diese Botschaft stammt aus einem Werbespot der »Keep America Beautiful«-Kampagne, in dem ein amerikanischer

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