Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
erklärte sie. »Man fürchtet, dass sie sich in das wahre Leben einmischt und alles zerstört. Also hängt man sich lieber vor den Fernseher, weil das ungefährlicher ist, und verbringt sein Leben auf dem Sofa. Es kommt mir so vor, als hätte ich mein bisheriges Lebenverpennt. Und jetzt wache ich auf. Ich will nie wieder einen Fernseher.«
Ein paar Tage später kam mein Vater zu Besuch und fragte, was es mit den Sätzen an den Badezimmerwänden auf sich habe. Ich erklärte es ihm. Woraufhin er mich fragte, ob er auch etwas hinschreiben dürfte. »Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist«, schrieb er, auf unser Projekt bezogen.
Waren jetzt alle verrückt geworden?
Nachtrag zum Großen Windelexperiment: Michelle fing an, sich daran zu beteiligen. Sie hatte darüber nachgedacht, wie schädlich es wohl sein mochte, wenn Isabella 24 Stunden am Tag die Plastikwindeln auf ihrer Haut hatte. Oder, wie Lori Taylor von der Real Diaper Association es formuliert hatte: Wer weiß, welche Auswirkungen so ein aus Erdöl hergestelltes Kunststoffzeug auf Ihr Kind haben kann? Das klingt vielleicht ein bisschen paranoid, aber schließlich hat es schon genug Skandale um Schadstoffe in Babynahrung, Spielzeug und dergleichen gegeben. Von schädlichen Auswirkungen von Stoffwindeln aus biologischer Baumwolle ist hingegen bisher noch nichts bekannt.
Doch jenseits von wissenschaftlichen Analysen und elterlicher Besorgnis traf Isabella ihre Entscheidung schließlich selbst, denn eines Tages, als ich aus Faulheit eine der Plastikwindeln nehmen wollte, die noch im Schrank lagen, fing sie an zu zappeln und zu weinen.
»Will Bellas neue Windeln«, schluchzte sie.
Wenn ich den ganzen Tag mit einem in Plastik gewickelten Hintern herumlaufen müsste, ginge es mir wahrscheinlich ähnlich.
Und nun zu der vielleicht wichtigsten Entdeckung des gesamten Projekts. Damit meine ich die Auswirkungen, die die Abschaffung des Fernsehers hatte. Eines Sonntagnachmittags ging uns nämlich auf, dass der Fernseher uns nicht nur Zeit zum Kuscheln und Reden und Scharadespielen genommen hatte.
Ich saß ziemlich untätig im Wohnzimmer. Isabella lag in ihrem Bett und schlief. Dann ging die Wohnungstür auf, und Michelle kam herein. Im ersten Moment wussten Michelle und ich nicht so recht, womit wir uns amüsieren könnten. Dann fiel uns etwas ein. Ich werde das nicht weiter ausführen, aber wir hatten schließlich die schönste Art entdeckt, die Zeit auszunutzen, die wir früher vor dem Fernseher verbracht hatten.
Und jetzt wissen Sie, warum ein paar von meinen Freunden seit einer Weile versuchen, ihre Frauen zumindest von diesem Element des No Impact Project zu überzeugen.
7.
Ich konsumiere, also bin ich?
Die Phasen Müllvermeidung, CO2-freie Fortbewegung und umweltschonende Ernährung liefen, und nun war ich dabei, mir zu überlegen, wie wir möglichst umweltneutral mit Anschaffungen wie Kleidung, Spielzeug, Haushaltsgeräten und dergleichen umgehen konnten. Oder anders ausgedrückt: Wie konsumiert man ohne Konsequenzen für die Umwelt?
Als ich anfing zu recherchieren und Möglichkeiten auszuloten, stolperte ich immer wieder über das ungeschriebene Gesetz, dass man hier in den Vereinigten Staaten nur dann ein guter Bürger ist, wenn man möglichst viel konsumiert. Patriotisch zu sein bedeutet, einkaufen zu gehen. Wer sich mit seinen Kreditkarten verschuldet, sorgt dafür, dass die Wirtschaft floriert. Aber eines verstand ich dabei nicht – wieso sollen
wir
der Wirtschaft dienen? Ich hatte immer angenommen, dass die Wirtschaft dazu da war,
uns
zu dienen (obwohl gerade dies in der letzten Zeit etwas zu wünschen übrig ließ).
Laut allgemeiner Ansicht ist das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts etwas Gutes, zu dem wir alle unseren Beitrag leisten sollen. Ein wachsendes BIP ist angeblich ein Zeichen dafür, dass es uns allen gut geht. Doch bei meinen Recherchen stellte ich fest, dass der Gesundheitssektor umso mehr florierte, je mehr Leute Krebs bekamen. Der juristische Sektor wuchs umso mehr, je mehr Leute sich scheiden ließen. Und der Notfallsektor wuchs umso mehr, je mehr Naturkatastrophen es gab. Sollte es denn unser Ziel sein, einfach blindlings die Wirtschaft anzukurbeln? Oder sollten wir nicht vielmehr dafür sorgen, dass sie auf eine Weisewuchs, die zugleich unseren Lebensstil verbesserte und unsere Umwelt schützte?
Wirtschaftswachstum bedeutet nicht notwendigerweise, dass im Schnitt jeder mehr Geld in der Tasche
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