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Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Titel: Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Beavan
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hat und zufriedener ist. Es bedeutet auch nicht unbedingt, dass wir alle öfter in den Urlaub fahren oder uns Jetskis zulegen. Wirtschaftswachstum kann auch bedeuten, die gesamten Ersparnisse aufgrund eines schweren Schicksalsschlags ausgeben zu müssen.
    Es kann auch bedeuten, dass wir alle zehn Stunden am Tag arbeiten statt acht und dass wir Weihnachten doppelt so viel Geld für unsere Kinder ausgeben, um unser schlechtes Gewissen zu beruhigen, weil wir so wenig Zeit für sie haben.
    Seit 1950 ist das Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten um 550 Prozent gewachsen. Und wissen Sie, um wie viel der persönliche Glücksfaktor gestiegen ist? So gut wie gar nicht. Denn im Dienste einer florierenden Wirtschaft wohnen viele von uns nicht mehr in der Nähe ihrer Familie, sondern am anderen Ende des Landes, wo sie Arbeit gefunden haben. Manche von uns haben sogar zwei Jobs, um noch mehr kaufen zu können, und nehmen nur zwei Wochen Urlaub im Jahr, während die Europäer bis zu sieben haben. Wie viel Zufriedenheit bekommen wir im Gegenzug dafür?
    Und selbst wenn undifferenziertes Wirtschaftswachstum ein verlässlicher Indikator für ein besseres Leben wäre, so zeigt sich, dass vierzig Prozent dieses Wachstums direkt in die Tasche der reichsten ein Prozent unserer Bevölkerung wandern. So viel zu der Behauptung, vom Wirtschaftswachstum würden auch und gerade die profitieren, die es am dringendsten brauchen.
    All das wäre für mein Projekt vollkommen nebensächlich, wenn dieses Wachstum nicht davon abhinge, dass die Industrie massenhaft Dinge produziert, die wir kaufen sollen, und dabei Ressourcen aus unserem Planeten saugt, die dieser nicht mehr liefern kann. Das Wachstum, für das wiruns abrackern sollen, zieht uns also buchstäblich den Boden unter den Füßen weg.
    Es ist ein Teufelskreis. Wir schuften wie verrückt, um uns Dinge kaufen zu können, aber die Herstellung dieser Dinge zerstört den Planeten. Diese Tatsache deprimiert uns, also gehen wir einkaufen, um uns aufzumuntern, was dazu führt, dass wir noch mehr arbeiten müssen.
    Die Frage ist: Warum das Ganze? Vermutlich weil wir es so wollen, oder? Doch eine Untersuchung hat gezeigt, dass mehr als siebzig Prozent der Befragten sich wünschen, Weihnachten wäre nicht so kommerziell. Dennoch beteiligen sie sich jedes Jahr wieder an der Einkaufsschlacht. Erinnern Sie sich noch an die Psychologen, die die Ursachen für Zufriedenheit erforschen? Sie haben uns gesagt, dass die Anschaffung von Dingen nur eine vorübergehende positive Wirkung hat, während Verbundenheit, das Gefühl, einem höheren Zweck zu dienen, und die Ausübung unserer persönlichen Fähigkeiten uns dauerhaft glücklich macht.
    Das ist nicht als Moralpredigt gemeint. Ich mache diesen Zirkus ja selber mit.
    Während ich herumsaß und über »die Übel des Konsums« recherchierte, sah ich wie unter Zwang alle paar Minuten bei Technorati (einer Internet-Suchmaschine für Blogs) nach, wie oft mein Blog im Vergleich zu anderen besucht wurde. Wie viele Besucher waren es um 11.00 Uhr? Ich klickte den Zähler an. Und um 11.10 Uhr? Klick. Und um 11.15 Uhr?
    Wie »süchtig« ich in dieser Hinsicht war, wurde mir noch deutlicher bewusst, als ich einem Freund von dieser Marotte erzählte, und er wusste nicht mal, was Technorati überhaupt war.
    War das mein Lebenszweck? Ein gutes Rating bei Technorati zu bekommen? Und selbst wenn ich auf Platz eins wäre, würde mich das glücklich machen? Nein.
    Das Gefährliche ist dabei für mich, dass ich mich in solche Ziele verbeiße und dann irgendwann feststelle, dass ich einen Teil meiner begrenzten Lebenszeit für irgendwelchen Blödsinn geopfert und gleichzeitig durch meine Besessenheitmir selbst, anderen Menschen und dem Planeten geschadet habe, weil ich mich nicht um die Dinge gekümmert habe, die wirklich wichtig sind. Und wenn ich mich dann umsehe und feststelle, dass alle anderen um mich herum genau dasselbe tun, wird mir angst und bange.
    Wenn ich überzeugt wäre, dass es für mich – oder auch für andere – gut und richtig ist, würde ich einfach den Mund halten. Aber es ist nicht gut und richtig. Jedes Mal wenn ich Geld und Dinge und Leistung an erste Stelle setze, beschleicht mich der Gedanke, dass vermutlich niemand auf seinem Sterbebett sagen würde: »Ach, hätte ich mir doch bloß mehr Dinge gekauft.« Es ist das Endspiel, das mir Sorgen macht. Das beschäftigt mich immer mehr. Bin ich der Einzige? Oder denken andere Leute auch so?
    Während

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