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Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)

Titel: Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Beavan
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wem auch immer. Als wir auf den Krankenwagen warteten, war ich derjenige gewesen, der irgendwie weiter funktionierte, während Michelle zusammenbrach und beinahe ohnmächtig wurde. Hier im Wartezimmer war Michelle die Starke. Sie sprach das Gebet. Monate zuvor hatte ich einen Traum gehabt, in dem David, mein verstorbener Bruder, mir sagte, dass er Isabella immer beschützen würde.
    »David passt auf Isabella auf«, sagte Michelle zu mir. »David passt auf sie auf.« Dann kam ein Arzt aus dem Untersuchungsraum. Er lächelte.
    »Sie ist aufgewacht«, sagte er. »Wir mussten ihr ein Beruhigungsmittel geben, weil sie ständig mit unseren Stethoskopen spielen wollte. Und mit ihrem Gehirn ist alles in Ordnung.«
    Wir waren im Krankenhaus, es war drei Uhr morgens, und Isabella war bei Bewusstsein, wenn auch müde von dem Beruhigungsmittel. Ich drückte ihr einen lauten Schmatzer auf den Hals, und sie lachte, schwach zwar, aber sie lachte.
    Es war überstanden. Es ging ihr gut. Vielleicht Dehydrierung, meinten die Ärzte, vielleicht ein Virus, vielleicht – und das ist der Grund, weshalb sie keinen Tofu essen darf – eine allergische Reaktion auf die Sojamilch, die wir ihr gegeben hatten. »Das Gute ist, wir haben sämtliche Herz- und Hirntests durchgeführt, die es für Kleinkinder gibt. So wissen Sie jetzt zumindest, dass Sie ein perfektes Baby haben.«
    Doch so perfekt Isabella nach wie vor ist, mir kommen jedes Mal die Tränen, wenn ich diese Geschichte erzähle. Dann spüre ich immer sehr deutlich, was der Zen-Meister seinen Gästen in Minneapolis mit auf den Weg gab, nämlich dass das Leben endlich ist. Wir sind alle nur »Geliebte Besucher«. Und vor diesem Hintergrund lässt mich einfach die Frage nicht los, ob wir alle diesen Hang dazu haben, unser Leben – und damit auch die Ressourcen unseres Planeten – für unwichtige Dinge zu vergeuden.
     
    An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass ich bei all meinen Ausführungen darüber, dass Konsum uns nicht glücklich macht, nur die Leute meine, die es sich leisten können zu konsumieren. Natürlich gibt es jede Menge Menschen, die viel weniger haben, als sie brauchen, und denen es eigentlich zustünde, mehr zu konsumieren.
    Das ist eines der Dinge, die das ganze Thema Nachhaltigkeit so kompliziert machen. Bis zum Jahr 2050 wird es circa neun Milliarden Menschen auf diesem einen Planeten geben, aber nur eine Milliarde davon leben in der sogenannten Ersten Welt. Wir in den reichen Ländern sind bis dahin vielleicht in der Lage, umweltneutral zu leben, aber wenndie restlichen acht Milliarden sich unsere schicken neuen Solarpaneele und Windräder nicht leisten können und für ein besseres Leben Kohle verbrennen müssen, sind wir erledigt.
    Wir in den Vereinigten Staaten und Westeuropa müssen nicht nur einen Weg finden, Ressourcen zu sparen, sondern paradoxerweise auch erneuerbare Energien und nachhaltige Produktionsmethoden in die Entwicklungsländer exportieren, damit der Planet deren Konsumwachstum übersteht.
    Mir geht es nicht um das alte sozialistische Paradigma der Umverteilung des Besitzes. Mir geht es darum, dass wir – wie noch nie zuvor in der Geschichte – alle im gleichen Boot sitzen. Und wenn wir uns nicht gegenseitig helfen, das Boot flott zu halten, gehen wir alle gemeinsam unter.
     
    Damit wären wir bei der Herausforderung der vierten Projektphase, wie sie sich uns Mitte 2007 stellte: Wenn wir versuchen wollen, eine Art Gleichgewicht zwischen Lebensqualität und Ressourcenverbrauch zu erreichen, was bedeutet das für unsere Kaufgewohnheiten?
    Ist es überhaupt möglich, nicht zu konsumieren? Kommt man zurecht, wenn man nichts kauft? Nichts benutzt? Wenn Konsum »schlecht« ist, ist dann null Konsum gut? Knapp zwei Jahre später würde man uns mitteilen, dass unsere Wirtschaftskrise zum Teil durch mangelnde Verbrauchernachfrage verstärkt worden sei. Bedeutet das, dass Konsum doch etwas Gutes ist? Oder ist es falsch, wirtschaftliches und ökologisches Wohlergehen überhaupt auf eine Ebene zu setzen?
    Judith Levine, Autorin des Buches
No Shopping!
, hat ein Jahr lang nichts außer den absolut notwendigen Alltagsdingen gekauft. Allerdings konnte sie dabei auf eine große Anzahl von Dingen zurückgreifen, die sie in all den Jahren zuvor angeschafft hatte. Und sofern sie nicht zur Asketin oder Lumpensammlerin werden wollte, konnte sie das nicht weiter durchhalten, nachdem ihre »Vorräte« aufgebraucht beziehungsweise abgenutzt waren.
    So

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