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Alles Sense

Alles Sense

Titel: Alles Sense Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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wahr.
    Einer sagte: Na schön. Aber paß demnächst auf.
    Einer wiederholte: Dann sind wir uns also einig?
    Sie sahen zu Azrael auf, dessen Gesicht sich am Himmel zeigte. Eigentlich war es der Himmel.
    Azrael nickte langsam.
    Einer fragte: Nun gut. Wie heißt der Ort?
    Einer antwortete: Scheibenwelt. Wird auf dem Rücken einer riesigen Schildkröte durchs All getragen.
    Einer sagte: Ach, eine Welt von der Sorte. Ich verabscheue sie.
    Einer stellte fest: Schon wieder. Du hast schon wieder »ich« gesagt.
    Einer widersprach: Nein! Nein! Ausgeschlossen! Ich habe nicht »ich« gesagt. Oh, Mist…
    Das Wesen wurde zu einer Flamme und verbrannte auf die gleiche Weise wie eine Gaswolke: schnell und ohne häßliche Überbleibsel. Fast sofort nahm ein anderes Geschöpf seinen Platz ein, und es sah genauso aus wie sein Vorgänger.
    Einer sagte: Laßt uns das eine Lehre sein. Die Entwicklung einer Persönlichkeit bedeutet das Ende. Und nun… Brechen wir auf.
    Azrael beobachtete, wie sie fortflogen.
    Man kann kaum die Gedanken einer Entität erraten, die so gewaltig ist, daß man auf der Lichtgeschwindigkeit basierende Maßstäbe nutzen muß, um einen Eindruck von ihrer Größe zu bekommen. Wie dem auch sei: Azrael drehte seine enorme Masse, und mit Augen, die ganze Sterne aufnehmen konnten, hielt er inmitten von Myriaden Welten nach einer flachen Ausschau.
    Auf dem Rücken einer Schildkröte. Eine Scheibe – Welt und Spiegel der Welten.
    Es klang interessant. Und Azrael langweilte sich in seinem Kerker aus Jahrmilliarden.
     
    In diesem Zimmer fließt die Zukunft zur Vergangenheit und quetscht sich dabei durch das Nadelöhr des Jetzt.
    An den Wänden bilden Lebensuhren lange Reihen. Es sind keine Stundengläser, obwohl sie die gleiche Form haben. Es handelt sich auch nicht um Eieruhren von der Art, wie man sie von jedem beliebigen Urlaubsort als Souvenir heimbringen kann. Für gewöhnlich stammen sie von jemandem, der ebensowenig guten Geschmack hat wie ein Pfannkuchen aus Sülze.
    Sie enthalten nicht den üblichen Sand, sondern Sekunden, die das Vielleicht unablässig ins War verwandeln.
    Jede Lebensuhr hat einen Namen.
    Und das Zimmer ist voll vom leisen Zischen gelebter Leben.
    Man stelle sich diese Szene vor…
    Und dann denke man sich das langsam näher kommende Klacken von Knochen auf Stein hinzu.
    Eine dunkle Gestalt schreitet durchs Blickfeld des Beobachters und geht an den endlosen Regalen mit flüsternden Gläsern vorbei. Klick, klack. Hier steht ein Glas, dessen obere Hälfte fast leer ist. Knochenfinger greifen danach. Und nach einem anderen. Und nach einem weiteren. Und nach vielen mehr. Auswählen, auswählen.
    Ein ganz normaler Arbeitstag. Das heißt… Es wäre ein ganz normaler Arbeitstag, wenn es hier Tage gäbe.
    Es klickt und klackt, als die dunkle Gestalt ruhig und gelassen an den Regalen entlangwandert.
    Und dann bleibt sie stehen.
    Und zögert.
    Sie bemerkt eine kleine goldene Lebensuhr, die zwischen den übrigen kaum auffällt.
    Gestern hat sie noch nicht hier gestanden. Besser gesagt: Gestern hätte sie noch nicht hier gestanden, wenn die Realität dieses Ortes Platz fürs Gestern ließe.
    Knöcherne Finger greifen zu und halten die Lebensuhr ins Licht.
    Kleine Großbuchstaben kennzeichnen den Gegenstand mit einem Namen.
    Der Name lautet TOD.
    Tod stellte die Lebensuhr beiseite – und nahm sie erneut zur Hand. Der Sand der Zeit rieselte von der oberen Hälfte in die untere. Er drehte das Gefäß, um ganz sicher zu sein. Der Sand rieselte auch weiterhin, jetzt von unten nach oben. Tod hatte es nicht anders erwartet.
    Es bedeutete: Selbst wenn es hier Tage gegeben hätte – ihre Anzahl war plötzlich begrenzt.
    Weiter hinten bewegte sich etwas in der Luft.
    Tod drehte sich langsam zu einem Wesen um, das in der Düsternis undeutliche Konturen offenbarte.
    WARUM?
    Das Geschöpf antwortete.
    ABER ES SCHEINT… NICHT RICHTIG ZU SEIN.
    Das Wesen wies darauf hin, eine andere Ansicht zu vertreten.
    Tods Gesicht blieb völlig unbewegt, ein Umstand, der nicht zuletzt auf die geringe Flexibilität von Knochen zurückzuführen war.
    ICH WERDE EINSPRUCH ERHEBEN.
    Der Besucher erwiderte: Gerade er sollte wissen, daß es in solchen Fällen nie irgendeine Art von Berufung gab.
    Tod dachte darüber nach und meinte:
    ICH HABE MEINE PFLICHT IMMER SO ERFÜLLT, WIE ICH ES FÜR RICHTIG HIELT.
    Das Wesen schwebte etwas näher. Es erinnerte vage an einen Mönch in einem grauen Kapuzenmantel. Das wissen wir, sagte es.

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