Alles über Elfen (German Edition)

manchen Deutungen nach etwas Animalisches verleiht: ihre Ohren.

Spitz oder nicht spitz – Ist das hier die Frage?
    Möglicherweise zeigen Sie sich ein wenig verwundert darüber, dass ich die genaue Ohrenform der Elfen hier noch einmal kurz zur Diskussion stelle. Falls dem so sein sollte und Sie sich ein wenig perplex zeigen, dann haben Sie gerade an sich selbst ermitteln können, welche Bedeutung den Ohren der Elfen in unserem heutigen Bild von ihnen zukommt. Es ist gar eine der wenigen Schnittmengen zwischen Elfenhassern und Elfenliebhabern, dass beide für gewöhnlich davon ausgehen, die Ohren der Elfen seien spitz. Warum sollten die einen auch sonst stolz T-Shirts mit dem Sprüchlein »Elfen habe doofe Ohren« tragen und die anderen durch kleine Latexaufsätze ihre eigenen Lauscher an die der Elfen angleichen, sobald sie sich als das Objekt ihrer Liebhaberei kostümieren?
    In den filmischen Umsetzungen von Tolkiens Werken werden die Elfen auch mit spitzen Ohren gezeigt, was auf absehbare Zeit dafür sorgen sollte, dass sich an dieser anatomischen Auffälligkeit so schnell nichts ändern wird. In den Vorlagen zu den Leinwandspektakeln aus Tolkiens Feder sucht man dennoch vergebens nach einer Beschreibung eines spitzen Elfenohrs. Lediglich in einigen begleitenden Kommentaren und Unterlagen zu Tolkiens Schaffen wird man fündig. Dort nennt er das Ohr des Elfen »blattförmig«. Selbst mit dieser Angabe bliebe das wahre Aussehen des Elfenohrs noch etwas ungewiss, auch wenn die Botanik in ihrer Systematik viele spitze Blattformen kennt (wie etwa lanzen- oder speerspitzenförmige Blätter). Es sind ausgerechnet die sonst so unscheinbaren Hobbits, die uns etwas besser Auskunft darüber geben, wie das Elfenohr laut Tolkien beschaffen ist. Die Ohren der Halblinge bezeichnet er nämlich in einem anderen Kommentar als »leicht spitz zulaufend und elbisch«. Daraus können wir also getrost schließen, dass auch Tolkien die Elfen mit spitzen Ohren vor sich sah.
    Es wäre in diesem Zusammenhang jedoch trotzdem falsch, stellte man die Behauptung auf, Tolkien habe diese Eigenschaft der Elfen berühmt gemacht. Schon auf den zahlreichen erhalten gebliebenen Gemälden und Zeichnungen aus dem vorvergangenen Jahrhundert, in dem die Elfen in der Wahrnehmung der meisten Menschen auf Insektengröße schrumpften und den winzigsten Feengeschöpfen zugeschlagen wurden, sind sie sehr oft mit spitzen Ohren dargestellt. Als Tolkien die Elfen dann wieder auf eine respektablere Länge gezogen hat, blieben ihnen die spitzen Ohren erhalten und sind heute nicht mehr von ihnen wegzudenken. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Elfen in Wahrheit doch ganz gewöhnliche Menschenohren haben sollten, lässt sich dennoch erklären, wie sie in unserer Vorstellung zu ihren extravaganten Ohrmuscheln gekommen sind. In jener Phase ihrer Entwicklungsgeschichte, in denen sie mit den Feen verschmolzen, wurden Wiesen und Wälder als der natürliche Lebensraum der Elfen erachtet. Diesen teilten sie sich mit vielen anderen Wesen, an deren Existenz weitaus weniger Zweifel gehegt werden, und erstaunlich viele Waldtiere weisen mehr oder minder deutlich spitze Ohren auf. Dazu zählen unter anderem zwei Raubkatzen, die Wildkatze sowie der Luchs. Ein Teil des Verhaltens dieser Tiere – wie etwa die Scheu gegenüber uns Menschen und die leisen, schnellen Bewegungen auf der Jagd – könnte gleichsam auf die Elfen abgefärbt haben. Wer sich so gut vor Menschen verborgen halten kann, braucht spitze Ohren. Sozusagen Ohren wie ein Luchs. [Christiansen: Das Bild von spitzen Ohren, mit denen man ausgezeichnet hören kann, gibt es nicht nur im Deutschen. Im Englischen macht man die Ohren gar so spitz, dass man sich daran stechen könnte (»to prick one’s ears«)]
    Das ist auch nichts, worüber sich die Elfen beschweren könnten. Ihre Ohren strecken ihre schmalen, attraktiven Gesichter optisch noch weiter. [Plischke: Und sie sitzen ihnen auch in einem vernünftigen Winkel am Schädel. Will meinen: Die Spitzen zeigen nach oben. Warum ich das eigens erwähne? Nun, mit der wachsenden Begeisterung für das Fantasygenre, als dessen Begründer Tolkien gerne genannt wird, wurden die Elfen gewissermaßen in andere Kulturen »exportiert« – wie etwa nach Japan, wo sie bald auch als Zeichentrickfiguren auftauchten. In einigen Animes stehen ihnen die spitzen Ohren links und rechts waagerecht vom Kopf ab, was auf den ersten Blick durchaus bizarr – nein, sind wir ehrlich: