Alles über Elfen (German Edition)
reichlich Nachwuchs zu zeugen.
Entgegen aller Unkenrufe beruht die Attraktivität der Elfen allerdings nicht nur auf bloßen Äußerlichkeiten. Der Fall liegt etwas komplizierter: Bei vielen Beschreibungen von Elfen wird ihr Angesicht zur Ausdrucksfläche von Charaktereigenschaften, die sich (vermeintlich?) in ihren Zügen widerspiegeln. Über Glorfindel, der den Gefährten aus Bruchtal entgegenzieht, um sie vor den Ringgeistern zu schützen, heißt es bei Tolkien unter anderem, sein Gesicht sei »furchtlos und voller Frohsinn«. Glorfindels Weisheit wird durch seine hohe Stirn bezeugt, seine Kraft durch seinen starken – im Sinne von sehnigen – Arm. Diese Kombination aus positiven Eigenschaften findet sich auch bei Elrond: Er wirkt auf den Betrachter »verehrungswürdig« wie ein alter König und zugleich »rüstig […] wie ein kampferfahrener Krieger in der Fülle seiner Kraft«. Die Spuren seiner Erfahrungen, die ihn zu dieser Persönlichkeit gemacht haben – die guten wie die schlechten –, trägt er sichtbar auf der Stirn, wobei es sich wohl um eine äußerst poetische Umschreibung für Falten handeln dürfte. Trotzdem ist Elronds Antlitz dabei »zeitlos« – ein scheinbarer Widerspruch in sich. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass es genau diese sonderbare Befähigung der Elfen ist, Gegensätzliches in sich zu vereinen, die uns Menschen am meisten an ihnen fasziniert. Elfen können etwas sein, das wir selbst so nie sein könnten: körperlich jung und mit der Erfahrung eines langen Lebens gesegnet.
In keinem anderen physischen Merkmal tritt dieser Umstand Tolkien zufolge deutlicher zutage als in den Augen der Elfen. Es scheint mir kein Zufall, dass viele der von ihm beschriebenen Elfen graue Augen haben. Wir Menschen verbinden mit dieser Farbe gern Nebel und Schleier, Undurchsichtiges oder gar einen von Krankheit und Alter getrübten Blick. Nicht so bei den Elfen, die hier einmal mehr Widersprüchliches in Einklang bringen: Elronds Augen sind »grau wie ein klarer Abend«, die seiner Tochter Arwen verfügen über einen »nachdenklichen Blick« voll »Weisheit wie bei jemandem, der viele Dinge kennt, die die Jahre bringen«. Und über das Königspaar Celeborn und Galadriel heißt es, »ihre Augen waren scharf wie Lanzen im Sternenlicht, und doch tiefgründig, die Brunnen alter Erinnerungen.« [Plischke: Bei vielen anderen Elfologen, die ihre Erkenntnisse in Romanform verarbeitet haben, zeichnen sich Elfen vielfach dadurch aus, dass sie manchmal Augenfarben besitzen, die bei Menschen nicht vorkommen. Die Palette reicht hierbei von Purpur und Rubinrot bis hin zu Gold und Silber.]
Doch wir wollen nicht zu philosophisch werden. Wenn wir davon ausgehen, dass an den Elfen nach unseren Definitionen alles schön ist, [Christiansen: Widerspruch ist hier ja anscheinend zwecklos …] dann muss das auch für die Augen gelten, ohne dass wir zu metaphysischen Überhöhungen greifen müssten. Stützen wir uns also lieber wieder auf die Erkenntnisse der Attraktivitätsforschung:
Große Augen sind attraktiver als kleine Augen.
Leicht schräg gestellte Augen (also solche, bei denen das äußere Augenlid in einem kleinen Winkel höher sitzt als das innere) steigern die Anziehungskraft, wobei dieser Effekt erstaunlicherweise nachlässt, je älter der Betrachter des jeweiligen Gesichts ist. [Plischke: Kollege Wolf stützt sich hier übrigens auf die Daten von umfangreichen, nach wie vor laufenden Langzeitstudien, die am Institut für Psychologie der Universität Regensburg durchgeführt werden]
Diese Merkmale findet man tatsächlich bei vielen modernen Darstellungen des Elfen: große, leicht schräg gestellte Augen, die oft sogar etwas Katzenhaftes haben. Sicher spielt beim letzten Punkt die Ansicht, Elfen führten ein naturverbundeneres, urtümlicheres Leben ebenso eine Rolle wie ihre oben beschriebene Anmut, die nicht selten an die einer Raubkatze erinnert. [Christiansen: Das sind nun beileibe nicht die einzigen Wesenszüge, die sich Elfen mit Katzen teilen. Da wären noch die Unberechenbarkeit, mit der ihre Stimmung umschlagen kann, die Hinterlist, mit der sie auf Beutefang gehen, sowie der Hang zur Antriebslosigkeit, wenn einen die Umstände nicht spürbar zwingen, irgendeine Aktivität zu zeigen. Ich habe außerdem herausgefunden, dass Menschen, die Elfen mögen, auch signifikant häufiger Katzenbesitzer sind.] Die Elfen verfügen außerdem über eine weitere körperliche Besonderheit, die ihnen
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