Alles über Elfen (German Edition)

innere Lebensuhr abgelaufen ist und sein Körper den Belastungen des Daseins nicht mehr standhalten kann.«) bis hin zu geradezu esoterisch anmutenden Anschauungen (»Die Erfahrungen, die ein Elf sammelt, beschweren seine Seele nicht, sondern machen sie im Gegenteil immer leichter, bis sie schließlich so frei von allen Zwängen ist, dass sie aus dieser Welt in die nächste hinaufgleitet.«) Ich stehe jenen Ansichten nahe, die einen ganzheitlichen Ansatz vertreten: Wenn einen Elfen irgendwann der Eindruck beschleicht, er habe schon alles gesehen und alles erlebt, stellt sich in ihm buchstäblich eine gewisse Lebensmüdigkeit ein. Diese schlägt sich dann körperlich nieder, und er beginnt langsam zu vergehen.
    Unabhängig von den Gründen, weshalb ein Elf stirbt, belegen alle seriösen Forschungen, dass das Schöne Volk eine Reihe von Ausdrücken kennt, um das Lebensende eines seiner Angehörigen zu umschreiben. Eine kleine Auswahl aus unterschiedlichen Quellen:
wieder ins Licht eingehen
in den Nebel eintauchen
sich auf den Schwingen der Zeit in den Himmel erheben
den großen Traum träumen.
    Diese Liste ließe sich noch ein ganzes Stück fortsetzen. Interessant ist dabei, dass diese Formulierungen alle darauf hinweisen, dass ein gestorbener Elf prinzipiell keinen Leichnam zurücklässt. [Christiansen: Deshalb kann man wahrscheinlich auch noch so lange im Erdreich herumwühlen, ohne jemals auf einen Elfenfriedhof zu stoßen. Plischke: Sie machen es sich mal wieder zu leicht. Erstens sterben ja nicht alle Elfen eines natürlichen Todes, sondern einige werden sicher auch zu Opfern von Unfällen, Naturkatastrophen oder der Gewaltanwendung Dritter. Für solche Fälle werden die Elfen mit Sicherheit ihre eigenen Bräuche und Riten kennen, was den Umgang mit den sterblichen Überresten anbelangt. Aber zweitens ist es auch nicht auszuschließen, dass von den Toten im Zuge von Feuer- anstelle von Erdbestattungen Abschied genommen wird. Wird danach die Asche verstreut, anstatt sie in einer Urne aufzubewahren, bleibt von einem toten Elfen keine Spur zurück, die man als Archäologe noch auffinden könnte]
Und was kommt danach?
    Noch wesentlich interessanter ist jedoch, was die Elfen darüber denken, was mit ihrem Geist oder ihrer Seele nach dem Tod geschieht.
    In einigen elfischen Kulturen lautet die Antwort auf diese Frage: gar nichts. Das Ende des Lebens ist hier zugleich das Ende jeglicher bewussten Existenz. Diese Vorstellung birgt dabei anscheinend jedoch kaum Schrecken, und man begegnet ihr mit stoischer Gelassenheit. Die Dinge sind, wie sie sind. Sich vor dem Nichts zu fürchten, in das man geht, erscheint diesen Elfen ebenso unverständlich und zwecklos, wie darüber zu klagen, dass man vor seiner Zeugung ebenfalls nicht existiert hat. [Christiansen: Ich nehme an, dass einem das mit der stoischen Ruhe trotzdem sehr viel leichter fällt, wenn man potenziell ein paar Tausend Jahre alt werden kann und sein eigenes Leben nicht in Jahren oder Jahrzehnten messen muss]
    Zugegebenermaßen stellen diese »nihilistischen« Elfen jedoch eine Minderheit unter ihresgleichen dar. Tolkiens Elfen hegen da gänzlich andere Vorstellungen, die sie so vehement vertreten, dass es sich dabei mehr um ein Wissen als einen Glauben zu handeln scheint. Hat sich der Körper eines Elfen verflüchtigt, so Tolkien, reist seine Seele zu den Hallen von Mandos. [Plischke: Bei Tolkien ist das mit der genauen Verortung des Jenseits etwas verwirrend. Es liegt im Grunde in der stofflichen Welt (nämlich westlich des Großen Meeres), ist aber zugleich aus der stofflichen Welt entrückt. Denken Sie nicht zu lange darüber nach. Das macht nur einen Knoten ins Hirn] Dort verbringt sie dann eine Weile in tiefer Selbstreflexion, ehe sie sich so weit erholt hat, dass sie in die Welt zurückkehren kann. Falls der Elf dies möchte, kann er sich zu einer Wiedergeburt entscheiden und schlüpft dann in einem »Nachbau« seines Körpers zurück in die fassbare Existenz. [Christiansen: Wiedergeburt auf Bestellung. Ein sehr interessantes Konzept. Und dann auch noch in den gleichen Körper. Auf so was kann man nur als Elfe kommen, weil man sich dann ja in allen Belangen für so großartig hält, dass es gar nicht besser geht.]
    Auch viele andere Elfen – wilde wie höfische – sehen die Reinkarnation als einen festen Bestandteil ihres Daseins an, wobei nicht alle davon ausgehen, immer wieder in den gleichen Körper geboren zu werden. Einige glauben beispielsweise an