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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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der Navy.«
    »Vince«, sagte Eddins.
    »Was für einen anderen Schwager habe ich?«
    »Du hast ihn nur so lange nicht erwähnt.«
    Irene antwortete nicht.
    »Phil war auch in Harvard«, sagte Eddins.
    »Jetzt komm schon, Neil«, sagte Bowman.
    »Er hat die Hasty Pudding Show geschrieben.«
    »Nein, nein«, sagte Bowman. »Ich hab keine Pudding Show geschrieben.«
    »Ich war mir ganz sicher. Was für eine Enttäuschung. Hast du je von einem Schriftsteller namens Edmund Berger gehört?«
    »Ich glaube nicht. Hat er sie geschrieben?«
    »Nein, er ist bei mir im Büro vorbeigekommen. Er hat ein paar Bücher geschrieben, und jetzt schreibt er eins über die Kennedy-Ermordung. Glaubst du, das interessiert heute noch jemanden?«
    »Warum schreibt er dann darüber?«, sagte Irene.
    »Er kennt die wahre Geschichte. Kennedy wurde von drei kubanischen Scharfschützen ermordet, einer war auf dem Grashügel und zwei in dem Schulbuchdepot. Alle Augenzeugen stimmen darin überein. Kubaner?, hab ich gesagt. Woher wissen Sie das? Sie kennen ihre Namen, sagte er. Es war die CIA. Woher wusste Jack Ruby, wann Oswald aus der Zelle gebracht wurde? Jack Ruby! Wer zur Hölle war Jack Ruby?«
    »Ich weiß nicht. Ein Polizeiinformant«, sagte Bowman.
    »Vielleicht, meinte dieser Berger.«
    »Warum unterhalten wir uns darüber?«, sagte Irene.
    »Nehmen wir mal an, es wäre so, wie Berger sagt, und Oswald ist es nicht gewesen. Oswald hat wiederholt ausgesagt, er habe Kennedy nicht erschossen. Ich meine, natürlich. Warum sollte er es zugeben? Aber wie kommt es, dass die Polizei ihn sechs Stunden verhört hat, und es gibt keine Notizen? Weil die CIA sie vernichtet hat.«
    »Ich denke, über das alles wurde schon zur Genüge spekuliert«, äußerte sich Bowman.
    »Ja, aber nicht alles zusammengetragen. Nehmen wir Reverend King.«
    »Was ist mit Reverend King?«
    »Mehr als zunächst ins Auge fällt. Wer hat ihn erschossen?«, sagte Eddins – man sah, dass er das Gespräch genoss. »Jemand wurde verurteilt, aber wer weiß? Neulich erst hat mich ein Schuhputzer auf der Lexington gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, dass die Polizei dahintersteckt.«
    »Warum reden wir eigentlich darüber?«, sagte Irene.
    »Ich weiß nicht. Aber sie scheinen ja all diese Leute zu erschießen, Robert Kennedy, Huey Long.«
    »Huey Long?«
    »Das alles sind schwerwiegende Taten. Der dunkle Vorhang fällt, das ganze Leben verändert sich. Als Huey erschossen wurde, ich weiß noch, hat es den ganzen Süden erschüttert. Nicht eine Familie ist an dem Abend ohne Furcht ins Bett gegangen. Ich weiß es noch. Der ganze Süden.«
    »Also wirklich, Neil!«, rief Irene.
    »Was, Liebling? Genug davon? Verzeih.«
    »Alles, was du tust, ist reden, reden, reden.«
    Er spitzte die Lippen, als würde er darüber nachdenken.
    »Du zänkisches Weib«, sagte er.
    Sie verließ den Tisch. Es herrschte einen Moment Stille. Eddins sagte:
    »Ich muss noch mit dem Hund raus. Hast du Lust, mitzukommen?«
    Er schwieg im Aufzug nach unten. Sie liefen nicht weit, sondern gingen ins Farrell’s, eine Bar zwei Blocks entfernt, und nahmen nahe der Tür einen Drink im Stehen. Der Barkeeper kannte Eddins.
    »Weißt du, was ich mir immer vorgestellt habe? Erinnerst du dich an die Filme vom Dünnen Mann ? Ich stell mir immer vor, ich sitze mit meiner Frau an einer Bar – nicht wie hier, sondern etwas Eleganteres, weiter östlich gibt es so eine –, wir sitzen also und reden, nichts Besonderes, eben dies und das, jemand, der hereingekommen ist, oder wohin wir später noch gehen, was so passiert. Sie hat sich zurechtgemacht, hat was Hübsches an. Das ist noch so etwas, findest du nicht? Was sie anhaben. Ich zieh mich gerne gut an. Also, wir reden, alles schön und entspannt. Sie muss mal verschwinden, und während sie weg ist, bemerkt der Barkeeper ihr leeres Glas und fragt mich, ob meine Frau noch etwas trinken will. Ja, sage ich. Sie kommt zurück und bemerkt nicht einmal, dass es ein neuer Drink ist, sie hebt einfach das Glas und nimmt einen Schluck, irgendwas passiert, als ich weg war?«
    Es war immer noch nett mit Neil. Er hatte diesen gewissen aussterbenden Charme. Er konnte sein Leben wie eine Geschichte betrachten – den wirklichen Teil hatte er hinter sich gelassen, viel davon in seiner Kindheit und auch mit Dena. Über Irene sagte er:
    »Wir haben jeder unser Terrain.«
    Im Farrell’s war es düster, und der Fernseher lief. Die Theke zog sich durch den ganzen Raum. Sie standen

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