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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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da, jeder mit einem Fuß auf der Stange. Der Hund lag still und schaute ins Leere.
    »Wie alt ist er?«, sagte Bowman.
    »Ramsey? Acht. Eigentlich ist er Irenes Hund, aber mich mag er lieber. Wenn sie mit ihm rausgeht, zieht sie ihn immer hinter sich her. Sie wartet nicht. Er nimmt sich gerne etwas Zeit. Wenn sie sich fertigmacht, um mit ihm rauszugehen, bleibt er einfach liegen. Sie muss ihn rufen. Bei mir springt er auf und kommt direkt zur Tür. Ihr gefällt das nicht, aber was soll sie machen. Sie ist einfach nicht die, die er mag. Auf jeden Fall ist er nicht mehr so jung.«
    Er wollte fast sagen, er sei es auch nicht mehr, aber er dachte, er hätte genug gesagt. Er musste noch ein Stück mit Ramsay gehen. Er und Bowman verabschiedeten sich auf der Straße. Ramsey war im Dunkeln kaum zu sehen. Er war quadratisch, mehr oder weniger, und absolut schwarz. Sie mochten ihn in der chinesischen Wäscherei. Lambsey nannten sie ihn. In der Woche zuvor war Eddins nach Piermont gefahren, um Denas Grab zu besuchen, ihres und das von Leon. Der Friedhof schien leer, die endlose Stille dort. Er stand am Grab. Sie war seine Frau gewesen, und er hatte sie zum Zug gebracht. Er hatte keine Blumen dabei. Er ging und fuhr zum Blumenladen und kam mit einem Strauß zurück. Es gab keinen Grund, für irgendetwas zu beten. Er legte Blumen auf jedes Grab und verteilte die restlichen auf ein paar der umliegenden. Er las die Namen auf einigen, aber er kannte niemanden von ihnen. Er dachte an Dinge, die nur er und Dena wussten. Er begann zu weinen.
    In Piermont auf der Straße traf er zufällig die alte Bedienung aus dem Sbordone’s. Sie ging mit einer braunen Papiertüte in der Hand, einer schmalen Tüte. Eddins hielt sie an.
    »Veronica?«, sagte er.
    »Ja.«
    »Wie geht es dir?«
    »Entschuldigung?«
    »Erinnerst du dich nicht mehr? Ich war früher öfters im Sbordone’s, ich und meine Frau. Weißt du noch?«
    »Ja, jetzt weiß ich wieder.«
    »Sie ist gestorben. Ich bin dann weggezogen.«
    »Das tut mir leid, aber ich erinnere mich.«
    »Schade, dass die Bar geschlossen ist. Ich würd dir sonst einen ausgeben.«
    »Ich trinke nicht mehr. Außer auf Beerdigungen.«
    Sie berührte die Papiertüte.
    »Das ist nur, falls jemand plötzlich sterben sollte.«
    »Wirklich, du hast dich überhaupt nicht verändert«, sagte er. »Wenn ich fragen darf, bist du verheiratet?«
    »Nein«, sagte sie. »Früher habe ich mir gewünscht, ich wäre es.«
    »Ich auch«, sagte er.
    Es gab aber auch Joanna, das fette Mädchen, sie war wirklich ungeheuer fett, mit einer wunderbaren Persönlichkeit, die als Kassiererin in der Bank arbeitete. Sie war liebenswert und direkt, mit einer schönen Stimme, aber eben ohne Mann. Niemand kam auf den Gedanken, sie zu heiraten. Sie konnte Französisch. Sie hatte anderthalb Jahre in Quebec gelebt und dort studiert. In der ersten Woche war sie aus einer Laune heraus einem Chor beigetreten, und da war dann dieser Mann. Sein Name war Georges. Er war schon etwas älter und hatte eine Freundin, aber kurz darauf verließ er sie, und dann kam er mit Joanna zusammen. Sie ging in die Staaten zurück, aber er war Lehrer und auch Kanadier und konnte nicht weg. Zwei- oder dreimal im Monat kam er übers Wochenende nach New York. Das Ganze ging über neun Jahre. Sie war furchtbar glücklich und wusste, dass es irgendwann zu Ende wäre, aber sie wollte, dass es so lange hielt wie möglich, und sagte nichts. Im zehnten Jahr heirateten sie dann. Jemand erzählte Eddins, dass sie jetzt ein Kind erwarte.

24. Mrs Armour
    Sie kam allein ins Restaurant und stand eine Weile an der Bar, sie suchte nach etwas in ihrer Tasche. Schließlich fand sie es, eine Zigarette. Sie steckte sie zwischen die Lippen. Die Langsamkeit ihrer Handlungen war irgendwie furchteinflößend. Niemand beobachtete sie offen. Sie fragte einen Mann, der neben ihr saß:
    »Pardon. Haben Sie Feuer?«
    Sie wartete mit gewisser Haltung, bis er es herausgeholt hatte, dann trat sie nach vorne, um einen Tisch zu bekommen. Das Restaurant war voll, aber der Oberkellner konnte sie an einem kleinen Tisch nahe des Eingangs unterbringen. Dort bestellte sie eine Flasche Wein. Während sie wartete, klopfte sie die Asche ihrer Zigarette vorsichtig auf ihrem Teller ab.
    Das Restaurant hieß Carcassonne. Es war auch recht in Mode, der Name stand in zurückhaltenden Goldlettern auf der Scheibe. Es lag gegenüber vom großen Fleischmarkt und hatte etwas von den alten Restaurants in Paris

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