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Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Titel: Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Gorbatschow
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als die Probleme von Stawropol.
    Bevor ich mit irgendwelchen Fragen oder Papieren zu Jefremow ging, rief ich ihn gewöhnlich an. Doch einmal betrat ich sein Büro ohne Vorwarnung. Das Kinn auf die Fäuste gestützt, saß er am Tisch und schaute ins Leere. Ich ging auf ihn zu und setzte mich, aber die lastende Stille dauerte an. Er war so in seine Gedanken vertieft, dass er mich einfach nicht wahrnahm.
    »Leonid Nikolajewitsch, ist alles in Ordnung?«, fragte ich leise.
    Gleichsam zu sich gekommen, aber immer noch in Nachdenken versunken, sagte er: »Wie ist das möglich? Verstehst du, ich habe Kirilenko doch unterstützt, habe mich für ihn eingesetzt, und er hat kein einziges Wort zu meiner Unterstützung gesagt.«
    »Wovon reden Sie, Leonid Nikolajewitsch?«, fragte ich verständnislos.
    Endgültig zu sich gekommen, lächelte er und winkte ab. »Ach, nur so … Ich musste plötzlich an die Sitzungen des ZK -Präsidiums im Oktober 1964 denken. Was einem alles passieren kann!« So dramatisch und erschütternd gestalteten sich die zahlreichen Änderungen im Leben der Partei und unseres Landes nach dem Tod Stalins.
    Leonid Breschnews Wahl zum Ersten Sekretär des ZK der KPDSU kam unerwartet. Viele meinten damals, das sei ein Kompromiss und keine Entscheidung auf Dauer. Sowohl im Innern des Landes als auch im Ausland hatte man eher an Kosygin oder Suslow gedacht. Wenn aber mehrere zur Wahl stehen, einigt man sich am ehesten auf einen Kompromisskandidaten.
    So war die Lage im Oktober 1964 . Die Entscheidung war nicht vorherzusehen, denn die ZK -Mitglieder hatten keinen klaren Favoriten.

4 . Kapitel
    Schwierige glückliche Jahre
    Die Jahre von 1955 bis 1970 waren unerhört schwierige Jahre. Ich meine natürlich in erster Linie für Raissa und mich beziehungsweise für unsere ganze Familie. Schon wieder spreche ich von schwierigen, ja sehr schwierigen Jahren. Ohne Übertreibung, denn das waren Jahre, in denen wir im Grunde genommen ums Überleben kämpften. Und natürlich um unsere Stellung in der Gesellschaft.
    Sieben Jahre habe ich mich der Jugendpolitik gewidmet und sehr viel dabei gelernt. Wer in diesem Bereich etwas bewegen, erreichen, einen Erfolg vorweisen kann, hat wohl das Recht, seine Karriere in der großen Politik zu machen. Die anschließenden acht Jahre übte ich verschiedene Funktionen in der Partei aus. Zweifellos eine unersetzliche Erfahrung, die im Endeffekt den Horizont meiner Karriere bestimmte.
    Für Raissa waren diese Jahre besonders schwierig. Anfangs hatte sie gar keine Arbeit und war arbeitslos. Dank ihrer Hartnäckigkeit und meiner Unterstützung konnte sie jedoch ihren Wunsch, an der Hochschule Philosophie zu unterrichten, schließlich doch verwirklichen. Ihre Karriere verlief erfolgreich. Sie beendete die Aspirantur, schrieb ihre Dissertation in Philosophie und verteidigte sie am Pädagogischen Institut in Moskau. Thema waren Lebensbedingungen und Lebensweise der heutigen sowjetischen Bauern. In jenen Jahren gab es einen Aufschwung der russischen Soziologie.
    Nach etlichen Jahren der Unterdrückung erlebte sie eine Renaissance durch Gennadij Osipow, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, und Wladimir Jadow, Professor des Instituts für Soziologie. Auf Bitten Raissas und derer, die sie empfahlen, übernahm Osipow die Betreuung der Dissertation, und Raissa erwarb 1967 den Doktortitel. Zwei Jahre später verlieh ihr die Oberste Attestationskommission ( WAK ) den Titel einer Dozentin. Auf Raissas Arbeit an der Dissertation komme ich später zurück.
    Nachdem wir uns auf der Karriereleiter hochgearbeitet hatten, erhielten wir ausreichenden Wohnraum. Die finanzielle Situation unserer Familie besserte sich. Es gab einen Moment in unserem Leben, da hatte Raissa als Dozentin ein höheres Gehalt als ich. Aber schon bald ermöglichte es mein Aufstieg, »die Gerechtigkeit wiederherzustellen«. Unser Lebensstil änderte sich: Wir richteten unsere Wohnung ein, achteten mehr auf Kleidung und ernährten uns abwechslungsreicher. Ein einschneidendes Ereignis war der Kauf eines Fernsehers. Wir hatten uns aus den starren Fängen der Armut befreit. Auch unsere Tochter Ira, das kleinste und wichtigste Familienmitglied, gedieh und war immer um uns.
    Nach der Demonstration am 1 . Mai 1964
    Mit Freunden hatten wir Glück. Über dreißig Jahre lang waren wir mit den Familien Budyka und Warschawskij befreundet. Alexander und Lida Budyka, beide Ingenieure, kamen 1953 ins Stawropoler Land. Auf dem

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