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Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Titel: Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Gorbatschow
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Chruschtschow-Plenum des ZK vom September war beschlossen worden, 20 000  Industriespezialisten in die Landwirtschaft zu schicken. Alexander und Lida stammen aus dem Dongebiet, Michail Warschawskij kam aus Odessa. Wir verbrachten den größten Teil unserer Freizeit zusammen und halfen uns gegenseitig bei allem. Sie waren angenehme Menschen und tüchtige Spezialisten: Ärzte und Ingenieure.

    Mit den Freunden im Vorgebirge von Stawropol in den sechziger Jahren
    Alexander Budyka war der Einzige, den ich nach Moskau berief, in die Landwirtschaftsabteilung des ZK , wo er gute Arbeit leistete. Und als ein kompetenter Kandidat für den Posten des Ministers für Getreideprodukte gesucht wurde, empfahl ich ihn für dieses wichtige Staatsamt. Unsere Freundschaft hielt auch, als das Schicksal uns räumlich trennte. Wir waren in diesen Jahren sehr beschäftigt. Ich wollte darüber eigentlich gar nicht weiter sprechen. Aber ohne ein genaues Bild zu haben, kann man sich schwer vorstellen, wie ein Mann aus der hintersten russischen Provinz das höchste Staatsamt übernehmen konnte. Immer wieder begegne ich Leuten, die sich darüber wundern.
    Besondere Bedeutung für meine Laufbahn hatte die Arbeit im Regionalzentrum, in einer Stadt, die bis zum Anfang der sechziger Jahre in jeder Beziehung unterentwickelt war. Das wirkte sich auf die gesamte soziale Situation Stawropols aus, besonders was die Arbeitsmöglichkeiten für junge Leute betraf. Sie waren gezwungen, die Stadt zu verlassen. Meine Übernahme der Leitung des Regionalzentrums und Partei-Stadtkomitees fiel in die Zeit des 23 . Parteitags im Jahr 1966 . Eine der staatlichen Aufgaben, die der Parteitag in Angriff nehmen wollte, war die Entwicklung der kleinen und mittleren Städte, in denen die Mehrheit der russischen Bevölkerung lebte.
    Die Situation im ganzen Land besserte sich allmählich. Doch Stawropol hatte auch eine günstige geographische Lage. Die Ministerien bauten auf das südliche Klima und die guten natürlichen Bedingungen, und so machten sich Auftraggeber zu uns auf. Die Veränderung war in der Stadt zu spüren. Ein Entwicklungsplan über mindestens 25  Jahre wurde nötig. Er wurde erstellt und in Moskau bestätigt.
    Ich mochte die Arbeit als Sekretär des Stadtkomitees, denn ich war verhältnismäßig selbständig. Allerdings auch nur verhältnismäßig! Von richtiger Selbständigkeit konnte man nur träumen. Um im Zentrum der Stadt eine öffentliche Toilette bauen zu können, mussten die Behörden erst in Moskau anfragen, bei Gosplan, der Staatlichen Planungskommission.
    Wir richteten eine Bauabteilung ein. Das Wohnungsbaukombinat musste umstrukturiert und erweitert werden. Es ging nicht nur darum, den Wohnungsbau zu industrialisieren, sondern auch um eine Verbesserung der Qualität der Häuser – das war an der Zeit. In der Stadt wurden ein elektrotechnischer oder elektronischer Betrieb nach dem anderen hochgezogen, die größte Fabrik der UDSSR für Leuchtstoffe und chemische Reagenzien und Maschinenbaubetriebe.
    In diesem Zusammenhang stellte sich sofort das Problem der Ausbildung von Fachkräften für diese Betriebe. Auch dafür musste gesorgt werden. Nach einiger Zeit sah die Stadt aus wie eine Baustelle. Das war einerseits erfreulich, brachte aber auch viele Probleme mit sich: Wasserleitungen, Kanalisationsrohre, Trolleybus- und Telefonleitungen mussten verlegt werden. Die ganze Stadt war aufgerissen. Die Geduld der Stawropoler neigte sich dem Ende zu. Sie empörten sich darüber, die städtischen Behörden leisteten schlechte Arbeit. Aber zugleich war das eine tolle Zeit, voller Bauprojekte und Neuerungen im ganzen Leben der Stadt. Das Wichtigste bei der Lenkung dieses komplizierten Prozesses war der Parteimechanismus. Das Stadtkomitee der KPDSU verwandelte sich in einen riesigen Bebauungsstab. Andere Institutionen hätten das nicht leisten können, nur die Parteimacht konnte die Leute aufbieten und die Arbeit überwachen. So war das System eben.
    Schulen und Lehranstalten für Fachkräfte wurden gebaut und eine Filiale des Polytechnischen Instituts eröffnet, die später eine selbständige Institution wurde. Im Zentrum wurden die alten Bauten abgerissen. An ihre Stelle traten schöne moderne Gebäude: eine Buchhandlung, ein Theater, eine Schwimmhalle, ein Zirkus. Das Landeskundemuseum wurde umgebaut, und an Stelle des alten Marktes prangte ein Breitwandkino. Überdachte Kolchosmärkte wurden eingerichtet. Und so entstand eine moderne Stadt. Als

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