Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Titel: Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Potente
Vom Netzwerk:
eine verspiegelte Pilotenbrille. Er sah cool aus. Im Starbucks nebenan bestellte er sich einen doppelten Espresso. Entspannt schlenderte er an Geschäften und Pubs vorbei. Es waren nur wenige Passanten auf den Beinen.
    Zu dieser Tageszeit alleine herumzulaufen war ungewohnt für ihn. Einfach nur, um zu laufen. Kaffee zu trinken. Wieder erinnerte er sich an den Italienurlaub mit Liz. Dolce Vita. Er nahm sich vor, öfter Spaziergänge wie diesen zu unternehmen.
    Gut gelaunt schloss er die Haustür auf. Es war still und kühl im Haus. Keine Spur von Larry.
    Er bestellte beim Chinesen, holte eine Dose Bier und Zigaretten. Dann nahm er »Moby Dick« zur Hand. Es war bestimmt zehn Jahre her, dass er ein Buch aufgeschlagen hatte. Heute war der Tag der kleinen Neuanfänge.
    »Nennt mich Ismael. Ein paar Jahre ist’s her – unwichtig, wie lange genau –, da hatte ich wenig bis gar kein Geld im Beutel, und an Land reizte mich nichts Besonderes.«
    Er war sofort gebannt. Fast hätte er das Klingeln des chinesischen Lieferservices überhört.
    Er war auf der Couch eingeschlafen, als Larry hereintaumelte. Melville lag noch aufgeschlagen auf seinem Schoß.
    Larry hob beschwichtigend die Hände. »Schon gut, easy … ich bin’s nur«, sagte er. Er hatte Lippenstift am Kinn. Sein Gesicht war gerötet. Er war angetrunken.
    Tim freute sich, Larry zu sehen. »Hattest du Spaß?«
    »Ja, hatte ich. Tut mir leid!« Die Hände in die Hüften gestemmt, stand er da. Weißes Hemd, drei Knöpfe offen wie immer, dunkelblauer Anzug und rotes Einstecktuch. »Weißt du, ich dachte, wir haben Spaß zusammen. Jetzt, wo du alleine bist, wo du arbeitslos bist, kommt der alte Larry und kocht Kaffee für dich, macht die Abende klar, lenkt dich ab. Was ein guter Fraynd so macht. Aber wenn der alte Larry zum Abschied ’ne Party schmeißen will, ist das plötzlich nicht okay, hä?«
    Tim hatte keine Lust, weiter zu streiten. Wollte jemandem vom Termin beim »Guitar Centre« erzählen.
    Er stand auf und umarmte Larry. »Tut mir leid, alter Freund. Komm, setz dich. Wir trinken noch einen zusammen.«
    Larry sträubte sich. »So einfach ist das nicht.« Er verschränkte die Arme. »Ich bin gekommen, um zu packen, und dann gehe ich.«
    Shit. Larry meinte es ernst.
    Tim war nicht gut darin, sich zu entschuldigen, aber er versuchte es trotzdem. »Larry, es tut mir leid. Du hast recht, ich habe mich wie ein Arsch verhalten.« Es war nicht leicht, das zuzugeben.
    »Du hast mir, ehrlich gesagt, gefehlt.« Er spürte Larrys Erstaunen. Zumindest hörte er ihm jetzt zu.
    »Es war fürchterlich still im Haus. Bleib wenigstens noch ein oder zwei Nächte. Lass uns feiern. Okay?«
    Larrys Mundwinkel zuckten. Er schien erleichtert. »Ehrlich gesagt, der Abend heute war scheiße. Hast gefehlt, mein Fraynd!«
    Tim lachte. »Ich hab dein Bier getrunken und ›Moby Dick‹ angefangen.«
    Sie stießen an, und Larry rülpste laut.
    »Scheiße, Alfie kommt morgen schon!« Unsicherheit schwang in seinen Worten mit.
    »Ach was, den kriegen wir schon hin!« Tim klang überzeugter, als er war.

17
    »Wie viele Leute kommen eigentlich?«
    Im Wohnzimmer bauten Mädchen vom » LA fresh«-Catering silberne Tabletts mit Häppchen auf. Oliven, verschiedenes Brot, Käse, Schinken, gegrillte Hühnerschenkel, Dips und Chips. Larry hatte nicht geknausert. Dem Catering nach zu urteilen, hatte er hundertfünfzig Leute eingeladen.
    »Ungefähr fünfzig.« Er senkte die Stimme. »Aber das ist ’ne Drogenparty. Lass die alle erst mal high sein, was meinst du, wie schnell das Buffet leer ist.«
    »Drogenparty?«
    Larry zog Tim ins Bad, holte einen großen Gefrierbeutel hinter der Toilette hervor. »Speed, Koks, Pilze, Ecstasy … ich habe alles da. Komm, wir probieren ’ne Runde!«
    Larry baute zwei lange Linien aus feinem weißem Pulver auf dem Klodeckel. Rein technisch gesehen, ging die Party jetzt los. Mit einer Eindollarnote zogen sie die Lines hoch. Tims Knie knackten, als er sich ächzend erhob. Er kniff die Augen zusammen. Er spürte den bitteren Nachgeschmack die Kehle heruntertropfen. Es war lange her, dass er gekokst hatte. Kleine weiße Blitze tanzten vor seinen Augen.
    Fuck! Das Zeug war gut. Er fühlte sich leichter. Klar. Unverwundbar. Er setzte die verspiegelte Pilotenbrille auf. Es würde eine Jahrhundertparty werden!
    Sie versteckten den Beutel im Toilettenspülkasten im Bad.
    Es war noch keine fünf Uhr.
    Er schleppte mit Larry Wein und harten Alkohol ins Haus und

Weitere Kostenlose Bücher