Allwissend
zu können.«
»Wie schwierig kann es schon sein, ihn aufzuspüren...«, setzte Caitlins Mutter an, als könnte sie nicht anders, doch Dances strenger Blick ließ sie verstummen.
»So, Sie und Travis haben sich unterhalten, richtig?«, fuhr Kathryn fort. »An dem Abend.«
»Nicht wirklich.«
Dance runzelte leicht die Stirn und blätterte in ihren Notizen.
»Na ja, abgesehen von dem Moment kurz vor dem Aufbruch«, fügte das Mädchen hinzu. »Während der Party hat er meistens allein rumgehangen.«
»Aber auf der Rückfahrt haben Sie doch geredet«, sagte Dance und klopfte auf das Notizbuch.
»Ja, schon. Aber ich kann mich kaum daran erinnern. Es ist alles so verschwommen, wegen dem Unfall und so.«
»Das glaube ich Ihnen gern. Aber ich werde Ihnen jetzt einige Aussagen vorlesen und möchte Sie bitten, die Lücken für mich zu füllen. Sagen Sie mir, falls Ihnen einfällt, ob Travis irgendwas davon auf der Heimfahrt gesagt haben könnte, vor dem Unfall.«
»Ist gut.«
Dance zog ihr Notizbuch zurate. »Okay, die erste Stelle: >Das Haus war echt cool, aber die Zufahrt hat mich ausflippen lassen.<« Sie blickte auf. »Ich dachte mir, das könnte bedeuten, dass Travis Höhenangst hatte.«
»Ja, das hat er erwähnt. Die Zufahrt führte einen Hügel hoch, und wir haben darüber geredet. Travis sagte, er habe schon immer Angst davor gehabt, irgendwo abzustürzen. Und er hat sich gewundert, dass es da keine Leitplanke gab.«
»Gut. Das ist hilfreich.« Wieder ein Lächeln. Caitlin erwiderte es. Dance schlug die nächste Notiz nach. »Was ist hiermit? >Ich finde Boote voll geil. Ich wollte schon immer eins haben.<«
»Ach, das? Ja. Wir haben über den Fisherman's Wharf gesprochen. Travis fand die Idee toll, nach Santa Cruz zu segeln.« Sie wandte den Kopf ab. »Ich glaube, er wollte mich fragen, ob ich mitkomme, aber er hat sich nicht getraut.«
Dance lächelte. »Also versteckt er sich vielleicht auf einem Boot.«
»Ja, das könnte sein. Ich glaube er hat gesagt, wie klasse es wäre, sich irgendwo an Bord zu schleichen.«
»Gut... Hier ist noch ein Zitat. >Sie hat mehr Freunde als ich. Ich kenne bloß ein oder zwei Leute, mit denen ich abhängen kann.<«
»Ja, ich erinnere mich, dass er das gesagt hat. Es tat mir leid, dass er so gut wie keine Freunde hatte. Er hat eine ganze Weile darüber geredet.«
»Hat er Namen erwähnt? Jemanden, bei dem er wohnen könnte? Denken Sie gut nach. Es ist wichtig.«
Caitlin kniff die Augen zusammen und rieb sich mit einer Hand das Knie. Dann seufzte sie. »Nein.«
»Schon in Ordnung, Caitlin.«
»Tut mir leid.« Ein leichter Schmollmund.
Dance lächelte weiter. Sie wappnete sich für das, was nun kommen würde. Es würde schwierig sein - für das Mädchen, für die Mutter und auch für Dance selbst. Aber es gab keine andere Möglichkeit.
Sie beugte sich vor. »Caitlin, Sie sind mir gegenüber nicht aufrichtig.«
Das Mädchen erschrak. »Was?«
»So können Sie nicht mit meiner Tochter reden«, murmelte Virginia Gardner.
»Travis hat mir nichts von all dem erzählt«, sagte Dance mit neutraler Stimme. »Ich habe mir das alles ausgedacht.«
»Sie haben gelogen!«, rief die Mutter.
Nein, genau genommen hatte sie das nicht. Sie hatte sorgfältig darauf geachtet, mit keiner Silbe zu behaupten, es handle sich tatsächlich um Aussagen Travis Brighams.
Das Mädchen war kreidebleich.
»Was ist das, eine Art Falle?«, knurrte die Mutter.
Ja, genau das war es. Dance hatte eine Theorie und musste überprüfen, ob sie richtig lag. Es standen Leben auf dem Spiel.
Sie ignorierte die Mutter und wandte sich wieder an Caitlin. »Aber Sie haben mitgespielt, als hätte Travis im Wagen all diese Dinge wirklich zu Ihnen gesagt.«
»Ich... ich wollte doch bloß helfen. Es tat mir leid, dass ich nicht mehr wusste.«
»Nein, Caitlin. Sie haben gedacht, das Gespräch könnte durchaus so stattgefunden haben. Aber Sie konnten sich nicht mehr daran erinnern, denn Sie waren betrunken.«
»Nein!«
»Ich bitte Sie jetzt zu gehen«, rief die Mutter des Mädchens.
»Ich bin noch nicht fertig«, herrschte Dance sie an und brachte Virginia Gardner damit zum Schweigen.
Sie überlegte: Angesichts ihres naturwissenschaftlichen Hintergrunds - und ihrer Überlebensstrategie in diesem Haushalt - hatte Caitlin nach dem Myers-Briggs-Typindex eine denkende und rationale Persönlichkeit. Zudem kam sie Kathryn eher introvertiert als extrovertiert vor. Und obwohl ihre Lügnerpersönlichkeit sich
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