Allwissend
vorsichtig eine Hand aus und legte ihrer Tochter den Arm um die Schultern. Das Mädchen erstarrte im ersten Moment, aber dann gab es nach und drückte schluchzend seinen Kopf an die Brust der Mutter.
Die Frau musste ebenfalls weinen. Nach einigen Minuten sah sie Dance an. »Was geschieht nun?«
»Sie und Ihr Mann sollten Caitlin einen Anwalt besorgen. Dann verständigen Sie sofort die Polizei. Ihre Tochter sollte sich freiwillig stellen. Je eher, desto besser.«
Caitlin wischte sich das Gesicht ab. »Es hat so wehgetan zu lügen. Ich wollte etwas sagen. Ehrlich, das wollte ich. Aber dann sind die Leute über Travis hergefallen und haben so furchtbare Dinge über ihn gesagt. Und ich wusste, falls ich die Wahrheit sage, würden sie mich fertigmachen.« Sie senkte den Kopf. »Ich konnte einfach nicht. All die Sachen, die man über mich schreiben würde... das würde ewig im Internet stehen.«
Sie machte sich mehr Sorgen um ihr Image als um den Tod ihrer Freundinnen.
Aber Dance war nicht hier, um die Schuld des Teenagers zu sühnen. Sie hatte lediglich eine Bestätigung ihrer Theorie benötigt, dass Travis für Caitlin den Kopf hingehalten hatte. Sie stand auf, verabschiedete sich knapp und überließ Mutter und Tochter sich selbst.
Während sie draußen zu ihrem Wagen lief, drückte sie die Kurzwahltaste drei - Michael O'Neil.
Er ging beim zweiten Klingeln dran. Zum Glück nahm der Andere Fall ihn nicht vollständig in Anspruch.
»Hallo.« Er klang müde.
»Michael.«
»Was ist los?« Er hatte sofort Verdacht geschöpft. Offenbar sprach auch ihr Tonfall Bände.
»Ich weiß, dass du bis zum Hals in Arbeit steckst, aber könnte ich vielleicht vorbeikommen? Wir müssen etwas besprechen. Ich habe etwas herausgefunden.«
»Sicher. Was denn?«
»Travis Brigham ist nicht der Kreuz-Killer.«
Dance und O'Neil waren in seinem Büro beim Monterey County Sheriff's Office in Salinas.
Vom Fenster aus konnte man das Gerichtsgebäude sehen, vor dem zwei Dutzend Life-First-Demonstranten standen, darunter auch der kehllappige Reverend Fisk. Nachdem es ihnen anscheinend zu langweilig geworden war, vor Stuart und Edie Dances leerem Haus zu protestieren, hatten sie sich für einen Ort entschieden, an dem für sie die Chance bestand, etwas Aufsehen zu erregen. Fisk sprach mit dem Mann, der ihr zuvor schon aufgefallen war: dem kräftigen rothaarigen Leibwächter.
Dance wandte sich vom Fenster ab und setzte sich zu O'Neil an den wackligen Konferenztisch. Überall im Raum standen ordentliche Aktenstapel. Sie fragte sich, welche davon wohl mit dem Container-Fall zu tun hatten. O'Neil kippelte auf den Hinterbeinen seines Stuhls. »Also, lass mal hören.«
Sie schilderte ihm kurz, wie die Ermittlungen zu Jason geführt hatten, dann in das DimensionQuest-Spiel und letztlich zu Caitlin Gardner und ihrem Geständnis, dass Travis sich für sie geopfert hatte.
»Aus Verliebtheit?«, fragte O'Neil.
»Die hat bestimmt eine Rolle gespielt«, sagte Dance. »Aber da geht noch etwas anderes vor sich. Caitlin will Medizin studieren. Das ist Travis wichtig.«
»Medizin?«
»In diesem Spiel, DimensionQuest, ist Travis ein berühmter Heiler. Ich glaube, das ist einer der Gründe, aus denen er sie beschützt hat. Sein Avatar heißt Medicus, also Arzt. Travis fühlt sich Caitlin verbunden.«
»Das ist ein wenig weit hergeholt, meinst du nicht? Es ist immerhin bloß ein Spiel.«
»Nein, Michael, es ist mehr als das. Die echte und die synthetische Welt rücken immer näher zusammen, und Leute wie Travis leben in beiden. Wenn er in DimensionQuest ein angesehener Heilkundiger ist, dann ist er in der Realität kein rachsüchtiger Killer.«
»Er übernimmt demnach die Verantwortung für Caitlins Unfall, und was auch immer die Leute in dem Blog über ihn schreiben, es liegt ihm nichts ferner, als Aufmerksamkeit zu erregen, indem er sich dafür gewaltsam an ihnen rächt.«
»Genau.«
»Was ist mit Kelley? Bevor sie ohnmächtig wurde, hat sie dem Sanitäter gesagt, sie sei von Travis überfallen worden.«
Dance schüttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher, ob sie den Täter überhaupt gesehen hat. Sie ist davon ausgegangen, es sei Travis - vielleicht, weil sie wusste, dass sie über ihn gepostet hatte und dass die Maske vor ihrem Fenster aus dem Spiel DimensionQuest stammte. Und weil das Gerücht ging, er stecke hinter diesen Überfällen. Doch ich glaube, der echte Killer war entweder maskiert oder hat sie von hinten gepackt.«
»Und
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