Allwissend
muss nur über Trish und Van hinwegkommen. Aber ich liebe dich von ganzem Herzen!«
Doch bei ihr brannte nirgendwo Licht. Um zwei Uhr morgens führ er mit seinem Fahrrad zurück nach Hause.
Am nächsten Tag kam dann die Polizei und fragte ihn, wo er an dem Abend gewesen sei. Er log ganz automatisch und behauptete, er sei zum Game Shed gefahren. Was natürlich keiner Nachprüfung standhielt. Und nun würde man definitiv überzeugt sein, dass er hinter dem Überfall auf Tammy steckte.
Alle hassen mich...
Travis erinnerte sich, wie er hier unten zu Bewusstsein gekommen war. Ein großer Mann hatte bedrohlich über ihm aufgeragt. Wer war er? Der Vater eines der Mädchen, die bei dem Unfall ums Leben gekommen waren?
Travis fragte ihn. Aber der Mann wies ihn nur auf den Toiletteneimer, das Essen und die Getränke hin. Und er warnte ihn. »Meine Leute und ich werden dich ständig im Auge behalten, Travis. Du machst nicht den geringsten Lärm. Falls doch...« Er zeigte dem Jungen einen Lötkolben. »Alles klar?«
Travis fing an zu weinen. »Wer sind Sie?«, schluchzte er. »Was hab ich denn getan?«
Der Mann stöpselte den Lötkolben in eine Wandsteckdose ein.
»Nein! Es tut mir leid. Ich werde still sein! Versprochen!«
Der Mann zog den Stecker wieder heraus. Und polterte dann die Treppe nach oben. Die Kellertür schloss sich. Wieder Schritte, und dann knallte auch die Haustür zu. Ein Wagen wurde angelassen. Und Travis blieb allein zurück.
Die nächsten beiden Tage waren ihm nur verschwommen in Erinnerung, angefüllt mit Halluzinationen oder Träumen. Um die Langeweile - und den Wahnsinn - in Schach zu halten, spielte er in seiner Fantasie DimensionQuest.
Nun keuchte Travis erschrocken auf, denn er hörte, dass sich oben die Vordertür öffnete, gefolgt von schweren Schritten.
Sein Peiniger war zurück.
Travis rollte sich ein und bemühte sich, nicht zu weinen. Sei leise. Du kennst die Regeln. Er dachte an den Taser. An den Lötkolben.
Dann starrte er an die Decke - für ihn die Decke, für seinen Entführer der Fußboden - und hörte den Mann durch das Haus streifen. Fünf Minuten später bewegten die Schritte sich in einem gewissen Muster. Travis erstarrte; er wusste, was das Geräusch bedeutete. Der Kerl würde nach unten kommen. Und ja, nur wenige Sekunden später wurde das Schloss der Kellertür entriegelt. Schritte kamen die quietschenden Stufen herab.
Travis kauerte sich immer mehr zusammen, je näher sein Peiniger kam. Der Mann brachte normalerweise einen leeren Eimer und nahm den vollen mit nach oben. Heute jedoch trug er lediglich eine Papiertüte bei sich.
Travis erschrak. Was war in der Tüte?
Der Lötkolben?
Etwas noch Schlimmeres?
Der Mann blieb vor Travis stehen und nahm ihn prüfend in Augenschein. »Wie fühlst du dich?«
Beschissen, du Arschloch, was glaubst du denn? Aber er antwortete: »Ganz gut.« »Bist du geschwächt?« »Ein wenig.«
»Aber du hast etwas gegessen.«
Ein Nicken. Frag ihn nicht nach dem Warum. Du willst ihn fragen, aber lass es sein. Es ist wie der größte Mückenstich der Welt. Es juckt höllisch, aber du darfst dich nicht kratzen. Er hat den Lötkolben.
»Kannst du gehen?«
»Bestimmt.«
»Gut. Denn ich gebe dir die Gelegenheit zur Freiheit.«
»Ich darf gehen? Ja, bitte! Ich möchte nach Hause.« Travis hatte Tränen in den Augen.
»Du musst dir deine Freiheit erst verdienen.«
»Verdienen? Ich mache alles, was Sie wollen...«
»Nicht so voreilig«, sagte der Mann unheilvoll. »Vielleicht entscheidest du dich auch dagegen.«
»Nein, ich...«
»Psst. Du kannst meine Bitte ablehnen. Aber falls du das tust, lasse ich dich hier unten verhungern. Und es wird weitere Konsequenzen geben. Deine Eltern und dein Bruder werden ebenfalls sterben. Jemand beobachtet genau in diesem Moment ihr Haus.«
»Geht es meinem Bruder gut?«, fragte Travis hektisch.
»Ja. Vorläufig.«
»Tun Sie ihnen nichts! Sie dürfen Ihnen nichts tun!«
»Ich darf und ich werde. Oh, glaub mir, Travis. Ich werde.«
»Was soll ich für Sie tun?«
Der Mann musterte ihn sorgfältig. »Ich will, dass du jemanden tötest.«
War das ein Witz?
Aber der Entführer lächelte nicht.
»Wie meinen Sie das?«, flüsterte Travis.
»Du sollst jemanden töten, genau wie in diesem Spiel, das du spielst. DimensionQuest.« »Warum?«
»Das spielt keine Rolle, jedenfalls nicht für dich. Du brauchst nur zu wissen, dass du andernfalls hier verhungerst und meine Leute deine Familie umbringen. Ganz
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