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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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waren keine Avatare. Sie waren echt.
    Und sie schienen die Freunde seines Peinigers zu sein - zumindest glaubten sie das. »Was soll das? Bitte, tun Sie uns nichts.« Von Lily. »James, bitte!«
    Doch der Mann - James, wie es schien - sah Travis weiterhin ungerührt an. »Na los. Schieß!«
    »James, nein! Was sagst du denn da?«
    Travis stützte die Hand mit der Waffe ab, zielte auf Donald und spannte den Hahn. Lily schrie.
    Und dann wurde Travis urplötzlich etwas klar. James?
    Der Junge aus dem Blog. Kreuze am Straßenrand.
    »James Chilton?«, fragte Travis verwundert. War das hier etwa der Blogger?
    »Travis«, sagte der Entführer streng, trat hinter ihn, zog selbst eine Waffe aus dem Gürtel und hielt sie dem Jungen an den Kopf. »Mach schon. Ich habe dir gesagt, du sollst den Mund halten und keine Fragen stellen. Schieß einfach!«
    »Er ist James Chilton?«, wandte Travis sich an Donald.
    »Ja«, flüsterte der Mann.
    Was ist hier los?, grübelte Travis.
    Chilton drückte die Waffe fest gegen Travis' Kopf. Es tat weh. »Los. Drück ab, oder du stirbst. Und deine Familie ebenfalls.«
    Der Junge ließ den Revolver sinken und schüttelte den Kopf. »Da ist niemand bei unserem Haus. Sie haben mich angelogen. Sie sind ganz allein.«
    »Falls du dich weigerst, werde ich erst dich töten und dann zu eurem Haus fahren und deine Familie töten. Ich schwöre, das mache ich.«
    »Jim!«, rief Hawken. »Soll das... um Gottes willen, was soll das?«
    Lily weinte haltlos.
    Travis Brigham begriff. Ob er schoss oder nicht, er war tot. Seiner Familie drohte keine Gefahr; Chilton war nicht an ihnen interessiert. Aber er war tot. Er lachte leise auf und spürte, wie nun auch noch Tränen in seinen gereizten Augen brannten.
    Er dachte an Caitlin, ihre schönen Augen und ihr Lächeln.
    Dachte an seine Mutter.
    Dachte an Sammy.
    Und an all die schrecklichen Dinge, die man über ihn in dem Blog geschrieben hatte.
    Dabei hatte er doch gar nichts getan. Sein Leben drehte sich nur darum, die Schule so gut wie möglich zu bewältigen, ein Spiel zu spielen, das ihn glücklich machte, etwas Zeit mit seinem Bruder zu verbringen und sich um ihn zu kümmern und ein Mädchen kennenzulernen, dem es nichts ausmachen würde, dass er ein Freak mit Hautproblemen war. Travis hatte noch nie jemandem absichtlich Schaden zugefügt, nie schlecht über andere geredet oder im Internet Gerüchte über sie verbreitet.
    Und die ganze Welt war über ihn hergefallen.
    Wem würde es schon etwas ausmachen, wenn er Selbstmord beging?
    Niemandem.
    Also machte Travis das Einzige, was ihm noch blieb. Er hob die Mündung der Waffe unter sein eigenes Kinn.
    Sieh dir den Luser doch nur an, sein ganzes Leben ist ein totaler Griffins KLO!!!
    Travis legte den Finger um den Abzug und drückte langsam zu.
    Der Knall war unglaublich laut. Die Fenster klirrten, und beißender Rauch erfüllte den Raum. Eine zierliche Porzellankatze fiel vom Kaminsims und zerbrach auf der Platte der Feuerstelle in Dutzende von Stücken.
     

Kapitel 43
    Kathryn Dance bog mit ihrem Wagen in die lange, unbefestigte Zufahrt zu James Chiltons Ferienhaus in Hollister ein.
    Sie dachte darüber nach, wie falsch sie gelegen hatte.
    Greg Schaeffer war nicht der Kreuz-Killer gewesen.
    Alle anderen hatten sich ebenfalls täuschen lassen, doch das war Dance kein Trost. Sie hatte sich damit begnügt, Schaeffer für den Schuldigen und somit auch für den Mörder von Travis Brigham zu halten. Mit dem Tod des Mannes würde es keine Überfälle mehr geben.
    Irrtum...
    Ihr Telefon klingelte. Sie wunderte sich, wer der Anrufer sein mochte, beschloss aber, lieber nicht nachzusehen, weil das Gelände zu beiden Seiten des Serpentinenwegs steil abfiel.
    Noch fünfzig Meter.
    Sie sah das Haus vor sich, ein verschachteltes altes Farmgebäude, das man eher in Kansas vermutet hätte, wären da nicht die beachtlichen Hügel im Umkreis gewesen. Das Grundstück war ungepflegt, voller ungemähter Grasflächen, grauer zerbrochener Zweige und überwucherter Beete. Angesichts des Erbes seines Schwiegervaters und des schönen Hauses in Carmel hätte Dance bei James Chilton ein etwas hübscheres Feriendomizil erwartet.
    Sogar bei strahlendem Sonnenschein wirkte der Ort irgendwie unheimlich.
    Doch das lag natürlich daran, dass Dance wusste, was sich dort zugetragen hatte.
    Wie habe ich sämtliche Zeichen nur dermaßen falsch deuten können?
    Der Weg verlief nun gerade, und sie fuhr weiter. Sie nahm das Telefon vom Sitz und

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