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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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über ihn hergefallen sind.« »Vielleicht weiß er nichts davon.«
    Boling lachte humorlos auf. »Oh, glauben Sie mir, er hat darüber fünf Minuten nach dem ersten Posting im Chilton-Thread Bescheid gewusst.«
    »Warum ist es so bedeutungsvoll, dass er sich nicht zu Wort meldet?«
    »Wenn auf eines im Netz Verlass ist, dann auf die rachsüchtigen Freaks, die als Opfer von Schikanen Vergeltung üben. Man hat sie zuvor geoutet, gepeinigt oder erniedrigt, und in ihrer Altersgruppe wird das als überwältigendes gesellschaftliches Stigma empfunden. Ich garantiere Ihnen, dass Travis wütend und verletzt ist und es allen heimzahlen will. Diese Gefühle müssen sich irgendwie Bahn brechen. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill?«
    Dance nickte. »Dass er tatsächlich derjenige sein könnte, der Tammy entführt hat.«
    »Wenn er nicht online auf die Leute losgeht, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er sie sich im wirklichen Leben vornimmt.« Ein besorgter Blick auf den Monitor. »Jake42, Bella-Kelley, SexyGurl362, Legend666, Archenemy - sie alle haben ihn angegriffen. Was bedeutet, dass sie sich alle in Gefahr befinden - falls er der Täter ist.«
    »Wäre es schwierig für ihn, sich die Namen und Adressen zu besorgen?«
    »In manchen Fällen schon, wenn er sich nicht in die Router und Server hacken kann. Vor allem bei den anonym geposteten Beiträgen. Die meisten jedoch dürften sich so einfach aufspüren lassen, wie ich seinen Namen herausgefunden habe. Er brauchte bloß ein paar Highschool-Jahrbücher oder Klassenverzeichnisse sowie Zugang zu OurWorld, Facebook oder MySpace. Oh, und natürlich zu jedermanns Lieblingsseite - Google.«
    Dance bemerkte, dass ein Schatten auf den Tisch gefallen war und Jonathan Boling an ihr vorbei zur Tür blickte.
    Michael O'Neil hatte das Büro betreten. Dance war erleichtert, ihn zu sehen. Sie lächelten einander zu. Der Professor stand auf. Dance stellte die beiden Männer einander vor.
    »Bei Ihnen muss ich mich also dafür bedanken, dass ich meinen ersten Ausflug in die Welt der Cops unternehmen darf«, sagte Boling.
    »Sofern >bedanken< das richtige Wort dafür ist«, entgegnete O'Neil mit gequältem Lächeln.
    Sie nahmen alle am Beistelltisch Platz, und Dance teilte dem Deputy mit, was sie herausgefunden hatten... und was sie vermuteten: dass Tammy überfallen worden sein könnte, weil sie in einem Blog einen Beitrag über einen Schüler gepostet hatte, der verantwortlich für einen Autounfall gewesen war.
    »War das der Unfall auf dem Eins vor ein paar Wochen? Etwa acht Kilometer südlich von Carmel?«
    »Genau.«
    »Der Junge heißt Travis Brigham und ist Schüler an der Robert Louis Stevenson, genau wie die Opfer es gewesen sind«, sagte Boling.
    »Also kommt er zumindest in Betracht.« O'Neil sah Dance an. »Und ist es möglich, dass unsere Befürchtung zutrifft? Dass er weitermacht?«
    »Durchaus«, antwortete Boling an ihrer Stelle. »Diese Schikanen im Netz lassen die Leute ausflippen. Das habe ich schon Dutzende Male erlebt.«
    O'Neil legte die Füße auf den Beistelltisch und kippelte auf den Hinterbeinen des Stuhls vor und zurück. Vor zwei Jahren hatte Dance mit ihm um zehn Dollar gewettet, dass er eines Tages hintenüberfallen würde. Bis jetzt hatte sie das Geld noch nicht kassieren können. »Gibt es etwas Neues zu eventuellen Zeugen?«, fragte er.
    Dance erklärte, dass TJ sich noch nicht wegen möglicher Überwachungskameras an der Fundstelle des Kreuzes gemeldet habe. Auch von Rey, der sich in der Nähe des Clubs umsah, bei dem Tammy entführt worden war, hätten sie noch nicht wieder gehört.
    O'Neil sagte, die Untersuchung der Spuren habe keine weiteren Erkenntnisse erbracht. »Bis auf eines - das Labor hat an dem Kreuz eine graue Baumwollfaser gefunden.« Er fügte hinzu, die Techniker in Salinas könnten die Faser keiner spezifischen Quelle zuordnen, sondern lediglich feststellen, dass sie wahrscheinlich von einem Kleidungsstück stammte, nicht von einem Teppich oder Einrichtungsgegenstand.
    »Das ist alles, sonst nichts? Keine Fingerabdrücke, keine Fußspuren?«
    O'Neil zuckte die Achseln. »Der Täter ist entweder sehr schlau oder hat verdammt viel Glück.«
    Dance ging zu ihrem Schreibtisch und konsultierte eine staatliche Datenbank. Sie kniff die Augen zusammen. »Travis Alan Brigham, siebzehn Jahre«, las sie vor. »Laut seinem Führerschein wohnt er in der Henderson Road vier null acht.« Sie schob sich die Brille ein Stück höher die Nase hinauf.

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