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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Entwickler niemals beabsichtigt, dass jeder Infizierte wiederum andere Figuren anstecken konnte. Nun aber ließ die Krankheit sich nur noch aufhalten, wenn alle betroffenen Figuren entweder starben oder sich anpassten. Der Seuchenschutz in Atlanta erfuhr von dem Phänomen und ließ eines seiner Teams die Ausbreitung des Virus studieren. Die gewonnenen Erkenntnisse nutzte man bei der Erstellung eines Modells für den Verlauf einer realen Epidemie.«
    Boling lehnte sich zurück. »Ich könnte noch endlos über die synthetische Welt reden. Es ist ein faszinierendes Thema, aber ich will auf Folgendes hinaus: Ob Travis im Hinblick auf Gewalt nun abgestumpft ist oder nicht, die eigentliche Frage lautet, in welcher Welt er sich eher zu Hause fühlt, der synthetischen oder der echten. Falls es die synthetische ist, folgt sein Leben gänzlich anderen Regeln, und wir wissen nicht, welche das sind. Sich an jemandem zu rächen, der ihn im Internet oder sonst wo schikaniert oder erniedrigt hat, könnte als völlig legitim gelten. Es könnte empfehlenswert, vielleicht sogar erforderlich sein.
    Stellen Sie sich einen paranoiden Schizophrenen vor, der jemanden tötet, weil er wirklich davon überzeugt ist, dass das Opfer eine Gefahr für die Welt darstellt. Er tut nichts Falsches. Aus seiner Sicht ist ein solcher Mord sogar heroisch. Und Travis? Wer weiß, was in seinem Kopf vorgeht? Denken Sie einfach daran, dass der Überfall auf eine Cybertyrannin wie Tammy Foster für ihn durchaus so verwerflich sein könnte wie das Totschlagen einer lästigen Fliege.«
    Dance überlegte. »Wollen wir schon mit ihm reden oder noch nicht?«, fragte sie dann O'Neil.
    Die Entscheidung über das erste Gespräch mit einem Verdächtigen war stets heikel. Travis würde vermutlich noch nicht ahnen, dass er verdächtigt wurde. Wenn man jetzt mit ihm redete, erwischte man ihn unvorbereitet und könnte ihn womöglich zu Äußerungen verleiten, die sich gegen ihn verwenden ließen - bis hin zu einem Geständnis. Andererseits konnte er Beweise vernichten oder fliehen.
    Sie überlegten weiter.
    Am Ende gab für Dance eine simple Erinnerung den Ausschlag: Der Gedanke an Tammy Fosters Blick - an ihre Angst vor Vergeltung. Und an die Angst, dass der Täter sich weitere Opfer suchen würde.
    Sie mussten sich beeilen.
    »Ja. Lass uns zu ihm fahren.«
     

Kapitel 10
    Die Familie Brigham wohnte in einem schäbigen Bungalow, dessen Grundstück mit Autoteilen und halb zerlegten Geräten übersät war. Zwischen zerbrochenen Spielsachen und Werkzeugen lagen grüne Müllbeutel, aus denen Abfall und verfaultes Laub quoll. Unter einer wuchernden Hecke äugte eine dreckige Katze vorsichtig aus einem Nest aus Kletterpflanzen hervor. Sie war zu faul oder zu satt, um sich um eine dicke graue Ratte zu kümmern, die an ihr vorbeihuschte. O'Neil parkte seinen zivilen MCSO-Dienstwagen ungefähr zwölf Meter vor dem Haus in der Schotterauffahrt. Dance und er stiegen aus. Sie schauten sich um.
    Es war wie eine Szene aus dem ländlichen Süden: dichte Vegetation, Verfall, keine weiteren Gebäude in Sichtweite. Der stechende Geruch, der auf ein nahes und undichtes Abwasserrohr oder einen Sumpf hindeutete, sowie der schlechte Zustand des Bungalows erklärten, weshalb die Familie sich einen solch abgeschiedenen Besitz in diesem ansonsten teuren Teil des Staates überhaupt leisten konnte.
    Als Dance und O'Neil auf das Haus zugingen, ertappte sie sich dabei, dass ihre Hand in der Nähe der Pistole unter dem aufgeknöpften Jackett blieb.
    Der Ort war ihr unheimlich. Sie war auf der Hut.
    Dennoch erschrak sie, als der Junge angriff.
    Sie waren gerade erst an einem blassen Flecken Schilfgras neben der schiefen, frei stehenden Garage vorbeigekommen, als Dance sich zu O'Neil umwandte und sah, wie der Deputy an ihr vorbeischaute, erstarrte, sie dann blitzschnell an der Jacke packte und nach vorn zu Boden riss. »Michael!«, schrie sie auf.
    Der Stein flog nur wenige Zentimeter an ihrem Kopf vorbei und durchschlug krachend ein Garagenfenster. Gleich darauf folgte noch ein Wurfgeschoss. O'Neil musste ausweichen, um nicht getroffen zu werden, und prallte dabei gegen einen schmalen Baum.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er hastig.
    Ein Nicken. »Konntest du sehen, woher das kam?«
    »Nein.«
    Prüfend musterten sie das Dickicht am Rand des Grundstücks.
    »Da!«, rief Dance und wies auf den Jungen mit Sweatshirt und Strickmütze, der sie beide anstarrte. Er fuhr herum und floh.
    Dance überlegte nur

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