Almuric
Gura-Städte zu. Die besonderen Fertigkeiten der Männer sind Kampf, Jagd und das Schmieden von Waffen. Letzteres wird jedem männlichen Kind beigebracht, obwohl es bei der Güte des verwendeten Stahls selten nötig wird, neue Waffen herzustellen. In der Regel werden Waffen von einer Generation zur anderen weitervererbt oder vom Feind erobert.
Metall wird nur für die Herstellung von Waffen, Werkzeugen, zum Bauen und für Schließen an Kleidungsstücken verwendet. Weder Frauen noch Männer tragen Schmuck, und Münzen kennt man nicht. Zwischen den einzelnen Städten gibt es keinen Handel, und innerhalb der Städte werden die Waren nach Bedarf getauscht. Der einzige Stoff, den die Guras herstellen, ist ein seidenähnliches Material, das aus den Fasern einer hohen, elastischen Pflanze gewebt wird. Diese Seidenpflanze wird ebenso wie verschiedene Obst- und Gemüsesorten, Gewürzkräuter und Nußbüsche innerhalb der Mauern der Stadt gezogen. Zudem hat jede Stadt mehrere tiefe Brunnen und ist so durch Belagerung nahezu uneinnehmbar. Aus einer Nuss-Sorte wird durch Gärung und Würzen eine Art Wein gewonnen. Das Hauptnahrungsmittel der Guras ist jedoch frisches Fleisch, und die Jagd ist so nicht nur beliebtester Sport, sondern lebensnotwendige Arbeit.
Die Guras kennen auch eine Schrift; mit dolchähnlichen Federn werden Bildzeichen ähnlich Hieroglyphen auf getrocknete, gepresste Pflanzenblätter gezeichnet. Als Tinte dient der dunkelrote Saft einer anderen Pflanze, der auch zum Färben der Seidenstoffe verwendet wird. Abgesehen von den Häuptlingen können jedoch nur wenige lesen und schreiben. Es gibt keine Literatur in unserem Sinne. Die Kothaner haben jedoch eine Art barbarische Heldenballaden, die jeder Mann des Stammes auswendig kennt und bei Gelagen nur zu gerne mit ohrenbetäubender Lautstärke zum besten gibt.
Diese meist recht blutrünstigen Gesänge werden nicht niedergeschrieben, und ebenso wenig gibt es eine Geschichtsschreibung. So versinken frühere Ereignisse im Nebel der Vergangenheit und mischen sich mit fantastischen Legenden.
Ich habe bis jetzt nur von den Männern von Koth erzählt, doch gibt es über die Frauen nicht weniger zu berichten. Der ausgeprägte Gegensatz im Aussehen der Geschlechter ist das Resultat einer natürlichen Entwicklung, die im starken Beschützerinstinkt der Gura-Männer wurzelt. Nur um ihre Frauen zu schützen, ihnen das Leben angenehmer zu machen, haben sie vor Jahrtausenden die gewaltigen Mauern der Städte aufgetürmt und sich darin niedergelassen – denn im Grunde ihrer Natur sind die Männer der Guras Nomaden.
Die Frauen, die unter dem raubeinigen Schutz ihrer Männer ein behütetes Leben führen und von jeder schweren Arbeit befreit sind, entwickelten sich so zu einem ganz anderen Typ. Das Leben der Männer hingegen ist gefahrvoll, ein steter Kampf ums Überleben, in dem nur die stärksten, härtesten und brutalsten sich behaupten können. Seit Urzeiten war es so, und im Lauf der Jahrtausende passten sie sich diesem Leben an. Ihr Neandertaleraussehen, wie ich es einmal nannte, ist also irreführend: sie sind weder degeneriert noch zurückgeblieben, sondern einfach der Idealtyp für das Leben, das sie führen.
Da die Männer alle Gefahren und alle Verantwortung auf sich nehmen, besitzen sie auch die gesamte Autorität. Die Gura-Frauen haben keinerlei Mitspracherecht in Stammesangelegenheiten und sind ihren Männern in jeder Weise untertan – doch können sie sich vor Rat und Häuptling über schlechte Behandlung beschweren. Es kommt aber nur selten vor, dass eine Frau misshandelt wird, und ein solcher Mann wird aus dem Stamm ausgestoßen.
Die Monogamie ist Gesetz. Die Guras verschwenden jedoch keine Zeit an geistreiche Werbung und feingeschliffene Komplimente, und es kommt öfters vor, dass Frauen einfach aus den Nachbarstädten geraubt werden, wenn es zu viele Heiratslustige gibt. Ganz gleich aber, ob eine Frau aus dem eigenen oder einem anderen Stamm kommt, sie wird gerecht, mit liebevoller Rauheit und grobschlächtiger Zärtlichkeit behandelt, wenn auch die Männer sich nicht allzu viel um die Frauen kümmern.
So ist das Los der Gura-Frauen keineswegs schlecht. Wenn sie auch fast nie die Welt außerhalb der Stadtmauern kennen lernen, so bedauert das kaum eine – die draußen lauernden Gefahren sind ihnen aus Erzählungen bekannt, und deshalb leben die meisten zufrieden unter dem Schutz ihrer rauen Gefährten und Gebieter.
Die Pflichten der Frauen sind
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