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Alpenkasper

Titel: Alpenkasper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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die Dinge ein wenig genauer zu betrachten und mir meinen eigenen Reim auf die Geschichte zu machen. Ihr seid es, die ihr euch täuscht. Das System steht vor dem Zusammenbruch, zumindest vor einem Wandel. Wer heute nicht für sich selbst sorgen kann, wird morgen schon verhungern. Und zwar im wörtlichen Sinn.«
    »Deine Art, die Dinge genauer zu betrachten, ist, im Internet auf obskuren Seiten Zeit zu killen.«
    »Du hast keine Ahnung.«
    »Du bist ein Depp.«
    »Zieh dich warm an, Jakob, die fetten Jahre sind vorbei und du wirst einer der ersten sein, die das zu spüren bekommen.«
    »Willst du mir drohen?«
    »Ich will nicht drohen, ich will dich nur warnen. Du wirst nie mehr sagen können, du hättest von nichts gewusst. Du steckst tiefer in der Scheiße, als du wahrhaben willst.«
    »Da ist die Tür.«
    »Du weißt genau, dass ich recht habe, deswegen willst du mich loswerden. Aber der Wahrheit kann man nicht ewig davon laufen, Jakob.«
    Diesmal brauchte Jakob keine Gewalt, der wütende Mike stand auf, stürzte das Wasser hinunter und verließ türenknallend die Wohnung. Seine Schritte hallten, als er die Treppe hinunterlief.
    Jakob wählte die Nummer der Redaktion.
    »Jakob? Gut, dass du dich meldest. Ich wollte auch schon anrufen.«
    »Kommt mein Artikel morgen?«
    »Nein, sorry, das war unsäglich, auch sprachlich, ich konnte da nichts mehr machen. Ich habe ihn gelöscht.«
    »Gelöscht?«
    »Das interessiert keinen Menschen.«
    »Die rennen alle in das Stück, die wollen wissen, wie es weitergeht mit den Schauspielern.«
    »Das Stück hatten wir auch schon ausführlich, und es soll ja nicht so der Burner sein. Ich kann das selbst schon nicht mehr lesen, ohne drei Mal pro Absatz zu gähnen. Wie sollen wir die Leser da draußen damit noch hinter dem Ofen vorlocken? Sei mir nicht böse, Jakob, aber da muss was Flotteres her. Bleib dran, schlag weiter Themen vor. Wir sind interessiert.«
    Jakob legte auf und rührte sich eine Weile überhaupt nicht mehr, dann rannte er raus ins schöne Wetter, er spazierte lange im Sonnenschein.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

Teil II: Mit
     
     

Park
    Er war schon vorher dagesessen auf der Nachbarbank und hatte sein Gesicht hinter einer Zeitung verborgen. Zwischen seinen Beinen stand eine Plastiktüte mit einem Supermarktaufdruck. Jakob hatte ihn bemerkt und nicht beachtet, er lehnte den Kopf zurück und schaute zum Blätterdach der Buchen über ihm hinauf. Bergpredigt: Die stehen hier Hunderte von Jahren und kümmern sich um nichts, alles was sie benötigen, trägt die Luft an sie heran und wird ihnen unterirdisch irgendwie reingeschoben. Es gibt keine Sackgassen, das Auge nimmt nur manchmal nicht das Loch in der Wand wahr. Milliarden schaffen es jeden Tag zu überleben.
    »Hast du mir eine Zigarette?«, fragte das Gesicht hinter der Zeitung.
    »Nein, hab ich nicht, ich rauche nicht«, antwortete Jakob.
    »Kaufst du dir eine Packung? Unten an der Straße steht ein Automat.«
    »Ich will gar nicht rauchen.«
    »Aber ich.«
    »Dann kauf dir doch eine Packung«, sagte Jakob.
    »Ich kaufe mir nie eine Packung.«
    »Wieso soll ich mir dann eine kaufen?«
    »Weil du mein Bruder bist.« Birne legte die Zeitung weg und grinste zu Jakob hinüber. Der sprang auf und umarmte ihn.
    »Birne!«
    »Was ist jetzt? Kaufst du dir jetzt eine Schachtel?«
    »Ich habe doch nur noch fünf Euro«, verteidigte sich Jakob.
    »Das genügt.«
    »Und ich will wirklich nicht mehr rauchen. Ich habe das sein lassen.«
    »Wieso?«, fragte Birne.
    »War mir zu teuer, und ich habe es gemerkt in der Lunge.«
    Birne lachte dreckig auf. »Aufhören ist was für Schwächlinge. Denk dir nur, wenn du rauchst, wie fein der Kaffee schmeckt oder das Bier – aber das trinkst du auch nicht, gell? – oder beim Warten: eine Zigarette. Mich regen nur die Schwachköpfe auf, die dann süchtig werden. Süchtig werden nur die Deppen.«
    Jakob stand auf und holte Zigaretten. Birne folgte ihm. Jakob fragte: »Willst du eine bestimmte Marke?«
    Birne deutete: »In denen da sind die meisten drin. Nimm die.«
    Birne hatte Feuer, Jakob rauchte eine mit. Sie setzten sich wieder auf Birnes Bank. »Das tut gut, findest du nicht?«
    »Mir schmeckt es nicht mehr«, stellte Jakob fest. »Wo warst du?«
    »Ich habe ein paar Dinge organisieren müssen.«
    »Wieso bist du wieder da?«
    »Ich bin noch gar nicht da. Ich will dich mit in das Loch ziehen.«
    »Was soll ich da?«
    »Ein paar Dinge organisieren. Was

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