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Alpenkasper

Titel: Alpenkasper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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einen Mülleimer nach Pfandflaschen durchsuchte.
    »Sie können mir gar nichts! Das ist nicht illegal«, schrie der zurück.
    »Keine Angst, guter Mann, ich will Sie nicht belästigen.«
    »Dann quatsch mich nicht blöd an.«
    »Ich will Ihnen ein Geschäft vorschlagen.«
    »Ich mache keine Geschäfte.«
    »Sehen Sie diese Geldscheine, sind knapp 300 Euro, zwölfhundert Pfandflaschen, eine Menge Arbeit.«
    »Und die wollen Sie mir geben?«
    »Sie müssten eine Kleinigkeit für mich erledigen.«
    »Eine Kleinigkeit?«
    »Sehen Sie den Hundehaufen dort drüben. Mich regt das auf, dass die Leute mit ihren Dreckstölen unsere Freiflächen verschmutzen, kotzen könnte ich da, keine Rücksicht. Stört Sie das nicht auch?«
    »Soll ich ihn wegräumen?«
    »Sie sollen ihn essen.«
    »Vergiss es.«
    »300 Euro.«
    »Aber Birne, das ist doch giftig, der Mann kann sterben«, mischte sich Jakob ein.
    »Papperlapapp. Sterben. Von was willst du alles sterben? Beim Überqueren einer jeden Straße kann man sterben.«
    Der Obdachlose stand noch da. »Ganz aufessen?«
    »Für 300 Euro«, bestätigte Birne.
    »Ich kann das nicht.«
    »300 Euro.«
    Der Mann beugte sich zu dem Haufen hinunter. »Ich kann das nicht.«
    »Der liegt schon eine Weile, der ist nicht mehr frisch. Frisch ist ekelhaft. Der ist auf dem halben Weg zum Humus. Im Humus wachsen unsere Gelben Rüben, die fressen wir auch im Salat, das ist nichts anderes. Man darf nicht zögern, man darf nicht überlegen, sonst geht es nicht. Kinder fressen auch alles, was in ihrer Windel ist, die müssen den Ekel erst lernen. Wieso ekeln wir uns? Was ist an einer kleinen Spinne so schlimm, dass wir Schweißausbrüche bekommen? Nichts. Ekel ist Einbildung, ist aufgesetzt.«
    Der Obdachlose nahm den Haufen, brach ein Stück ab und führte es zum Mund. Er berührte die Kacke mit der Zunge und erbrach sich augenblicklich, gold-grüne Brühe, die Bier war, als er sie sich vor einer Stunde zugeführt hatte, über den Boden, über den Hundekot.
    Birne trat von hinten an ihn ran, legte seine Hand auf dessen Schulter. »Alles ist gut.« Er gab ihm das Geld und drehte sich um zu Jakob.
    »Gehen wir zu mir?« Birne nahm seine Tüte auf.
     
    Er hatte auch einen Schlüssel zu Katharinas Wohnung. Sie gingen in die Küche, Birne räumte die Weizenflaschen zur Seite, holte eine Schüssel aus dem Schrank und stellte sie auf den Tisch in der Mitte vor ihnen.
    »Wo ist Katharina?«, fragte Jakob.
    »Keine Ahnung. Kann sein, dass sie gleich dazu stößt.«
    »Unten steht das Auto.«
    »Das Auto steht unten? Gut.« Birne holte aus seiner Tüte eine Flasche Sambuca und leerte sie in die Schüssel, dazu kam ein Glas Schattenmorellen, ein Schuss Multivitaminsaft und eine Piccolo-Flasche Sekt. Er rührte mit einem Schöpflöffel um. »Das war mal eine Verlegenheitslösung, schmeckt aber großartig, gerade zur Erfrischung an einem Sommernachmittag. Ich habe noch ein wenig an dem Mischverhältnis experimentiert, so dürfte es perfekt sein.« Er schenkte zwei Kaffeetassen voll, schob eine zu Jakob rüber und begann, aus seiner die Kirschen zu löffeln.
    »Ist das ein Rezept, das ihr bei Heinz Horst hättet ausprobieren wollen?«
    »Heinz Horst?«
    »Es heißt, er habe dich erwartet am Tag seines Todes. Ihr wolltet Bowle-Rezepte tauschen.«
    »Heinz Horst war ein feiner Kerl. Sein Tod war nicht vorgesehen.«
    »Von wem? Irgendjemand musste ihn vorgesehen haben, sonst würde er jetzt noch leben.«
    »Das waren die Nazibuben, tippe ich. Die haben was mitbekommen und wollten dem eine kleine Abreibung verpassen. Schief gegangen. Der Oliver ist gefährlicher, als man vermuten würde.«
    »Jetzt haben sie ihn.«
    »Probier mal.«
    »Nein, ich will das nicht.«
    Birne schnappte sich die Tasse seines Bruders und leerte die.
    Jakob kam eine neue Idee: »Ich gehe auf den Balkon und rauche noch eine.«
    »Ich komme gleich nach.«
    Birne kam mit seiner vollen Tasse auf den Balkon und wollte auch eine Zigarette. »Weißt du, wo meine Bartagame ist?«
    »Was?«
    »Das Terrarium ist offen. Das Tier ist weg. Weißt du, was da los ist?«
    »Ich habe das Terrarium geöffnet«, gab Jakob zu.
    »Wolltest du sie füttern?«
    »Nein. Ich wollte was nachschauen.«
    »Und hast du was gefunden?« Birne grinste.
    »Nein. Ich wurde gestört.«
    »So so. Jetzt ist das Tier weg, irgendwo in der Wohnung unterwegs, zwischen Sofapolstern wartet es darauf, dass sich jemand aus Versehen draufsetzt und es zerquetscht. Ende Leben. Schade, war ein

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