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Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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und es wurde ihm ein bisschen schwindlig – lange war das her, seit er geraucht hatte.
    Trimalchio rauchte mit viel Genuss und Überzeugung. Birne fand das gut, man sollte sich da nichts einreden lassen, manchen tat das so gut.
    »Was wird jetzt aus der Geschichte?«
    »Birne, das war der erste Tag des Projekts, wir stoßen unsere Lanze in einen totalen Nebel, wir haben bis heute nur eine ganz grobe Richtung. Das musst du unbedingt noch über die Polizeiarbeit lernen: Du musst Geduld haben und du musst mindestens auf zwei, drei Baustellen eine Schaufel haben, damit du immer irgendwo anpacken kannst und nicht umgekehrt der Frust dich packt, verstehst du? Polizeiarbeit ist die Kunst, im rechten Moment zuzuschlagen. Manchmal werden Baustellen auch zusammengelegt …«
    »Sind wir dann morgen wieder auf dem Friedhof?«
    »Weiß ich nicht, muss ich mir überlegen.«
    »Sollen wir mal um den Supermarkt herumspazieren, die letzte interessante Spur?«
    »Kann sein, dass das was bringt. Mal schauen.«
    Birne war fertig mit Rauchen und kam sich schlagartig blöd vor, draußen im Hof zwischen den Polizeiwagen in der Sonne.
    »Wie macht sie sich denn?« Trimalchio hatte erst die halbe Zigarette geraucht.
    »Gut.«
    »Ich sag dir, die hat was drauf, die wird’s weit bringen, meine ich. Oder?«
    »Sicher.«
    »Pass ein bisschen auf sie auf, sag ich dir jetzt von Mann zu Mann.« Trimalchio tat einen Machozug.
    »Wie meinst du das?«, stellte Birne sich blöd.
    »Ich drück’s mal so aus: Sie wird so oder so bald in irgendjemandes Hände geraten und es wäre blöd, wenn es die falschen wären.«
    Ausdrücken, fand Birne, war das richtige Wort.
    Sie gingen wieder rein. Tanja begegnete ihnen. Sie trug wieder Uniform. Ihre Augen sahen nach wie vor gut aus.
    »Schön zu sehen, dass es dir gut geht.«
    »Mach dir meinetwegen keine Sorgen. Ich sollte besser auf dich aufpassen«, scherzte sie.
    Birne bemerkte, dass Trimalchio ungeduldig wurde und weiterwollte zu seinem Schreibtisch und seiner Arbeit. »Ja, pass künftig besser auf deinen Kollegen auf«, lachte Birne zurück.
    Und sie, als wollte sie provozieren: »Na, machst du länger heute?«
    Trimalchio verzog sich.
    »Ist mehr Biergartenwetter«, grinste Birne.
    Sie: »Bingo«, und fertig war ihre Verabredung. Birne wusste nicht, wie glücklich er darüber war, mit der Polizistin, mit der Arbeit, seinen Abend zu verbringen.

     

     

9. Bierplatz
    Birne war bescheiden geblieben, als er hier angekommen war, wusste er nicht, wie lange das so bleiben würde, dieser Job und diese Stadt – es gab dieses Stück von Thomas Bernhard, in dem sie immer von der Lechkloake redeten. Manchmal musste er daran denken und darüber schmunzeln. Er hielt es ganz gut in der Kloake aus, wobei das nicht ganz der falsche Ausdruck war. Birne dachte sich, dass er halt eine größere Welt gewohnt war und hier gut lebte in der kleinsten denkbaren Welt, die 250.000 Menschen außerhalb des nordamerikanischen Kontinents errichten konnten. Nicht weit von hier ist eine große Stadt, in der sie sich alle für Bewohner einer noch größeren Stadt halten, was sie alle lächerlich wirken lässt. Hier stimmt das Größenverhältnis Stadt im Kopf und Stadt in Wirklichkeit, und das macht mir die Kloake so sympathisch, sinnierte er und kam mit diesem Gedanken nach Hause. Nach Hause hieß kleine Wohnung, fast nur ein Zimmerchen, in einem Sozialwohnhaus nicht weit vom Revier. Birne konnte zu Fuß gehen und tat es auch. Er brauchte 20 Minuten für einen Weg und bezeichnete sich nun in erster Linie als Fußgänger, erst in zweiter als Polizist. Obwohl er nur eine Dreiviertelstunde am Tag zu Fuß ging, fühlte er sich 24 Stunden am Tag als Fußgänger. Die Bullerei war mehr sein Hobby, im Moment regelrecht super, aber wer wollte in so einem Moment irgendetwas über die Ewigkeit sagen? Birne nicht.
    Birne duschte.
    Danach roch er gut. Noch später würde er vielleicht nach Bier stinken.
    Sie hatte einen weiteren Weg in die Stadt, sie kam mit dem Zug, Birne holte sie ab. Sie sei mit dem Zug gefahren, damit sie etwas trinken könne, teilte sie ihm mit, und Birne wusste nichts mit dieser Information anzufangen. Sie roch auch gut, sie roch sogar besser als Birne, das ärgerte ihn, aber nicht arg. Schade wär’s um den Geruch, dachte Birne, wenn er weg wäre und stattdessen nur Biergeruch, getrunkenes Bier, kein Bier, das sie dann noch hätten trinken können, weil es als Geruch an ihr und ihm hing.
    Es war, um es kurz zu machen,

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